Gott oder Zufall?
Was wir nicht wissen
Ein solches Verständnis führt jedoch unweigerlich zu einer Diskussion darüber, wo wir und die Welt unseren Ursprung haben; ob die Welt auf irgendeinen Zweck hin ausgerichtet ist; und was wir tun können, um die Vorgänge und Gegenstände um uns herum zu lenken. Die alten Griechen glaubten, dass alle Wirklichkeit aus vier Hauptelementen besteht: Erde, Luft, Feuer und Wasser. Ihre wissenschaftliche und philosophische Perspektive gründete sich darauf, dass man alles mit diesen vier Begriffen beschreiben konnte. Anfangs unterschied man nur wenig zwischen Astronomie – dem Studium der Sterne – und Astrologie – der Überzeugung, dass sich hinter den Sternen eine Welt von Göttern verbarg, welche die Elemente der Welt beherrschten und darauf Einfluss nahmen, was in der Natur geschah und wie sich die Menschen verhielten. Allmählich wich dieser Glaube an ein göttliches Reich einer naturalistischen Beschreibung der Realität oder der Vorstellung, dass die göttliche Offenbarung der Menschheit half, sich selbst und die Welt zu begreifen.
Philosophen debattierten darüber, ob Absicht und Ordnung menschliche Konstrukte seien, bei denen wir unseren Sinn für Ordnung den Dingen auferlegen, oder ob Ordnung und Absicht den Dingen selbst etwas Inhärentes seien. Sind sie einfach so, wie die Dinge sind, oder sind sie so, wie Gott die Welt und die Menschheit schuf, so dass die dahinterliegende Absicht erkannt werden kann? Ist die Ordnung objektiv, subjektiv oder irgendwie beides? Unser Verständnis von Ordnung ändert sich, wenn wir mehr über die Welt um uns herum feststellen. Ptolemäus (ca. 85–ca. 165) glaubte, dass die Erde der Mittelpunkt des Universums sei, und niemand zweifelte daran. Galileo (1564–1642) beobachtete, dass bestimmte Anordnungen der Planeten nur dann sinnvoll waren, wenn die Sonne im Zentrum stand, und passte unser Weltbild an diesen neuen Gesichtspunkt an (siehe Kapitel
Das Wesen der Dinge/ Die Affäre Galileo Galilei
). Dieses Vermögen, uns aus unseren Beobachtungen etwas zusammenzureimen, diese einzuordnen und daraus Gesetze abzuleiten, damit wir angemessen handeln können, ist Teil unseres Menschseins. Es gibt eine Ordnung, die erkannt werden kann, und wir besitzen die Fähigkeit, sie zu begreifen. Unsere subjektiven Interpretationen werden durch objektive Fakten und Beweise korrigiert. Mit zu einer gewissen Verwirrung trägt allerdings bei, dass »subjektiv« »persönlich, parteiisch« bedeuten kann, statt die ursprüngliche Bedeutung »zu einem Subjekt gehörend« auszudrücken. In diesem Sinne wird ein Faktum nur dann gewusst, wenn es von einem menschlichen Subjekt erkannt (oder wahrgenommen) wird. Möglicherweise gibt es Sachverhalte über die Welt, die wir noch nicht wissen oder vergessen haben – doch sie zählen tatsächlich so lange nicht als Fakten, bis ein Mensch sie kennt; daher ist es nur sinnvoll, Mutmaßungen über das anzustellen, was wir nicht wissen.
Im Laufe der Geschichte haben Aristoteles, Thomas von Aquin (1225–1274) und Apologeten wie William Paley (1743–1805) nach Kennzeichen einer Ordnung in der Welt als Beweis für die Existenz eines ersten Bewegers oder Gottes gesucht. Paley argumentierte mit dem Design, das wir in der Welt erkennen. Es zeige, dass es einen Designer geben müsse, der die Wirklichkeit mit solchen äußeren Erscheinungen eines Designs durch und durch tränkte. Diese teleologischen Argumente für die Existenz Gottes sind von David Hume (1711–1776), Immanuel Kant (1724–1804) und den logischen Positivisten heftig kritisiert worden. Sie wandten ein, dass Ordnung bestenfalls lediglich eine vorangehende Ursache belege und schlimmstenfalls täusche, indem sie einen Sprung von dieser immanenten Welt in einen transzendenten Bereich mache, zu dem wir keine unmittelbare, empirische Verbindung hätten. Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen der Erklärung von Ursache und Zweck einer bestimmten Sache und dem Versuch, Ursache und Zweck von allem insgesamt zu erklären. Nirgends müssen wir es ertragen, Universen oder Galaxien als Ganzes zu erleben, weil wir uns innerhalb eines Universums befinden; sogar unsere Beobachtungen – einschließlich die anderer Universen – können das, was wir als Erfahrungen aufnehmen, beeinflussen.
David Hume (1711–1776), schottischer Philosoph und Vertreter des Empirismus, galt als »erster Postskeptiker der frühen Neuzeit«, der einst als »Gottes größtes Geschenk an die
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