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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fuhren aufs freie Meer hinaus. Das Glück war mit ihnen. Kein Wachboot lief an diesem Tag seine Patrouille vor diesem Küstenstreifen, das Meer lag ruhig und bei den ersten Sonnenstrahlen wie vergoldet vor ihnen, es war ein Anblick, der das Herz jauchzen ließ.
    Aus dem Holzverschlag zog der Duft von Tee über das Boot. Kim Thu Mai, ein junges Mädchen von achtzehn Jahren und Tochter von Cuongs Bruder Khoa, den man im Gefängnis zu Tode geprügelt hatte, brachte das Frühstück für Xuong und Cuong zum Ruderplatz. Tee, etwas Brot und einen kleinen Topf mit Ingwerhonig. Mai lachte, als sie den flachen Korb auf den Motorkasten stellte. Im Fahrtwind flatterten ihre schwarzen Haare, sie zeigte auf das Meer und schlug die Hände aneinander. Zum erstenmal sah sie das grenzenlose Wasser. »Wie schön!« rief sie. »Wie schön! Was sagst du dazu, Cuong?«
    »Das Meer ist tückisch wie eine Schlange. Sie liegt da mit schimmernder Haut, du bewunderst sie, und plötzlich schnellt sie vor, beißt dich und du wirst sterben.« Er drosselte den Motor etwas, setzte sich auf die Motorverkleidung und überließ Xuong das Ruder. »Wie geht es Thi?«
    »Sie liegt auf ihrer Decke und ist glücklich.«
    »Keine Schmerzen im Bauch? Keine Übelkeit?«
    »Sie sagt nein.«
    »Und die Kinder?«
    »Die meisten schlafen noch.«
    Aus dem Verschlag krochen jetzt die anderen Frauen, um ihren auf dem Bootsboden hockenden Männern den Tee zu bringen. Das leichte Schwanken und das Balancieren der Teebecher begleiteten sie mit leisen, quietschenden Aufschreien, die Fröhlichkeit verbreiteten. Die Wellen des Meeres, auch wenn es wie glatt dalag, waren doch stärker als die des Mekong.
    Xuong trank zwei Schlucke Tee, riß seine Brotscheibe in Streifen und tunkte sie in den Honig. Dieses goldene, glatte Meer gefiel ihm nicht. Man sah das Boot aus weiter Entfernung, es lag wie auf einem Tisch, und das war in dieser Gegend gefährlich. Später, wenn man zur Straße der großen Schiffe kam, konnte man ein ruhiges Meer gebrauchen. Jetzt aber erhöhte es die Gefahr.
    Er wartete, bis Kim zurück zum Verschlag ging, und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Ich habe euch etwas nicht gesagt. Vielleicht war das ein Fehler, aber ihr solltet es doch wissen«, setzte er an. »Wir werden mit der Angst leben müssen, mindestens 150 Meilen von der Küste entfernt.«
    »Der Himmel sieht nicht nach Sturm aus, Xuong.«
    »Einem Sturm wäre zu widerstehen. Die Gefahr ist schneller als wir, besser ausgerüstet, grausamer als jeder Taifun, schlimmer als jeder Hai, und sie fährt auf guten, festen Schiffen mit starken Motoren. Wenn man sie sieht, gibt es kein Entrinnen mehr. Vor einem Tiger im Dschungel kann man mit viel Glück flüchten, vor ihr ist man hilflos. Und je ruhiger das Meer ist, um so größer ist diese Gefahr.«
    Cuong warf einen Blick zur Seite auf Xuong, hob die Schultern und deutete damit an, daß er dieses Rätsel nicht verstehe. Für ihn war ein kaum bewegtes Meer ein Glücksfall, der gar nicht lange genug anhalten konnte. Schon der Gedanke an eine mäßig bewegte See erzeugte in ihm ein Übelkeitsgefühl. Ein flaches Flußboot auf weit heranrollenden Wellen, das ist nicht mehr als ein auf dem Wasser tanzendes Brett. Nur hockten auf diesem Brett 42 Menschen, die ein neues Leben suchten.
    »Ich bin ein dummer Mensch«, sagte er schließlich, als Xuong seinen Blick nicht zu verstehen schien. »Beten wir, daß das Meer so sanftmütig bleibt.«
    »Vor der Küste, besonders hier vor dem Mekong-Delta, lauern thailändische Fischerboote.« Xuong stellte seinen Becher Tee zur Seite, nahm seinen Kompaß aus der Tasche, klappte den Deckel hoch und kontrollierte die Fahrtrichtung. »Schnelle Schiffe.«
    »Ist das wahr?« Cuongs Augen strahlten, über sein Gesicht breitete sich ein Lächeln der Freude. »Sie werden uns den Weg nach Thailand zeigen.«
    »Sie sind als Fischerboote getarnt. Sie fischen nicht mit Netzen, sondern mit Enterhaken und Pistolen, Beilen und Eisenstangen, Messern und Würgestricken. Sie fischen Menschen.«
    »Seit … seit wann weißt du das?« Cuong starrte den klugen Lehrer Lam Van an, so ungläubig, wie nur ein Ahnungsloser sein kann. Sie fischen Menschen – was bedeutete das? Was will man mit Menschen, wenn die Netze voller Fische sein können? Doch dann durchfuhr ihn ein entsetzlicher Gedanke. »Sie … sie fangen uns und liefern uns der Polizei aus? Bringen uns zurück an Land? Bekommen Geld dafür. Kopfgeld. Das kann nicht wahr

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