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Das Gold des Columbus

Das Gold des Columbus

Titel: Das Gold des Columbus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa-Maria Zimmermann
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nicht von Indianern gerudert, sondern von Männern in spanischer Tracht.
    »Da sind sie schon! Das war knapp.« Der Adelantado zählte. »Zwölf, wenn ich richtig sehe. Wahrscheinlich haben sie das Kanu gestohlen. Zu Fuß hätten sie viel länger gebraucht. Gut, dass du so schnell warst, Pablo. Und jetzt versteck dich unter Deck. Sie dürfen dich nicht sehen.«
    »Ich erzähle dir später alles!« Fernan verschwand in der Kapitänskajüte.
    Er hörte das Trappeln vieler Füße, beschwörende Stimmen, die zu immer neuen Erklärungen ansetzten, sich gegenseitig ins Wort fielen, sich übertönten, und dann klopfte es an der Tür, und sein Onkel sprach die verabredeten Worte: »Das kann ich nicht entscheiden. Ihr müsst den Herrn Admiral überzeugen.«
    Fernan trat aufs Aufbaudeck und scheuchte die Meuterer mit beiden Händen zurück. »Mein Vater darf jetzt nicht gestört werden. Er redet mit Gott. Hört ihr?«
    »Hast Du wohl für Moses mehr getan und für David, Deinen Knecht? Seit ich geboren bin, stets nahmst Du Dich meiner gütig an, o Du mein Gott. Ich jammerte, dass weit und breit kein Schimmer von einer Hilfe sei. Aber wer häufte immer und immer wieder Kummer auf mich? Du, mein Herr und Gott, oder die Welt? Nur die Welt war es, denn alles, was Du versprichst, erfüllst Du mit Zins und Zinseszins. Und schon bald wirst Du mir den Preis für alle Mühen und Gefahren geben, die ich im Dienst für andere bestanden habe.«
    Die Meuterer blickten sich unbehaglich an. Einer klopfte mit der Hand gegen die Stirn. »Klingt ziemlich verworren für mich.«
    »Wahrscheinlich, weil du schon seit Jahren nicht mehr gebetet hast, da weißt du nicht mehr, wie das geht«, sagte der Adelantado spöttisch.
    Die anderen grinsten.
    »Also, Leute, ihr habt noch eine Galgenfrist, ehe ihr dem Herrn Admiral gegenübertretet. Wollt ihr euch erst stärken? Wir haben ein halbes Schwein vom Gouverneur Ovando bekommen. Frisch gepökelt. Und auch ein Fässchen Wein. Wollt ihr einen Schluck?«
    Diese Mitteilung versetzte die Meuterer in schiere Fassungslosigkeit. Der Admiral hatte Kontakte zum Statthalter? Wollte Don Bartolomé sich lustig über sie machen? Andererseits, wenn er tatsächlich Wein und Speck hatte, dann war das der beste Beweis dafür, dass Kapitän Porras sich in seiner Einschätzung der Lage geirrt hatte.
    Der Adelantado beugte sich über die Leiter.
    »Eine Runde Wein und Speck aufs Aufbaudeck«, rief er.
    Die Meuterer verständigten sich mit Blicken. Diesen Genuss würden sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.
    »Wenn ich’s recht überlege, so müssten eigentlich eure alten Kameraden auch etwas von eurer Rückkehr haben.« Don Bartolomé stieg schon die Leiter hinunter. »Zur Feier des Tages eine Runde für alle! Aufs Oberdeck.«
    Die Meuterer folgten ihm, ohne Verdacht zu schöpfen. Sie wurden, sobald sie ihren Becher Wein zum Mund hoben, im Handumdrehen überwältigt, gefesselt und im Laderaum verstaut. Dann zog ein bewaffneter Trupp unter der Leitung des Adelantado den Brüdern Porras und den restlichen Meuterern entgegen.
    Pablo blickte ihnen nach. Es sah unheimlich und gleichzeitig irgendwie -, ja, absurd aus, dachte er. Männer in Helm und Brustpanzer, mit Lanze und Schwert, mit Armbrust und Pike verschwanden in der grünen Dämmerung des Urwalds. Er spürte einen Schauder über seinen Körper laufen. Spanier würden gegen Spanier kämpfen! Christen gegen Christen! Wie konnte Gott das zulassen? Oder nein, wie konnten die Christen derartig Gottes Gebote missachten? Zwei Jahre lang waren sie Kameraden gewesen, hatten zusammen Hunger und Durst, Hitze und Sturm, Gefahr und Elend überstanden. Und jetzt hoben sie die Waffen gegeneinander und versuchten, sich umzubringen.
    Bartolomé Colón wollte die Ahnungslosigkeit von Kapitän Porras ausnutzen, der nicht mit einem Angriff rechnete und seine Leute bereits im Besitz der Schiffe glaubte. Ob es Anacaona gelingen würde, die Kaziken zu einem Eingreifen zu bewegen? Ob die Indianer tatsächlich dem Adelantado zu Hilfe eilen würden?
    Pablo dachte darüber nach und entdeckte verwundert, dass er das gar nicht wollte. Er hatte sein Leben eingesetzt, er war fast verdurstet, um die Schiffbrüchigen zu retten... und jetzt schlugen sie sich gegenseitig tot! Warum sollten die Eingeborenen, die schon genug von den Spaniern erduldet hatten, für einen von ihnen Partei ergreifen? Musste sie der Anblick nicht mit Abscheu und Entsetzen erfüllen? Männer, die angeblich vom Himmel kamen

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