Das Grab des Herkules
übel geworden. »Da entdecken Sie also den größten archäologischen Schatz in der Geschichte der Menschheit, und Sie wollen nichts weiter als die Barren ?« Sie runzelte die Stirn. »Das würde bedeuten, dass Sie und Ihre Milliardärsfreunde noch reicher würden, wenn Sie vorsätzlich einen Wirtschaftscrash auslösten, indem Sie Ihre Aktien verkaufen – der Wert Ihrer realen Besitztümer würde dann in dem Maße steigen, wie der Marktwert fällt. Als Nächstes könnten Sie zusätzlich die im Wert gefallenen Aktien zu einem Spottpreis aufkaufen – das wäre der größte Bärenmarkt aller Zeiten!«
Chase verzog gequält das Gesicht. »Ich habe keine Ahnung, wovon du redest, aber es lässt nichts Gutes ahnen«, sagte er.
Nina nickte. »So ist es. Das hieße, das Prinzip, wonach die Reichen noch reicher und die Armen immer ärmer werden, auf die Spitze zu treiben – die einzigen Menschen, die bei dem Crash gewinnen würden, wären Corvus und die wenigen Leute, die er in sein kleines Unterseereich einlädt.«
»Dazu wird es nicht kommen«, sagte Corvus kopfschüttelnd. »Schließlich bin ich Geschäftsmann. Ich und die Personen, die ich in mein neues Atlantis einlade, haben ein starkes Interesse an einer gesunden und wachsenden Weltwirtschaft, von der wir alle nur profitieren können. Ich würde nichts dergleichen tun.«
»Ich schon«, sagte die hinter ihm stehende Sophia.
Corvus drehte sich überrascht zu ihr um – da platzte auch schon ein blutiges Loch aus seiner Brust.
24
A ls Corvus vom Podest stürzte und mit dem Kopf auf dem Steinboden aufschlug, schrie Nina auf.
Sophia führte die Waffe indessen seelenruhig an die Lippen und pustete den Pulverqualm weg. »Auf diesen Moment habe ich schon so lange gewartet«, sagte sie verächtlich und blickte auf den Leichnam ihres neuen Ehemannes. »Der aufgeblasene alte Scheißkerl.«
»Also, ich habe ihn ja davor gewarnt, dir den Rücken zuzukehren«, sagte Chase mit neuem Elan. Er hatte bemerkt, dass die Bodyguards bei dem Schuss nur zusammengezuckt waren. Das waren nicht Corvus’, sondern Sophias Leute. Sie hatten die ganze Zeit über gewusst, was sie vorhatte. »Zwei tote Ehemänner in einer Woche? Das klingt rekordverdächtig«, legte Chase nach.
»Bald werden es drei sein, Eddie«, entgegnete Sophia scharf.
Komosa lächelte voller Vorfreude, die Diamanten in seinen Schneidezähnen funkelten ebenso stark wie die Grabschätze. »Heißt das, ich soll die beiden jetzt umlegen?«, fragte er grinsend.
Sophia schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es ist Eddie gegenüber nur fair, wenn ich ihn eigenhändig töte. Um der alten Zeiten willen. Aber vor dem Vergnügen kommt das Geschäft – erst müssen wir das Gold hier rausschaffen. Eddie, Nina, setzt euch. Das könnte eine Weile dauern.«
Komosas Lächeln verflüchtigte sich, doch er tat wie geheißen und wies Eddie und Nina an, sich mit dem Rücken zur Rampe neben einen Schatzhaufen zu setzen. »Und was willst du mit all diesen Reichtümern anfangen?«, fragte Chase.
»René war ein größenwahnsinniger Idealist«, sagte Sophia mit verächtlichem Blick auf den Leichnam ihres Gatten, »und das ist stets eine ungute Kombination. Außerdem hätte sein Plan niemals funktioniert – so viele arrogante, ultraehrgeizige, skrupellos konkurrierende Menschen an einem beengten Ort, das wäre unweigerlich in eine Katastrophe ausgeartet. Mein Plan ist ein wenig realistischer.«
»Und wie sieht dein Plan aus?«, fragte Nina.
Sophia lächelte. »Um meine beiden verstorbenen Ehegatten zu zitieren: Ich bin kein James-Bond-Schurke. Deshalb werde ich dir meinen Plan auch nicht verraten.«
Mit diesen Worten ging Sophia zu dem Mann mit dem Tablet-PC hinüber, der gerade ins Funkgerät sprach. »Wie sieht’s aus?«, fragte sie charmant.
»Die Helikopter landen soeben, Ma’am«, antwortete er. »Sobald sie aufgesetzt haben, werden sie mit dem Bodenradar die am besten geeignete Stelle zum Durchbruch suchen.«
»Gut«, sagte Sophia und wandte sich an die anderen Männer. »Fangt schon mal an, das Gold zusammenzulegen. Die Barren zuerst; die lassen sich am einfachsten verladen.«
Die Männer machten sich wortlos an die Arbeit.
»Also, das ist nicht so gut gelaufen«, meinte Chase, während er zusah, wie die Männer die Goldbarren nahe dem Podest stapelten.
»Wir sind noch nicht tot«, rief Nina ihm in Erinnerung, nahm eine große goldene Schale in die Hand und las die am Außenrand angebrachte griechische Inschrift ab.
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