Das Halsband der Koenigin 1
einige Neugierige, deren Ohren der Respect nicht so sehr entfernte, daß sie nicht die Worte ihres Schwagers hören konnten. »Herr von Taverney,« sagte sie, »haben Sie die Güte, für meinen Schlitten besorgt zu sein, und wenn Ihr Vater da ist, umarmen Sie ihn; ich gebe Ihnen für eine Viertelstunde Urlaub.«
Der junge Mann verbeugte sich und durchschritt die Menge, um den Befehl der Königin zu vollziehen.
Auch die Menge hatte begriffen, sie hat zuweilen wunderbare Instincte; sie erweiterte den Kreis, und die Königin und der Graf von Artois waren bequemer gestellt.
»Mein Bruder,« sagte nun die Königin, »ich bitte, erklären Sie mir, was mein Schwager dabei gewinnt, daß er mir die Ankunft des Herrn von Suffren nicht mittheilt?«
»Oh! meine Schwester, ist es denn möglich, daß Sie, Weib, Königin und Feindin, die Absicht dieser schlauen Politik nicht sogleich auffassen? Herr von Suffren kommt an, Niemand weiß es bei Hofe. Herr von Suffren ist der Held der indischen Meere und hat folglich auf einen prachtvollen Empfang in Versailles Anspruch zu machen. Herr von Suffren kommt also an. Dem König ist seine Ankunft unbekannt; der König vernachlässigt ihn, ohne es zu wissen, und folglich, ohne es zu wollen; Sie ebenso, meine Schwester. Wahrend dieser Zeit empfängt Herr von Provence, der die Ankunft des Herrn von Suffren weiß, ganz im Gegentheil den siegreichen Seemann, lächelt ihm zu, schmeichelt ihm, macht Verse auf ihn und wird, indem er sich an den Helden Indiens anhängt, der Held Frankreichs.«
»Das ist klar,« sagte die Königin.
»Ich glaube wohl, bei Gott!«
»Sie vergessen nur einen Punkt, mein lieber Zeitungsmann.«
»Welchen?«
»Woher wissen Sie dieses ganze schöne Project unseres lieben Bruders und Schwagers?«
»Woher ich es weiß! Das ist ganz einfach! wie ich Alles weiß, was er thut. Da ich bemerkte, daß Herr von Provence es sich zur Aufgabe machte, Alles in Erfahrung zu bringen, was ich thue, so bezahle ich Leute, die mir Alles sagen, was er thut. Oh! das kann mir dereinst nützlich sein, meine Schwester, – und Ihnen auch.«
»Ich danke für Ihr Bündniß, mein Bruder; doch der König?«
»Oh! der König ist benachrichtigt.«
»Durch Sie?«
»Nein, durch seinen Marineminister, den ich zu ihm geschickt habe. Sie begreifen; dieß Alles geht mich Nichts an; ich bin zu leichtfertig, zu sehr Verschwender, zu tollköpfig, um mich um Dinge von dieser Wichtigkeit zu bekümmern.«
»Und der Marineminister wußte auch nichts von der Ankunft des Herrn von Suffren in Frankreich?«
»Ei! mein Gott, meine liebe Schwester, nicht wahr, Sie haben in den vierzehn Jahren, seit Sie Dauphine oder Königin von Frankreich sind, genug Minister kennen gelernt, um zu wissen, daß eine wichtige Sache diesen Herrn stets unbekannt ist? Nun denn! ich habe den unsern in Kenntniß gesetzt, und er ist enthusiasmirt.«
»Ich glaube es wohl.«
»Sie begreifen, meine Schwester, das ist ein Mensch, der mir sein Leben lang dankbar sein wird, und ich bedarf gerade seiner Dankbarkeit.«
»Wozu?«
»Um ein Anlehen zu negociren.«
»Oh!« rief die Königin lachend, »nun verderben Sie mir Ihre schöne Handlung.«
»Meine Schwester,« erwiderte der Graf von Artois mit ernster Miene, »Sie müssen Geld nöthig haben, und ich stelle, so wahr ich ein Sohn Frankreichs bin, die Hälfte der Summe, die ich erhalten werde, zu Ihrer Verfügung.«
»Oh! mein Bruder,« rief Marie Antoinette, »behalten Sie das Ganze; ich brauche, Gott sei Dank, in diesem Augenblicke nichts.«
»Teufel! warten Sie nicht so lange, um meine Zusage in Anspruch zu nehmen.«
»Warum dieß?«
»Weil ich, wenn Sie länger warten würden, nicht mehr im Stande sein dürfte, mein Versprechen zu halten.«
»Nun, in diesem Fall werde ich es auch so einrichten, daß ich irgend ein Staatsgeheimniß entdecke.«
»Meine Schwester, Sie bekommen kalt,« versetzte der Graf von Artois. »Ihre Wangen werden blau, das muß ich Ihnen sagen.«
»Hier kehrt Herr von Taverney mit meinem Schlitten zurück.« – »Dann bedürfen Sie meiner nicht mehr?« – »Nein.« – »So jagen Sie mich fort, ich bitte Sie.« – »Warum? Bilden Sie sich etwa ein, Sie beengen mich in irgend einer Hinsicht?« – »Nein; aber ich bedarf meiner Freiheit.« – »Gott befohlen also!« – »Auf Wiedersehen, theure Schwester.« – Wann?« – »Diesen Abend.« – »Was ist denn diesen Abend?« – »Es ist noch Nichts, aber es wird Etwas sein.« – »Was denn?«
Weitere Kostenlose Bücher