Das goldene Ufer
Walther sich, war er nicht bereit. Jeder, der die Loire lebend verlassen hatte, sollte selbst entscheiden können, wo er siedeln wollte.
7.
W althers Miene verriet Gisela, dass sich etwas Entscheidendes getan haben musste. Daher bat sie Doña Elvira und deren Tochter, sie zu entschuldigen, und hängte sich bei ihrem Mann unter.
»Was gibt es?«, fragte sie mit einem Lächeln, das ihre Anspannung nicht verbergen konnte.
»Gehen wir auf die Terrasse.« Obwohl weder Gamuzana noch dessen Frau und Tochter Deutsch verstanden, wollte Walther in dieser Situation mit Gisela allein sein. Während er sie durch die offene Tür hinausführte, überlegte er angestrengt, wie er ihr das alles erklären konnte. Als sie schließlich unter einem Orangenbaum stehen blieben, fasste er seine Frau bei den Schultern und drehte sie so, dass sie ihm in die Augen sehen musste.
»Was würdest du davon halten, wenn wir uns hier in dieser Gegend niederlassen?«, fragte er vorsichtig.
»Es wäre klug, denn damit könnten wir die Reisekosten sparen, die sonst anfallen würden, und uns dafür gutes Land kaufen.« Gisela hatte mit Gamuzanas Ehefrau und der Tochter bereits Freundschaft geschlossen. Zudem war dies hier ein katholisches Land, und so ganz hatte sie die Hoffnung, auch Walther zu ihrem Glauben zu bekehren, noch nicht aufgegeben.
Walther war erleichtert. »Wir müssen uns nicht einmal Land kaufen, mein Schatz, sondern erhalten es vom mexikanischen Staat. Dieser versorgt uns auch mit Saatgut, Vieh und Nahrungsmitteln, bis wir uns selbst ernähren können.«
Giselas Augen begannen zu glänzen. »Wirklich? Das wäre ja wunderschön! Wenn wir zuerst zur Ciudad de Mexico reisen müssten, damit der preußische Geschäftsträger dir einen neuen Pass ausstellt, und dann bis in die Vereinigten Staaten, würde uns auch der Rest unseres ersparten Geldes wie Wasser durch die Finger rinnen. Dann aber müssten wir uns bei Landsleuten, die in besseren Verhältnissen leben, als Dienstboten verdingen. Doch wir wollten von Renitz fort, um dieser demütigenden Situation zu entgehen«, erklärte sie eindringlich.
Walther nickte lächelnd und listete ihr dann auf, was Hernando de Gamuzana ihm angeboten hatte. Als Gisela erfuhr, dass sie beinahe das Vierfache an Land wie einfache Siedler erhalten würde, klatschte sie begeistert in die Hände.
»Dafür aber müsste ich alle unsere Mitreisenden dazu bewegen, sich ebenfalls in Tejas anzusiedeln. Einige haben jedoch Verwandtschaft in New Orleans und werden zu diesen reisen wollen«, wandte Walther ein.
»Gertrude wird ganz gewiss zu ihrem Mann reisen. Immerhin lebt dieser dort!« Gisela hörte sich so an, als würde sie die Elsässerin persönlich dafür verantwortlich machen, wenn sie weniger Land erhielten. Sie fasste sich jedoch rasch und gab Walther einen Kuss. »Ich verstehe die Frau ja, denn ich würde genauso handeln wie sie.«
»Wir werden auch mit dem Land zurechtkommen, das uns als einfache Siedler zustehen würde«, erklärte Walther und führte sie in das Haus zurück.
Alle drei Gamuzanas sahen ihnen gespannt entgegen. Um sie nicht auf die Folter zu spannen, nickte Walther ihnen lächelnd zu. »Es ist beschlossen. Wir bleiben in Tejas!«
Der Alcalde eilte auf ihn zu und umarmte ihn. »Ich dachte es mir, Señor Walther. Nennen Sie mir bitte Ihren ganzen Namen, damit ich ihn meinem Bruder melden kann. Er wird sich sehr freuen, Sie in seine Liste eintragen zu können.«
»Fichtner, Walther Fichtner«, erklärte Walther, froh, wieder den Namen annehmen zu können, den seine Vorfahren ihm vererbt hatten.
»Danke, Señor!« Gamuzana reichte ihm Papier und Bleistift, damit er den für ihn gewöhnungsbedürftigen Namen aufschreiben konnte. »Später sollten Sie sich einen Vornamen aussuchen, den eine spanisch sprechende Zunge besser aussprechen kann als dieses Walltterr!«, meinte er danach lächelnd und wies einen Diener an, Wein zu bringen.
»Wir haben etwas zu feiern! Señor! Señora!« Der Alcalde verneigte sich kurz vor Gisela und nahm dann das erste Weinglas entgegen. Nachdem auch die anderen ihr Glas erhalten hatten, stieß er mit ihnen an. »Auf ein gutes Gelingen!«
»Auf ein gutes Gelingen«, antwortete Walther und wusste nicht, ob er sich jetzt freuen oder Angst vor dem haben sollte, was vor ihm lag.
8.
D a Gamuzana auch die anderen Schiffbrüchigen für seinen Bruder gewinnen wollte, schlug er Walther vor, ihn in die Kirche zu begleiten und mit den Überlebenden der Loire zu
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