Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
immerhin, mag es nun Laurent oder nicht Laurent sein,« rief Andree mit dringlichem Tone.
»Ich öffne nicht.«
»Aber, mein Freund, Sie wissen nicht, daß uns Laurent zu öffnen pflegt.«
»Ich kümmere mich den Teufel um Laurent, ich habe meinen Befehl.«
»Wer sind Sie denn?«
»Wer ich bin?«
»Ja.«
»Und Sie?« fragte die Stimme.
Die Frage war ein wenig brutal, doch es ließ sich nicht feilschen, man mußte antworten.
»Wir sind Damen vom Gefolge Ihrer Majestät. Wir wohnen im Schloß und möchten gern in unsere Wohnung zurückkehren.«
»Wohl! ich, meine Damen, ich bin ein Schweizer von der ersten Compagnie Salischamade, und ich werde ganz das Gegentheil von Laurent thun, ich werde Sie vor der Thüre lassen.«
»Oh!« murmelten die zwei Frauen, von denen die eine der andern voll Zorn die Hände drückte.
Dann, sich bewältigend, sagte sie:
»Ich begreife, daß Sie Ihre Vorschrift beobachten, das ist die Pflicht eines guten Soldaten und Sie sollen sich nicht dagegen verfehlen. Aber ich bitte Sie, erweisen Sie mir nur den Gefallen, Laurent, der nicht fern sein kann, zu benachrichtigen.«
»Ich kann meinen Posten nicht verlassen.«
»Schicken Sie Jemand.«
»Ich habe Niemand.«
»Ich bitte inständig.«
»Ei! alle Wetter, Madame, schlafen Sie in der Stadt. Ist das nicht eine schöne Geschichte! Oh! wenn man mir dasThor der Kaserne vor der Nase schlösse, ich würde wohl ein Lager finden.«
»Grenadier, hören Sie, sprach entschlossen die ältere der beiden Frauen. »Zwanzig Louisd'or für Sie, wenn Sie öffnen.«
»Und zehn Jahre Kettenstrafe; ich danke. Achtundvierzig Livres jährlich, das ist nicht genug.«
»Ich lasse Sie zum Sergenten ernennen.«
»Ja, und der, welcher mir den Befehl gegeben hat, läßt mich erschießen; ich danke.«
»Wer hat Ihnen denn diesen Befehl gegeben?«
»Der König.«
»Der König!« wiederholten die beiden Frauen erschrocken; »oh! wir sind verloren.«
Die Jüngere schien ganz außer sich zu sein.
»Sagen Sie,« fragte die Aeltere, »gibt es keine andern Thore?«
»Ohl Madame, wenn man dieses geschlossen hat, hat man die andern auch geschlossen.«
»Und wenn wir Laurent an diesem Thor nicht finden, welches das seinige ist, wo glauben Sie, daß wir ihn finden?«
»Nirgends, das ist eine abgekartete Sache.«
»Es ist wahr, und Sie haben Recht. Andree, Andree, das ist ein furchtbarer Streich vom König.«
Die Dame betonte die letzten Worte mit einer beinahe drohenden Verachtung.
Das Thor der Reservoirs war in der Dicke einer Mauer angebracht, welche tief genug war, um aus dieser Nische eine Art von Vorhaus zu bilden.
Eine steinerne Bank lief an beiden Seiten hin.
Die Damen sanken darauf in einen Zustand der Aufregung, der an Verzweiflung grenzte.
Man sah unter dem Thor einen leuchtenden Strahl; man hörte hinter dem Thor die Tritte des Schweizers, der sein Gewehr bald aufnahm, bald niedersetzte.
Jenseits dieses dünnen Hindernisses von Eichenholz die Rettung; diesseits die Schande, ein Aergerniß, beinahe der Tod.»Oh! morgen! morgen! wenn man es erfährt!« murmelte die ältere der beiden Frauen.
»Aber Sie werden die Wahrheit sagen?«
»Wird man es glauben?«
»Sie haben Beweise. Madame, der Soldat wird nicht die ganze Nacht wachen,« sagte die junge Frau, die in demselben Maße Muth zu fassen schien, wie ihre Gefährtin ihn verlor; »in einer oder der andern Stunde wird man ihn ablösen, und sein Nachfolger ist vielleicht gefälliger. Warten wir.«
»Ja, aber die Patrouillen werden nach Mitternacht vorüberkommen; man wird mich da außen wartend und mich verbergend finden. Das ist schändlich! Hören Sie, Andree, das Blut steigt mir zu Kopfe und erstickt mich.«
»Oh! Muth gefaßt, Madame; Sie sind gewöhnlich so stark, ich war vorhin noch so schwach, und nun muß ich Sie unterstützen!«
»Darunter steckt ein Komplott, Andree, wir sind die Opfer desselben. Das ist noch nie geschehen, nie ist dies Thor geschlossen worden. Ich werde darüber sterben, Andree, ich sterbe!«
Und sie warf sich rückwärts, als ob sie wirklich erstickte.
In demselben Augenblick erschollen auf dem zu dieser Stunde so wenig betretenen dumpfen weiten Pflaster von Versailles Schritte.
Gleichzeitig vernahm man eine Stimme, eine leichte, heitere Stimme, die Stimme eines singenden jungen Mannes.
Er sang eines von den manierirten Liedern, welche der Epoche angehören, die wir zu schildern versuchen.
Die Damen lauschten.
»Diese Stimme!« riefen sie.
»Ich kenne
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