Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
Schweitzer über die Lippen.
„Hessischer Rundfunk. Aber die konnten mir auch nichts stecken. Ein anderer Schaulustiger sagte mir, im Bembelparadies hätt’s ein Massaker gegeben. Man kehre gerade das Fleisch zusammen.“
„Das ist noch nicht so ganz klar“, erwiderte Adam. „Bislang wurde nur ein abgetrennter Finger gefunden. Und was im Ofen, aber da gibt’s wohl eine Nachrichtensperre.“
Binnen Sekunden hatte Melibocus Herrn Schweitzer zur Seite gedrängt, um auf der Bank Platz zu nehmen, und sein Kugelschreiber die Arbeit aufgenommen.
„Autsch“, schrie Herr Schweitzer auf. Er hatte gerade aus dem Bembel nachfüllen wollen, dabei aber sein malades Handgelenk vergessen.
Melibocus: „Hast du dir wehgetan?“
„Ja, Moni hat ihn umgeschmissen“, sagte Adam schmunzelnd.
„Doch nicht unsere Moni aus dem Bembelparadies?“
„Genau die.“
Der Kuli flitzte über den Block. „Die Moni also“, murmelte Melibocus. „Welche Hautfarbe?“
Adam: „Moni ist waschechte Sachsenhäuserin, schon seit Generationen. Weiß also.“
„Ich meine den Finger. Welche Hautfarbe hatte der Finger?“
Herr Schweitzer besah sich zum Abgleich seine Hand. „Weiß, würde ich sagen. So wie meiner.“
„Westeuropäer folglich.“ Melibocus schrieb fleißig mit.
Adam: „Woher willst du das wissen? Es gibt ja auch Weiße in …“
„Hohe Wahrscheinlichkeit, schließlich sind wir hier mitten in Westeuropa. Und sei nicht immer so pingelig.“
„Ich?“, entfuhr es Adam entrüstet. „Ich und pingelig? Ich bin mal so was von unpingelig, das glaubst du gar nicht!“
„Jetzt hab dich nicht so. Weiter im Text.“
Doch keiner sagte etwas.
„Also?“, drängelte der Journalist.
„Also was?“, fragte Adam. „Mehr war nicht. Dann kamen jaauch gleich die Bullen und haben das Gebiet großräumig abgesperrt.“
Doch Herr Schweitzer hatte Melibocus in sein Herz geschlossen. Mehr als einmal hatten sie in der Vergangenheit bei Kriminalfällen bereits zusammengearbeitet. „Na ja, da war noch dieser Frischling in Polizeiuniform, der kam gleich nach draußen gestürzt, nachdem sie den Ofen geöffnet hatten, und hat sich volle Kanne übergeben.“
„Stimmt“, bestätigte Adam und nickte mit dem Kopf. „In der Polizeikantine gab’s heute Spaghetti.“
„Bolognese“, ergänzte Herr Schweitzer.
„Also hat der Zeuge mit den rumfliegenden Fleischbrocken doch Recht.“ Melibocus’ Kuli huschte nur so übers Papier.
Herr Schweitzer schielte rüber und entzifferte:
Leichenteile … vom Grauen gepackte Inhaberin … Nervenzusammenbruch … Polizei schockiert
.
Dann klappte Melibocus den Block zu, stand auf und verabschiedete sich. „Danke, Jungs. Muss noch mal rüber. Vielleicht hat sich was Neues ergeben. Ihr wisst ja, der Felix muss immer am Ball bleiben. Mann, werden die Kollegen neidisch sein. Verkaufe die Story noch heute an Reuters. Tschö. Ach …“, der Chefredakteur griff in seine Geldbörse, nahm einen Zehner und knallte ihn auf den Tisch, „… der Bembel geht natürlich auf mich. Ihr wart mir eine große Hilfe.“
„Waren wir?“, fragte Adam, als von Melibocus nur noch die Rücklichter zu sehen waren.
„Klar, aber Felix hätte auch aus nix ’ne Story gemacht.“
Hätte die gute Seele vom Käsblättchen nur zehn Minuten länger ausgeharrt, die Titelstory wäre noch immens reißerischer ausgefallen.
Denn eine über beide Backen strahlende Moni hatte sich zu ihnen gesetzt und sprach: „Ich weiß jetzt alles.“
Herr Schweitzer: „Du kennst den Mörder schon?“
„Babbel net. Ich war im Laden und hab alles mitgehört.“
Adam: „Wie das denn? Im Tatort werden Unbefugte doch immer rausgeschickt. Und zwar ohne Wenn und Aber.“
Moni: „Ich hab einfach erklärt, ich muss in mein Büro, die Steuererklärung fertig machen. Morgen wäre die allerletzte Frist. Und wenn ich die nicht einhalte, schätzen die mich. Und ob der Herr Hauptkommissar zufällig gerade zehn Mille einstecken habe, so viel würden die Aasgeier mir dann nämlich abknöpfen. Und dann, ohne eine Antwort abzuwarten, ab nach hinten ins Büro und Tür zu. Und natürlich gehorcht. Steuererklärung ist doch gestern schon raus.“
Herr Schweitzer wusste, hier war nichts übertrieben. Selbst Klitschko wäre aus dem Ring, wenn Moni gemeint hätte, hier jetzt durchwischen zu müssen.
„Jetzt erzähl schon“, forderte Adam.
Auch Herr Schweitzer war natürlich mehr als neugierig.
„Immer mit der Ruhe. Hab ich vielleicht schon en
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