Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
kam, stand vor dem Tor der heilige Petrus, und sprach „schau, was du für ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten, etwas zu nehmen, und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.“ „Was kann ich dafür“, antwortete Bruder Lustig, „wenn mirs hinein gesteckt wird.“ „Das sag ich dir, dass du nicht zum zweiten mal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.“ „Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.“ „Ja“, sprach der heilige Petrus, „das Gold wird lang dauern! Damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, dass alles, was du dir hinein wünschest, auch darin sein soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.“ „Gott befohlen“, sprach der Bruder Lustig, und dachte „ich bin froh dass du fortgehst, du wunderlicher Kauz, ich will dir wohl nicht nachgehen.“ An die Wunderkraft aber, die seinem Ranzen verliehen war, dachte er nicht weiter.
Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher, und vertats und verfumfeits wie das erste mal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirtshaus vorbei und dachte „das Geld muss fort,“ und ließ sich für drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gänsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte, und sah dass der Wirt zwei Gänse in der Ofenröhre stehen hatte. Da fiel ihm ein dass ihm sein Kamerad gesagt hatte, was er sich in seinen Ranzen wünschte, das sollte darin sein. „Holla, das musst du mit den Gänsen versuchen!“ Also ging er hinaus, und vor der Türe sprach er „so wünsch ich die zwei gebratenen Gänse aus der Ofenröhre in meinen Ranzen.“
Wie er das gesagt hatte, schnallte er ihn auf, und schaute hinein, da lagen sie beide darin. „Ach, so ists recht“ sprach er, „nun bin ich ein gemachter Kerl,“ ging fort auf eine Wiese und holte den Braten hervor. Wie er so im besten Essen war, kamen zwei Handwerksbursche daher und sahen die eine Gans, die noch nicht angerührt war, mit hungrigen Augen an. Dachte der Bruder Lustig „mit einer hast du genug“, rief die zwei Burschen herbei und sprach „da nehmt die Gans und verzehrt sie auf meine Gesundheit.“ Sie bedankten sich, gingen damit ins Wirtshaus, ließen sich eine Halbe Wein und ein Brot geben, packten die geschenkte Gans aus und fingen an zu essen. Die Wirtin sah zu und sprach zu ihrem Mann „die zwei essen eine Gans, sieh doch nach obs nicht eine von unsern aus der Ofenröhre ist.“ Der Wirt lief hin, da war die Ofenröhre leer: „was, ihr Diebsgesindel, so wohlfeil wollt ihr Gänse essen! Gleich bezahlt, oder ich will euch mit grünem Haselsaft waschen.“ Die zwei sprachen „wir sind keine Diebe, ein abgedankter Soldat hat uns die Gans draußen auf der Wiese geschenkt.“ „Ihr sollt mir keine Nase drehen, der Soldat ist hier gewesen, aber als ein ehrlicher Kerl zur Tür hinaus gegangen, auf den hab ich Acht gehabt: ihr seid die Diebe und sollt bezahlen.“ Da sie aber nicht bezahlen konnten, nahm er den Stock und prügelte sie zur Türe hinaus.
Bruder Lustig ging seiner Wege und kam an einen Ort, da stand ein prächtiges Schloss und nicht weit davon ein schlechtes Wirtshaus. Er ging in das Wirtshaus und bat um ein Nachtlager, aber der Wirt wies ihn ab, und sprach „es ist kein Platz mehr da, das Haus ist voll vornehmer Gäste.“ „Das nimmt mich Wunder“, sprach der Bruder Lustig, „dass sie zu euch kommen und nicht in das prächtige Schloss gehen.“ „Ja“, antwortete der Wirt, „es hat was an sich, dort eine Nacht zu liegen, wers noch versucht hat, ist nicht lebendig wieder heraus gekommen.“ „Wenns andere versucht haben“, sagte der Bruder Lustig, „will ichs auch versuchen.“ „Das lasst nur bleiben“, sprach der Wirt, „es geht euch an den Hals.“ „Es wird nicht gleich an den Hals gehen“, sagte der Bruder Lustig, „gebt mir nur die Schlüssel und brav Essen und Trinken mit.“
Nun gab ihm der Wirt die Schlüssel und Essen und Trinken, und damit ging der Bruder Lustig ins Schloss, ließ sichs gut schmecken, und als er endlich schläfrig wurde, legte er sich auf die Erde, denn es war kein Bett da. Er schlief auch bald ein, in der Nacht aber wurde er von einem großen Lärm aufgeweckt, und wie er sich ermunterte, sah er neun hässliche Teufel in dem Zimmer, die hatten einen Kreis um ihn gemacht und tanzten um ihn
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