Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
erreichen konnte, ward er ganz betrübt und sprach zu sich selbst „ich will hier unten bleiben und auf sie warten.“ Also baute er sich eine Hütte und saß darin ein ganzes Jahr und sah die Königstochter alle Tage oben fahren, konnte aber nicht zu ihr hinauf kommen.
Da sah er einmal aus seiner Hütte wie drei Räuber sich schlugen und rief ihnen zu „Gott sei mit euch!“ Sie hielten bei dem Ruf inne, als sie aber niemand sahen, fingen sie wieder an sich zu schlagen, und das zwar ganz gefährlich. Da rief er abermals „Gott sei mit euch!“ Sie hörten wieder auf, guckten sich um, weil sie aber niemand sahen, fuhren sie auch wieder fort sich zu schlagen. Da rief er zum dritten mal „Gott sei mit euch!“ und dachte „du musst sehen was die drei vorhaben“ ging hin, und fragte warum sie auf einander losschlügen. Da sagte der eine er hätte einen Stock gefunden, wenn er damit wider eine Tür schlüge, so spränge sie auf; der andere sagte er hätte einen Mantel gefunden, wenn er den umhinge, so wär er unsichtbar; der dritte aber sprach er hätte ein Pferd gefangen, damit könnte man überall hin reiten, auch den gläsernen Berg hinauf. Nun wüssten sie nicht ob sie das in Gemeinschaft behalten oder ob sie sich trennen sollten.
Da sprach der Mann „die drei Sachen will ich euch eintauschen: Geld habe ich zwar nicht, aber andere Dinge, die mehr wert sind! Doch muss ich vorher eine Probe machen, damit ich sehe ob ihr auch die Wahrheit gesagt habt.“ Da ließen sie ihn aufs Pferd sitzen, hingen ihm den Mantel um und gaben ihm den Stock in die Hand, und wie er das alles hatte, konnten sie ihn nicht mehr sehen. Da gab er ihnen tüchtige Schläge und rief „nun, ihr Bärenhäuter, da habt ihr was euch gebührt: seid ihr zufrieden?“ Dann ritt er den Glasberg hinauf und als er oben vor das Schloss kam, war es verschlossen: da schlug er mit dem Stock an das Tor und alsbald sprang es auf. Er trat ein und ging die Treppe hinauf bis oben in den Saal, da saß die Jungfrau und hatte einen goldenen Kelch mit Wein vor sich. Sie konnte ihn aber nicht sehen, weil er den Mantel um hatte. Und als er vor sie kam, zog er den Ring, den sie ihm gegeben hatte, vom Finger und warf ihn in den Kelch dass es klang. Da rief sie „das ist mein Ring, so muss auch der Mann da sein, der mich erlösen wird.“ Sie suchten im ganzen Schloss und fanden ihn nicht, er war aber hinaus gegangen, hatte sich aufs Pferd gesetzt und den Mantel abgeworfen. Wie sie nun vor das Tor kamen, sahen sie ihn und schrien vor Freude. Da stieg er ab und nahm die Königstochter in den Arm: sie aber küsste ihn und sagte „jetzt hast du mich erlöst, und morgen wollen wir unsere Hochzeit feiern.“
Die kluge Bauerntochter
Es war einmal ein armer Bauer, der hatte kein Land, nur ein kleines Häuschen und eine alleinige Tochter, da sprach die Tochter „wir sollten den Herrn König um ein Stückchen Rottland bitten.“ Da der König ihre Armut hörte, schenkte er ihnen auch ein Eckchen Rasen, den hackte sie und ihr Vater um, und wollten ein wenig Korn und der Art Frucht darauf säen. Als sie den Acker beinah herum hatten, so fanden sie in der Erde einen Mörsel von purem Gold. „Hör“, sagte der Vater zu dem Mädchen, „weil unser Herr König ist so gnädig gewesen und hat uns diesen Acker geschenkt, so müssen wir ihm den Mörsel dafür geben.“ Die Tochter aber wollt es nicht bewilligen und sagte „Vater, wenn wir den Mörsel haben und haben den Stößer nicht, dann müssen wir auch den Stößer herbei schaffen, darum schweigt lieber still.“ Er wollte ihr aber nicht gehorchen, nahm den Mörsel, trug ihn zum Herrn König und sagte den hätte er gefunden in der Heide, ob er ihn als eine Verehrung annehmen wollte. Der König nahm den Mörsel und fragte ob er nichts mehr gefunden hätte? „Nein“, antwortete der Bauer. Da sagte der König er sollte nun auch den Stößer herbeischaffen. Der Bauer sprach den hätten sie nicht gefunden; aber das half ihm so viel, als hätt ers in den Wind gesagt, er ward ins Gefängnis gesetzt, und sollte so lange da sitzen, bis er den Stößer herbeigeschafft hätte.
Die Bedienten mussten ihm täglich Wasser und Brot bringen, was man so in dem Gefängnis kriegt, da hörten sie, wie der Mann als fort schrie "ach, hätt ich meiner Tochter gehört! Ach, ach, hätt ich meiner Tochter gehört!“ Da gingen die Bedienten zum König und sprachen das, wie der Gefangene als fort schrie „ach, hätt ich doch
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