Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
Saint-Claude besuche.«
»Aber werden Sie mir so viel sagen, Herr Cardinal, drei-, vier- oder fünfmal in der Woche?«
»Wo wäre dann die Freundschaft, Gräfin? Ich sagte fünfmal und irrte mich. Sechs- oder siebenmal mußte ich sagen, die Schalttage nicht gerechnet.«
Jeanne lachte.
Der Cardinal bemerkte, daß sie zum ersten Mal seinen Scherzen die Ehre erwies, und fühlte sich auch dadurch geschmeichelt.
»Werden Sie es verhindern, daß man spricht?« sagte sie.
»Sie wissen wohl, daß dieß unmöglich ist.« – »Ja,« erwiderte er. – »Und wie?« – »Ah! das ist eine ganz einfache Sache; mit Recht oder mit Unrecht kennt mich das Volk von Paris.« – »Oh! gewiß, und zwar mit Recht, Monseigneur.« – »Aber Sie ist es so unglücklich nicht zu kennen.« – ,»Nun!« – »Stellen wir die Frage anders.« – »Stellen Sie sie, das heißt...« – »Wie Sie wollen. Wenn Sie zum Beispiel ...« – »Vollenden Sie.« – »Wenn Sie ausgingen, statt daß Sie mich ausgehen machten.« – »Ich soll in Ihr Hotel gehen, Monseigneur?« – »Sie gingen wohl zu einem Minister.« – »Ein Minister ist kein Mann, Monseigneur.« – »Sie sind anbetungswürdig. Nun wohl! es handelt sich nicht um mein Hotel, ich habe ein Haus.« – »Ein kleines Haus Mit petit maison, kleines Haus, bezeichnete man in Paris ein Haus, wie es die vornehmen Herren in abgelegenen Quartieren für ihre geheimen Liebschaften besaßen. , drückenwir uns deutlich aus.« – »Nein, ein Haus, das Ihnen gehört.« – »Oh!« rief die Gräfin, »ein Haus, das mir gehört. Und wie dieß? Ich wußte nichts von diesem Haus.«
Der Cardinal, der sich wieder gesetzt hatte, stand auf.
»Morgen früh um zehn Uhr werden Sie die Adresse davon erhalten.«
Die Gräfin erröthete, der Cardinal nahm artig ihre Hand.
Und dießmal war der Kuß zugleich ehrerbietig, zärtlich und kühn.
Beide grüßten sich sodann mit dem Reste von lächelnder Ceremonie, welche eine nahe bevorstehende Vertraulichkeit bezeichnet.
»Leuchten Sie Monseigneur,« rief die Gräfin.
Die Alte kam und leuchtete.
Der Prälat ging hinaus.
»Mir scheint, ich habe da einen großen Schritt in der Welt vorwärts gemacht,« dachte Jeanne.
»Ah! ah!« dachte der Cardinal, während er in seinen Wagen stieg, »ich habe ein doppeltes Geschäft gemacht. Diese Frau besitzt zu viel Geist, um nicht die Königin einzunehmen, wie sie mich eingenommen hat.«
XVI.
Mesmer und Saint-Martin.
Es gab eine Zeit, wo Paris ganz geschäftslos und voll Muße in Leidenschaft für Fragen glühte, welche in unsern Tagen das Monopol der Reichen sind, die man die Unnützen, und der Gelehrten, die man die Faullenzer nennt.
Im Jahre 1782, das heißt in der Zeit, zu der wir gelangt sind, war die Modefrage, die Frage, die obenauf schwamm, die in der Luft schwebte, die in allen ein wenig erhabenen Köpfen festhielt, wie die Dünste an den Bergen, der Mesmerismus, eine mystische Wissenschaft, schlecht definirt durch ihre Erfinder, die, da sie das Bedürfniß nicht fühlten, eine Entdeckung schon bei ihrer Geburt volksthümlich zu machen, diese den Namen eines Mannes, das heißt, einen aristokratischen Titel annehmen ließen, statt eines von den aus dem Griechischen geschöpften wissenschaftlichen Namen, mit deren Hilfe die schamhafte Bescheidenheit der modernen Gelehrten heut zu Tage jedes scientivische Element verallgemeinert.
Wozu sollte es in der That im Jahre 1784 nützen, eine Wissenschaft zu democratisiren? Das Volk, das seit mehr als anderthalb Jahrhunderten von denen, die es regierten, nicht zu Rathe gezogen worden war, zählte es für Etwas im Staat? nein: das Volk war die fruchtbare Erde, die da einbrachte, es war die reiche Ernte, die man schnitt, der Herr der Erde aber war der König, und die Schnitter waren der Adel.
Heute hat sich Alles geändert: Frankreich gleicht einer uralten Sanduhr; neunhundert Jahre hat sie die Stunde des Königthums angegeben; die mächtige Hand des Herrn hat sie umgedreht; Jahrhunderte hindurch wird sie die Aera des Volks bezeichnen.
Im Jahre 1784 war also der Name eines Mannes eine Empfehlung. Heute würde im Gegentheil der höhere Werth einem von Dingen herrührenden Manne zuerkannt werden.
Doch lassen wir heute, um den Blick auf gestern zu werfen. Was ist bei der Rechnung der Ewigkeit diese Entfernung von einem halben Jahrhundert? nicht einmal so groß wie die zwischen dem gestrigen Tage und dem morgigen bestehende.
Der Doctor Mesmer war in Paris, wie Marie
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