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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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wunderschöne Totenmesse gestern. Du hättest wirklich mitkommen sollen.«
    »Hätte dir geholfen, die Sache aus dem Kopf zu kriegen«, fügte Dad hinzu.
    »Mein Kopf ist in Ordnung, vielen Dank.«
    »Dein Wissenschaftsprojekt hätte warten können«, sagte Mom. »Du hast noch die ganze Woche Zeit bis zur Ausstellung.«
    »Ich wollte es hinter mir haben. Außerdem sind Darlenes Eltern eure Freunde, nicht meine.«
    »Sie haben nach dir gefragt«, sagte Mom.
    »Na toll«, murmelte sie. Sie spießte ein Stück Speck, Weißes vom Ei und dotterdurchweichten Toast auf ihre Gabel und schob sie in ihren Mund. Es schmeckte nicht so gut wie sonst.
    Vielen Dank, dass ihr mir das Frühstück vermiest habt, Leute.
    »Tja«, sagte Dad, »es war deine Entscheidung.«
    »Meine Entscheidung, aber anscheinend die falsche.«
    »Es wäre nett gewesen, wenn du hingegangen wärst«, sagte Mom.
    »Okay. Das nächste Mal, wenn sich ein paar Kids umbringen, weil sie mit siebzig durch die Gegend rasen und dabei vögeln, gehe ich bestimmt zu ihrer Beerdigung.«
    Moms Gesicht lief dunkelrot an.
    Dad zog die Augenbrauen hoch und schien irgendwie amüsiert.
    »Wie kannst du nur so was Schreckliches sagen?«
    »Tut mir leid, Mom.«
    »Wenn du ihre Eltern gesehen hättest …« Mom biss sich auf die Unterlippe. In ihren Augen schimmerten
    Tränen. »Ihre einzige Tochter …«
    »Ich weiß. Tut mir leid.«
    »Ich musste immer nur denken, wie ich mich fühlen würde, wenn du an ihrer Stelle gewesen wärst.«
    Jetzt wurden auch Dads Augen feucht.
    »War ich aber nicht.«
    »Du hättest es sein können .«
    »Klar hätte ich es sein können. Auf jeden Fall. Wenn ich so aussähe wie Darlene und die Anführerin der Cheerleadertruppe wäre und alle Jungs zu sabbern anfingen, wenn sie mir auf die Bluse glotzen, und einen superscharfen Freund hätte, der es cool findet, auszuprobieren, wie schnell er auf einer schmalen Straße fahren kann, während ich weiß Gott was mit ihm mache. Hätte genauso gut ich sein können. Ganz bestimmt! Aber ich bin nun mal keine atemberaubende Schönheit, und Typen wie Steve Kraft ist es egal, dass ich existiere, und der Einzige, dem ich nicht egal bin, ist zu schüchtern und viel zu schlau, um wie ein Verrückter zu fahren, und wenn er es täte, würde ich den verdammten Zündschlüssel rausziehen und ihn zwingen, ihn zu schlucken.«
    Sie hielt inne, nickte einmal mit dem Kopf, kurz und heftig, und schob sich eine weitere Gabel vom Frühstück in den Mund.
    »Na, na«, sagte Dad. Er hatte noch immer feuchte Augen, doch um seinen Mund zuckte ein schiefes Grinsen.
    Moms Mund stand offen. Sie wirkte perplex, hatte aber immerhin aufgehört zu weinen.
    Dad stand vom Tisch auf. »Leider muss ich jetzt gehen und unseren Lebensunterhalt verdienen. Und ich hoffe, ihr Damen verfallt ohne mich nicht in irgendwelche üblen Tiraden, okay?«
    Er trat hinter Vickis Stuhl und legte die Hände auf ihre Schultern. »Du bist ebenfalls eine atemberaubende Schönheit«, sagte er.
    Mom nickte zustimmend. »Du solltest dich nicht immer kleiner machen als du bist, Liebling. Du bist eine sehr attraktive junge Frau – und sehr klug. Dein Vater und ich sind sehr stolz auf dich. Es gibt keinen Grund, warum du auf jemanden wie Darlene eifersüchtig oder neidisch sein solltest.«
    »Ich beneide sie nicht, das ist mal sicher.«
    »Gut«, sagte Mom. Sie hatte ihre Bemerkung nicht kapiert.
    Dad schon. Er küsste Vicki auf den Kopf. »Biest«, murmelte er und ging.
    Der Rest des Frühstücks schmeckte ausgezeichnet.
    Sich die Dinge von der Seele zu reden, dachte sie, steigert anscheinend den Appetit.
     
    »Alice ist da«, rief Mom, kurz nachdem Vicki die Türglocke hatte läuten hören.
    »Komme sofort.« Sie band sich ihre weißen Nikes zu, sprang vom Bett auf und warf sich ihre Büchertasche um, während sie aus dem Zimmer eilte.
    Es tat ihr gut, Ace zu sehen. An diesem Morgen ganz besonders.
    »Ich weiß«, sagte Ace zu Mom. »Es ist eine schreckliche Tragödie.« Sie nickte Vicki zu. Ihr Gesicht wirkte ernst. »Besonders für ihre Eltern.«
    »Furchtbar«, sagte Mom. Obwohl sie genauso groß war wie Vicki, die man nicht gerade als halbe Portion bezeichnen konnte, wirkte sie neben Ace klein und zerbrechlich.
    Wie fast jeder.
    Alice »Ace« Mason war das größte Mädchen in der Abschlussklasse, und viele der Jungs schienen, auch wenn sie eigentlich größer waren, in ihrer Gegenwart zu schrumpfen.
    Imposant, dachte Vicki. Genau das ist sie.
    Ebenso

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