Das Grab der Legionen
Rücken verspürte. Finster wurde es, immer dunkler...
Auch Rega war im Wasser verschwunden und tauchte nicht mehr auf. Als ein Legionär zudem behauptete, das Mädchen getroffen zu haben, gab man sich zufrieden. Immerhin war das Ergebnis blamabel. Zwei Männer tot - und ein Knabe als Beute...
„Schande über euch Feiglinge!" schrie der neue Befehlshaber. „Lucius, Marcus, Decimus, schaufelt Gräber für unsere Kameraden! Um die Barbaren mögen sich die Geier kümmern. Und dann rasch zurück, ehe jemand uns bemerkt!"
II
Bei Minendo
Als der Junge zu .sich kam, beherrschte ihn drückende Übelkeit. Sterbensmatt fühlte er sich. In seinen Ohren dröhnte ein großer, tiefer Gong und klang furchtbar langsam aus. Der Kopf schmerzte unerträglich.
Mühsam öffnete Teto die Augen. Auch dazu bedurfte es gewaltiger Anstrengungen, denn alles tat ihm weh.
Ringsum war es finster. Nasse Kälte zog in ihn ein, und ein eisiger Windzug ließ ihn zittern. Allzu langsam ordneten sich die quirlenden Gedanken. Was nur war geschehen?
Teto blickte nach rechts und links. Jetzt hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Nicht weit entfernt sah er ein kleines Feuer lodern. Schatten huschten davor hin und her. Wahrscheinlich trockneten dort Leute ihre Kleidung und wärmten sich. Von Zeit zu Zeit stoben Funken hoch, wenn jemand mit einem Ast das brennende Holz zusammenschob.
Ein verführerischer Bratenduft zog herüber. Einen Augenblick später entdeckte der Junge jenen Mann, der einen Bratspieß drehte. Urplötzlich spürte er die drängende Leere im Leib.
Wieder stöhnte Teto auf, denn eine unvorsichtige Bewegung ließ die Schmerzen im Kopf noch heftiger werden. Tränen traten dem Zehnjährigen in die Augen.
Ein kalter Windstoß linderte das peinigende Dröhnen. Teto vermochte klarer zu sehen. Ringsum lagen dunkle Bündel... Da schliefen Menschen! Bei Netos, was war geschehen? Doch er erinnerte sich an nichts. Da war etwas passiert - aber was? Eine nie gekannte Furcht stieg in ihm auf, und er konnte einen leisen Schrei nicht unterdrücken.
„Ruhe!" rief hinter ihm eine harte, heisere Stimme mit fremdartigem Akzent.
Teto zuckte zusammen. Mühselig drehte er sich um. Auf einem Stein oder einem Packsack hockte ein Mann, über den Knien einen langen Speer. Was bedeutete das?
Ich bin ein Gefangener... Von irgendwoher kam dieser Gedanke.
Der Junge vermochte ihn nicht einzuordnen. Unmöglich, das Vorgefallene zu begreifen! Wieso war er gefangen? Wer hatte ihn gefangen? Was sollte werden?
Das Nachdenken tat weh. Abermals dröhnte es im Kopf, als ob schwere Hämmer gegeneinandergeschlagen würden. Wieder breitete sich der Schmerz aus und ließ Teto willenlos zu Boden sinken.
Wie lange der Junge so dagelegen hatte, konnte er selbst nicht sagen. Aber sehr, sehr langsam sammelten sich seine Gedanken wieder. Rascher kreiste das Blut, aufmerksamer sah er die Dinge - sie glitten nicht mehr an ihm vorbei.
Ein hellerer Schimmer stahl sich in das Grauschwarz der Regenwolken. Langsam näherte sich der Morgen. Das Feuer verlosch, die Römer reckten sich und begannen fluchend ihr Tagewerk.
„Auf! Auf!" brüllte einer der Wächter, dessen Iberisch sich anscheinend auf dieses eine Wort beschränkte. Statt irgendwelcher Erklärungen stieß er die Liegenden mit dem Speerschaft an. Frauen, Kinder, auch ältere, aber nur wenige junge Männer taumelten erschrocken auf, um den verhaßten Weg in die Sklaverei fortzusetzen.
Eben blinzelte Teto in das dämmrige Grau, als ihm der Wächter grob die Hände auf den Rücken drehte und zusammenband. Um den Aufschrei des Jungen scherte sich der Römer nicht, vielmehr fesselte er ihn mit einem weiteren Strick an einen klobigen Wagen. Drei solcher Gefährte standen auf dem Lagerplatz. Die Dunkelheit hatte sie bis dahin den Augen des jungen Iberers entzogen.
Zwei Legionäre traten näher und warfen kühle, abschätzende Blicke auf Teto. Einer nickte dem Wächter zu und sagte etwas, das Teto nicht verstand. Daraufhin gingen sie weiter. Auch der Aufseher entfernte sich, nachdem er sich vergewissert hatte, daß die Fesseln hielten.
Der Zug formierte sich.
An der Spitze ritt eine kleine Truppe, ihnen folgte eine Abteilung zu Fuß, an die sich die Masse der Gefangenen anschloß. Rechts und links von den Sklaven marschierten ebenfalls Legionäre. Dann kamen die Wagen mit Verwundeten und Schwachen, wie Teto einer war. Einige Reiter beschlossen den Zug und achteten darauf, daß niemand zu fliehen
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