Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
einen schneeweißen Bart hatte und ehrwürdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich „komm, liebes Kind, setze dich ans Feuer auf mein Stühlchen und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die musst du dir erst schaben und kochen.“ Da reichte ihm der heil. Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und tat alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heil. Joseph „ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.“ Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, dass es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heil. Joseph „nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.“ „Nein,“ antwortete es, „bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.“ Der heil. Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da tat es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heil. Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Thür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie musste mit ihm zufrieden sein.
Am folgenden Tag bekam das zweite Kind auch Lust in den Wald zu gehen. Die Mutter gab ihm ein viel größer Stück Pfannkuchen und Brot mit. Es erging ihm nun gerade wie dem ersten Kinde. Abends kam es in das Hüttchen des heil. Joseph, der ihm Wurzeln zu einem Mus reichte. Als das fertig war, sprach er gleichfalls zu ihm „ich bin so hungerig, gib mir etwas von deinem Essen.“ Da antwortete das Kind „iß als mit.“ Als ihm danach der heil. Joseph sein Bett anbot und sich aufs Stroh legen wollte, antwortete es „nein, leg dich als mit ins Bett, wir haben ja beide wohl Platz darin.“ Der heil. Joseph nahm es auf den Arm, legte es ins Bettchen und legte sich ins Stroh. Morgens, als das Kind aufwachte und den heil. Joseph suchte, war er verschwunden, aber hinter der Türe fand es ein Säckchen mit Geld, das war händelang, und darauf stand geschrieben es wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es das Säckchen und lief damit heim, und brachte es seiner Mutter, doch behielt es heimlich ein paar Stücke für sich.
Nun war die älteste Tochter neugierig geworden und wollte den folgenden Morgen auch hinaus in den Wald. Die Mutter gab ihr Pfannkuchen mit, so viel sie wollte, Brot und auch Käse dazu. Abends fand sie den heil. Joseph in seinem Hüttchen gerade so, wie ihn die zwei andern gefunden hatten. Als das Mus fertig war und der heil. Joseph sprach „ich bin so hungerig, gib mir etwas von deinem Essen,“ antwortete das Mädchen „warte, bis ich satt bin, was ich dann überig lasse, das sollst du haben.“ Es aß aber beinah alles auf und der heil. Joseph musste das Schüsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heil. Joseph nicht zu finden, doch darüber machte es sich keine Sorgen: es suchte hinter der Türe nach einem Geldsack. Es kam ihm vor als läge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, bückte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, dass es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Da hub es an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es musste immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heil. Joseph begegnete, dem fiel es zu Füßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der
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