Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
aber der Horcher hörte das Rasseln ihrer Rüstung und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bisschen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als die beiden in der Kirche eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen zu ihrem Herrn „eure Wünsche sind erfüllt, ihr habt uns nicht mehr nötig, wir wollen weiter ziehen und unser Glück versuchen.“
Eine halbe Stunde vor dem Schloss war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde: wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau „weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater: wir zwei müssen auch daran und ihm helfen hüten.“ Dann stieg er mit ihr in das Wirtshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirtsleuten in der Nacht sollten sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzutun, und die Wirtin gab ihr einen alten Rock und ein paar alte wollene Strümpfe, dabei tat sie noch als wärs ein großes Geschenk und sprach „wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.“ Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt und hütete mit ihm die Herde und dachte „ich habe es verdient mit meinem Übermut und Stolz.“ Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr wund geworden. Da kamen ein paar Leute und fragten ob sie wüsste wer ihr Mann wäre. „Ja,“ antwortete sie, „er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit Bändern und Schnüren einen kleinen Handel zu treiben.“ Sie sprachen aber „kommt einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,“ und brachten sie ins Schloss hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küsste und sprach „ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.“ Nun ward erst die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.
Die weiße und die schwarze Braut
Eine Frau ging mit ihrer Tochter und Stieftochter über Feld, Futter zu schneiden. Da kam der liebe Gott als ein armer Mann zu ihnen gegangen und fragte „wo führt der Weg ins Dorf?“ „Wenn ihr ihn wissen wollt,“ sprach die Mutter, „so sucht ihn selber,“ und die Tochter setzte hinzu „habt ihr Sorge dass ihr ihn nicht findet, so nehmt euch einen Wegweiser mit.“ Die Stieftochter aber sprach „armer Mann, ich will dich führen, komm mit mir.“ Da zürnte der liebe Gott über die Mutter und Tochter, wendete ihnen den Rücken zu und verwünschte sie, dass sie sollten schwarz werden wie die Nacht und hässlich wie die Sünde. Der armen Stieftochter aber war Gott gnädig und ging mit ihr, und als sie nahe am Dorf waren, sprach er einen Segen über sie und sagte „wähle dir drei Sachen aus, die will ich dir gewähren.“ Da sprach das Mädchen „ich möchte gern so schön und rein werden wie die Sonne;“ alsbald war sie weiß und schön wie der Tag. „Dann möchte ich einen Geldbeutel haben, der nie leer würde:“ den gab ihr der liebe Gott auch, sprach aber „vergiss das Beste nicht.“ Sagte sie „ich wünsche mir zum dritten das ewige Himmelreich nach meinem Tode.“ Das ward ihr auch gewährt, und also schied der liebe Gott von ihr.
Als die Stiefmutter mit ihrer Tochter nach Hause kam und sah dass sie beide kohlschwarz und hässlich waren, die Stieftochter aber weiß und schön, so stieg die Bosheit in ihrem Herzen noch höher, und sie hatte nichts anders im Sinn als wie sie ihr ein Leid antun könnte. Die Stieftochter aber hatte einen Bruder Namens Reginer, den liebte sie sehr und erzählte ihm alles, was geschehen war. Nun sprach Reginer einmal zu ihr „liebe Schwester, ich will dich abmalen, damit ich dich beständig vor Augen sehe, denn meine Liebe zu dir ist so groß, dass ich dich immer anblicken möchte.“ Da antwortete sie „aber ich bitte dich lass niemand das Bild sehen.“ Er malte nun seine Schwester ab und hing das Bild in seiner Stube auf; er wohnte aber in des Königs Schloss, weil er bei ihm Kutscher war. Alle Tage ging er davor stehen und dankte Gott für das Glück seiner lieben Schwester. Nun war aber gerade dem König, bei dem er diente, seine Gemahlin verstorben, und die so schön gewesen war, dass man keine finden konnte, die ihr gliche, und der König war darüber in
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