Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
begossen ward. „Schafskopf,“ rief er ihr zu indem er sich schüttelte, „konntest du nicht sehen dass ich hinter dir herkam?“ Seines Handwerks war er ein Schuster, und wenn er arbeitete, so fuhr er mit dem Draht so gewaltig aus, dass er jedem, der sich nicht weit genug in der Ferne hielt, die Faust in den Leib stieß. Kein Geselle blieb länger als einen Monat bei ihm, denn er hatte an der besten Arbeit immer etwas auszusetzen. Bald waren die Stiche nicht gleich, bald war ein Schuh länger, bald ein Absatz höher als der andere, bald war das Leder nicht hinlänglich geschlagen. „Warte“ sagte er zu dem Lehrjungen, „ich will dir schon zeigen wie man die Haut weich schlägt,“ holte den Riemen und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. „Wollt ihr mir das Haus anzünden?“ schrie er, „das ist ja ein Feuer, dass man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?“ Standen die Mägde am Waschfass, lachten und erzählten sich was sie wussten, so schalt er sie aus, „da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.“ Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so dass die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. „Da vermauern sie wieder den roten Sandstein,“ rief er, „der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muss hinein, nicht Sand. Ich erlebe noch dass den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.“ Er setzte sich und tat ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell los und rief „ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.“ Er geriet aber an die Zimmerleute. „Was ist das?“ rief er, „ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.“ Er riss einem Zimmermann die Axt aus der Hand und wollte ihm zeigen wie er hauen müsste, als aber ein mit Lehm beladener Wagen herangefahren kam, warf er die Axt weg und sprang zu dem Bauer, der neben her ging. „Ihr seid nicht recht bei Trost,“ rief er, „wer spannt junge Pferde vor einen schwer beladenen Wagen? die armen Tiere werden euch auf dem Platz umfallen.“ Der Bauer gab ihm keine Antwort, und Pfriem lief vor Ärger in seine Werkstätte zurück. Als er sich wieder zur Arbeit setzen wollte, reichte ihm der Lehrjunge einen Schuh. „Was ist das wieder?“ schrie er ihn an, „habe ich euch nicht gesagt ihr solltet die Schuhe nicht so weit ausschneiden? wer wird einen solchen Schuh kaufen an dem fast nichts ist als die Sohle? ich verlange dass meine Befehle unmangelhaft befolgt werden.“ „Meister,“ antwortete der Lehrjunge, „ihr mögt wohl Recht haben, dass der Schuh nichts taugt, aber es ist derselbe, den ihr zugeschnitten und selbst in Arbeit genommen habt. Als ihr vorhin aufgesprungen seid, habt ihr ihn vom Tisch herabgeworfen, und ich habe ihn nur aufgehoben. Euch könnte es aber ein Engel vom Himmel nicht recht machen.“
Meister Pfriem träumte in einer Nacht er wäre gestorben und befände sich auf dem Weg nach dem Himmel. Als er anlangte, klopfte er heftig an die Pforte: „es wundert mich,“ sprach er, „dass sie nicht einen Ring am Tor haben, man klopft sich die Knöchel wund.“ Der Apostel Petrus öffnete und wollte sehen wer so ungestüm Einlass begehrte. „Ach, ihr seids, Meister Pfriem,“ sagte er, „ich will euch wohl einlassen, aber ich warne euch dass ihr von eurer Gewohnheit ablasst und nichts tadelt, was ihr im Himmel seht: es könnte euch übel bekommen.“ „Ihr hättet euch die Ermahnung sparen können,“ erwiederte Pfriem, „ich weiß schon was sich ziemt, und hier ist, Gott sei Dank, alles vollkommen und nichts zu tadeln, wie auf Erden.“ Er trat also ein und ging in den weiten Räumen des Himmels auf und ab. Er sah sich um, rechts und links, schüttelte aber zuweilen mit dem Kopf oder brummte etwas vor sich hin. Indem
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