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Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)

Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)

Titel: Das Halsband der Königin - 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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Sèvres.
    Durch die Hilfe, die der Officier dem Kutscher leistete, war das arme Thier bald wieder auf seinen Beinen.
    Der Kutscher, der sich zu einem liebenswürdigen Kunden Glück wünschte, ließ seine Peitsche, ohne Zweifel in der doppelten Absicht, seine Rosse und sich selbst wieder zu beleben, lustig knallen.
    Doch man hätte glauben sollen, die durch den offenen Schlag eindringende Kälte habe das Gespräch vereist und die zunehmende Vertraulichkeit gefrieren gemacht, worin der junge Mann einen Reiz zu finden anfing, von dem er sich keine Rechenschaft zu geben vermochte.
    Man erkundigte sich einfach bei ihm nach dem Vorfall; er erzählte, was sich ereignet hatte.
    Dieß war Alles und das Stillschweigen lastete abermals auf dem reisenden Trio.
    Der Officier, den diese warme, zitternde Hand ungemein in Anspruch genommen hatte, wollte wenigstens einen Fuß dafür haben.
    Er streckte daher das Bein aus, doch so geschickt er auch war, er traf nichts, oder vielmehr, wenn er etwas traf, so hatte er den Schmerz, das, was er vor sich getroffen, fliehen zu sehen.
    Einmal sogar, als er am Fuß der älteren von diesen beiden Frauen anstreifte, sagte diese mit der größten Kaltblütigkeit:
    »Nicht wahr, ich beenge Sie furchtbar, mein Herr? verzeihen Sie.«
    Der junge Mann erröthete bis über die Ohren und wünschte sich Glück, daß die Nacht finster genug war, um seine Röthe zu verbergen.
    Dann war Alles gesagt, und hier endigten die Unternehmungen.
    Wieder stumm, unbeweglich und ehrerbietig geworden, als befände er sich in einem Tempel, fürchtete er sich zu athmen, und machte sich klein wie ein Kind.
    Allmälig aber und unwillkürlich bemächtigte sich ein seltsamer Eindruck seines ganzen Geistes, seines ganzen Wesens.
    Er fühlte die zwei reizenden Frauen, ohne sie zu berühren, er sah sie, ohne sie zu sehen; nach und nach gewöhnte er sich daran, in ihrer Nähe zu leben, und es kam ihm vor, als verschmelze sich ein Theilchen von ihrem Dasein mit dem seinigen. Um Alles in der Welt hätte er das erloschene Gespräch wieder anknüpfen mögen, allein er wagte es nicht, denn er fürchtete die Alltäglichkeiten, er, der es beim Abgang verachtete, nur eines von den einfachsten Worten der Weltsprache anzubringen. Er besorgte, albern oder frech vor diesen Frauen zu erscheinen, denen er eine Stunde zuvor viel Ehre zu erweisen glaubte, wenn er ihnen das Almosen eines Louisd'or und eine Artigkeit spende.
    Mit einem Wort – alle Sympathien in diesem Leben erklären sich durch die Verwandtschaft der zu geeigneter Zeit in Berührung gesetzten Fluida, und so war es auch hier: ein mächtiger Magnetismus, den Düften und der jugendlichen Wärme dieser drei durch den Zufall zusammengebrachten Körper entströmt, beherrschte den jungen Mann, erschloß ihm den Geist und erweiterte zugleich sein Herz.
    So entstehen, leben und sterben zuweilen binnen einigen Augenblicken die ächtesten, wonnigsten und glühendsten Leidenschaften.
    Sie haben den Zauber, weil sie ephemer sind, sie haben die Stärke, weil sie im Raume gehalten werden.
    Der Officier sagte nicht ein einziges Wort mehr. Die Damen sprachen leise unter sich.
    Da indessen sein Ohr beständig offen war, so faßte er unzusammenhängende Worte auf, welche jedoch seiner Einbildungskraft einen Sinn boten.
    Er hörte:
    »Die vorgerückte Stunde ... die Thore... der Vorwand für die Fahrt ...«
    Der Fiaker hielt abermals an.
    Dießmal war es weder ein gefallenes Pferd, noch ein zerbrochenes Rad. Nach drei Stunden muthiger Anstrengung hatte sich der brave Kutscher die Arme erwärmt, das heißt, er hatte seine Rosse vor Schweiß triefen gemacht und Versailles erreicht, dessen lange, düstere, öde Alleen unter dem röthlichen Schimmer einiger durch den Reif weiß gewordenen Laternen wie eine doppelte Procession schwarzer, fleischloser Schatten erschienen.
    Der junge Mann begriff, daß man angelangt war. Durch welchen Zauber war ihm die Zeit so kurz vorgekommen?
    Der Kutscher neigte sich gegen das Vorderfenster und sagte:
    »Herr, wir sind in Versailles.«
    »Wo soll er anhalten, meine Damen?« fragte der Officier.
    »Auf der Place d'Armes.«
    »Nach der Place d'Armes,« rief der junge Mann dem Kutscher zu.
    »Ich soll nach der Place d'Armes fahren?« fragte dieser.
    »Ja, da man es Dir sagt.«
    »Es wird ein kleines Trinkgeld geben?« versetzte grinsend der Auvergnat.
    »Immer zu.«
    Die Peitschenhiebe fingen wieder an.
    »Ich muß doch sprechen,« dachte der Officier. »Ich werde für

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