Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
tiefer Trauer. Die Hofdiener bemerkten aber dass der Kutscher täglich vor dem schönen Bilde stand, mißgönntens ihm und meldeten es dem König. Da ließ dieser das Bild vor sich bringen, und als er sah dass es in allem seiner verstorbenen Frau glich, nur noch schöner war, so verliebte er sich sterblich hinein. Er ließ den Kutscher vor sich kommen und fragte wen das Bild vorstellte. Der Kutscher sagte es wäre seine Schwester, so entschloss sich der König keine andere als diese zur Gemahlin zu nehmen, gab ihm Wagen und Pferde und prächtige Goldkleider und schickte ihn fort, seine erwählte Braut abzuholen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück, ärgerte sich über alle Maßen und sprach zu ihrer Mutter „was helfen nun all eure Künste, da ihr mir ein solches Glück doch nicht verschaffen könnt.“ „Sei still,“ sagte die Alte „ich will dirs schon zuwenden.“ Und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, dass er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, dass sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile unterwegs waren, rief der Kutscher
„deck dich zu, mein Schwesterlein,
dass Regen dich nicht näßt,
dass Wind dich nicht bestäubt
dass du fein schön zum König kommst.“
Die Braut fragte „was sagt mein lieber Bruder?“ „Ach,“ sprach die Alte, „er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid ausziehen und es deiner Schwester geben.“ Da zog sies aus und tats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter: über ein Weilchen rief der Bruder abermals
„deck dich zu, mein Schwesterlein,
dass Regen dich nicht nässt,
dass Wind dich nicht bestäubt,
und du fein schön zum König kommst.“
Die Braut fragte „was sagt mein lieber Bruder?“ „Ach,“ sprach die Alte, „er hat gesagt, du solltest deine güldene Haube ab tun und deiner Schwester geben.“ Da tat sie die Haube ab und tat sie der Schwarzen auf und saß im bloßen Haar. So fuhren sie weiter: wiederum über ein Weilchen rief der Bruder
„deck dich zu, mein Schwesterlein,
dass Regen dich nicht nässt,
dass Wind dich nicht bestäubt,
und du fein schön zum König kommst.“
Die Braut fragte „was sagt mein lieber Bruder?“ „Ach,“ sprach die Alte, „er hat gesagt du möchtest einmal aus dem Wagen sehen.“ Sie fuhren aber gerade auf einer Brücke über ein tiefes Wasser. Wie nun die Braut aufstand und aus dem Wagen sich heraus bückte, da stießen sie die beiden hinaus, dass sie mitten ins Wasser stürzte. Als sie versunken war, in demselben Augenblick, stieg eine schneeweiße Ente aus dem Wasserspiegel hervor und schwamm den Fluss hinab. Der Bruder hatte gar nichts davon gemerkt und fuhr den Wagen weiter, bis sie an den Hof kamen. Da brachte er dem König die Schwarze als seine Schwester und meinte sie wärs wirklich, weil es ihm trübe vor den Augen war und er doch die Goldkleider schimmern sah. Der König, wie er die grundlose hässlichkeit an seiner vermeinten Braut erblickte, ward sehr bös und befahl den Kutscher in eine Grube zu werfen, die voll Ottern und Schlangengezücht war. Die alte Hexe aber wusste den König doch so zu bestricken und durch ihre Künste ihm die Augen zu verblenden, dass er sie und ihre Tochter behielt, ja dass sie ihm ganz leidlich vorkam und er sich wirklich mit ihr verheiratete.
Einmal Abends, während die schwarze Braut dem König auf dem Schoße saß, kam eine weiße Ente zum Gossenstein in die Küche geschwommen und sagte zum Küchenjungen
„Jüngelchen, mach Feuer an,
dass ich meine Federn wärmen kann.“
Das tat der Küchenjunge und machte ihr ein Feuer auf dem Herd: da kam die Ente und setzte sich daneben, schüttelte sich und strich sich die Federn mit dem Schnabel zurecht. Während sie so saß und sich wohltat, fragte sie
„was macht mein Bruder Reginer?“
Der Küchenjunge antwortete
„liegt in der Grube gefangen
bei Ottern und bei Schlangen.“
Fragte sie weiter
„was macht die schwarze Hexe im Haus?“
Der Küchenjunge antwortete
„die sitzt warm
ins Königs Arm.“
Sagte die Ente
„dass Gott erbarm!“
und schwamm den Gossenstein hinaus.
Den folgenden Abend kam sie wieder und tat dieselben Fragen und den dritten Abend noch
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