Das große GodmodeTrader-Handbuch: Die besten Strategien der Toptrader (German Edition)
15 Jahre alt, als mein Vater mich zu einem Börsenspiel anmeldete. Ich habe recht schnell Gefallen daran gefunden, die 50.000 D-Mark Spielgeld hin-und herzuschieben. Nach einem Tag waren plötzlich 60.000 D-Mark daraus geworden. Das fand ich Klasse.
Wie hast du Traden gelernt? Wie hast du dich über Börsenhandel informiert?
Versuch und Irrtum. Etwas anderes ist, glaube ich, auch gar nicht möglich. Vielleicht gibt es die Menschen, denen man sagt, die Herdplatte ist heiß, und sie fassen dann nicht mehr selbst drauf. Ich zählte nie zu denen. An der Börse muss man selbst Erfahrungen sammeln, zunächst am besten ohne echtes Geld und irgendwann, wenn man eine eigene Methodik entwickelt hat, mit echtem Geld. Erst dann wird man verstehen, dass Gier und Angst die Börse regieren und man nur erfolgreich sein kann, wenn man seinen eigenen Kopf an der Börse entwickelt. Ich veröffentliche einige meiner Handelsideen im Internet (go.guidants.com/#c/jochen.stanzl). Ich möchte niemanden vor den Kopf stoßen, aber wenn ich zu 90 Prozent Widerrede und Kritik für eine Idee erhalte, fühle ich mich besser. Ich werde hingegen unsicher, wenn alle schreiben: Super Idee! Denn dann geht es meistens nicht auf.
Solche Dinge findet man aber erst heraus, wenn man vieles gelesen und ausprobiert hat. Ich habe mich intensiv mit Psychologie und Massenpsychologie beschäftigt, alle wichtigen Bücher zur Technischen Analyse gelesen, mich mit Risikosteuerung und Portfoliotheorien beschäftigt, bin lange Zeit auch in verschiedenen Foren im Internet aktiv gewesen, um mich auszutauschen. Es ist für mich immens wichtig, große Händler am Markt zu beobachten und zu unterscheiden, ob sie zur Verkaufsseite (Banken, Goldhändler) oder zur Kaufseite (Vermögensverwalter, Eigenhändler) zählen. Ich versuche heute, Extreme an der Börse zu finden. Ein gutes Beispiel hierfür war die Stimmung in Griechenland im Sommer 2012. Die Börse übertreibt im positiven wie im negativen Sinne. Im Sommer 2012 war der Zeitpunkt gekommen, griechische Aktien zu kaufen. Hier wurde aber nicht zum Einstieg geläutet. Die nötige Sicherheit, die man benötigt, um dennoch zu kaufen, wenn jeder davon abrät, kann man nur durch Erfahrung und Wissen erlangen. Daher kann man gar nicht genug lesen und lernen, was Börse und Psychologie anbelangt. Die größten Gewinne liegen da, wo die Masse der Anleger sie nicht erwartet.
Was hat deine Leidenschaft für Börse und Trading geweckt? Was macht für dich den Reiz des Tradens aus?
Die Börse ist für mich die ultimative intellektuelle Herausforderung. Nichts ist komplexer und herausfordernder als dieser Wettkampf der Ideen, der dort tagtäglich stattfindet. Wenn ich erfolgreich sein will, muss ich eine bessere Idee haben als – sagen wir mal – 90 Prozent der anderen. Und die Einflussfaktoren, die es zu verstehen gilt, sind in einem stetigen Fluss und verändern sich fortlaufend. Das ist für mich dermaßen interessant, dass ich sicher weiß, dass ich mich auch noch im hohen Alter damit beschäftigen werde. Und ich werde auch im hohen Alter noch morgens auf die Kurse blicken und nicht alles verstehen. Das ist der Reiz an der Sache. Und natürlich das Geld, das man verdienen kann.
Hattest oder hast du Vorbilder?
Ja, viele. Wir Menschen lernen, indem wir andere nachahmen. Anders funktioniert das nicht. Wenn ich eine Person nennen müsste, dann Jesse Livermore. Er hat eine simple Wahrheit erkannt, an der die meisten Anleger scheitern. Entweder wir fügen unserer mehr oder weniger gut ausgeprägten Begabung für das Handeln mit Wertpapieren eine profitable Vorgehensweise und die eiserne Disziplin, dieser auch treu zu bleiben, hinzu, oder uns droht ein schmachvolles Ende.
Kannst du dich noch an deinen ersten Trade erinnern?
Schmerzlich. Das war Ende der 90er-Jahre, als jeder nur am Neuen Markt und mit Internet-und Technologieaktien handelte. Ich war erst 16 und auf Geheiß meines Vaters hin habe ich mit meinem im Börsenspiel verdienten Geld in die schnöde Daimler-Aktie investiert. Nach drei Monaten hatte sie sich um geschlagene 1,5 Prozent bewegt, während es am Neuen Markt tägliche Kursbewegungen von 20 Prozent oder 30 Prozent gab. Nachdem ich meinen Vater nach drei Monaten überzeugt hatte, dass es doch bessere Chancen gibt als Daimler, habe ich sie dann endlich verkaufen können.
Was hat sich bei dir im Trading über die Jahre geändert?
Ich bleibe heute diszipliniert bei meiner Methodik, die ich über die Jahre
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