Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
Wunder sehen: jetzt will ich eine Gesundheit auf die ganze Sippschaft ausbringen.“ Dann schwenkte er die Flasche über den Köpfen der Räuber, rief „ihr sollt alle leben, aber das Maul auf und die rechte Hand in der Höhe“ und tat einen herzhaften Zug. Kaum waren die Worte heraus, so saßen sie alle bewegungslos als wären sie von Stein, hatten das Maul offen und streckten den rechten Arm in die Höhe. Der Jäger sprach zu dem Soldaten „ich sehe du kannst noch andere Kunststücke, aber nun komm und lass uns heim gehen.“ „Oho, Bruderherz, das wäre zu früh abmarschiert, wir haben den Feind geschlagen und wollen erst Beute machen. Die sitzen da fest und sperren das Maul vor Verwunderung auf: sie dürfen sich aber nicht rühren bis ich es erlaube. Komm iß und trink.“ Die Alte musste noch eine Flasche von dem besten holen, und der Soldat stand nicht eher auf als bis er wieder für drei Tage gegessen hatte. Endlich als der Tag kam, sagte er „nun ist Zeit dass wir das Zelt abbrechen, und damit wir einen kurzen Marsch haben, so soll die Alte uns den nächsten Weg nach der Stadt zeigen.“ Als sie dort angelangt waren, ging er zu seinen alten Kameraden und sprach „ich habe draußen im Wald ein Nest voll Galgenvögel aufgefunden, kommt mit, wir wollen es ausheben.“ Der Soldat führte sie an und sprach zu dem Jäger „du musst wieder mit zurück und zusehen wie sie flattern, wenn wir sie an den Füßen packen.“ Er stellte die Mannschaft rings um die Räuber herum, dann nahm er die Flasche, trank einen Schluck, schwenkte sie über ihnen her und rief „ihr sollt alle leben!“ Augenblicklich hatten sie ihre Bewegung wieder, wurden aber niedergeworfen und an Händen und Füßen mit Stricken gebunden. Dann hieß sie der Soldat wie Säcke auf einen Wagen werfen und sagte „fahrt sie nur gleich vor das Gefängnis.“ Der Jäger aber nahm einen von der Mannschaft bei Seite und gab ihm noch eine Bestellung mit.
„Bruder Wichsstiefel,“ sprach der Soldat, „wir haben den Feind glücklich überrumpelt und uns wohl genährt, jetzt wollen wir als Nachzügler in aller Ruhe hinter her marschieren.“ Als sie sich der Stadt näherten, so sah der Soldat wie sich eine Menge Menschen aus dem StadtTor drängten, lautes Freudengeschrei erhuben und grüne Zweige in der Luft schwangen. Dann sah er dass die ganze Leibwache herangezogen kam. „Was soll das heißen?“ sprach er ganz verwundert zu dem Jäger. „weißt du nicht“ antwortete er, „dass der König lange Zeit aus seinem Reich entfernt war, heute kehrt er zurück, und da gehen ihm alle entgegen.“ „Aber wo ist der König“ sprach der Soldat, „ich sehe ihn nicht.“ „Hier ist er,“ antwortete der Jäger, „ich bin der König und habe meine Ankunft melden lassen.“ Dann öffnete er seinen Jägerrock, dass man die königlichen Kleider sehen konnte. Der Soldat erschrack, fiel auf die Knie und bat ihn um Vergebung dass er ihn in der Unwissenheit wie seines Gleichen behandelt und ihn mit solchem Namen angeredet habe. Der König aber reichte ihm die Hand und sprach „du bist ein braver Soldat und hast mir das Leben gerettet. Du sollst keine Not mehr leiden, ich will schon für dich sorgen. Und wenn du einmal ein Stück guten Braten essen willst, so gut als in dem Räuberhaus, so komm nur in die königliche Küche. Willst du aber eine Gesundheit ausbringen, so sollst du erst bei mir Erlaubnis dazu holen.“
Der heilige Joseph im Walde
Es war einmal eine Mutter, die hatte drei Töchter, davon war die älteste unartig und bös, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die jüngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so wunderlich, dass sie gerade die älteste Tochter am liebsten hatte und die jüngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Mädchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es würde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen tat das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand wäre, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es ging immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, lief darauf zu und kam vor eine kleine Hütte. Es klopfte an, die Türe ging auf, und es gelangte zu einer zweiten Türe, wo es wieder anklopfte. Ein alter Mann, der
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