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Das Haus der Madame Rose

Das Haus der Madame Rose

Titel: Das Haus der Madame Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatiana de Rosnay
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Knopfloch gefallen war.
    »Für Sie, Madame«, sagte er feierlich. Als er auf mich zukam, bemerkte ich seinen seltsamen Gang, er zog sein steifes rechtes Bein nach, es wirkte wie die linkische Pose eines eigenwilligen Tänzers. »Mit den bescheidenen und demütigen Grüßen von Gilbert, Ihrem Diener.«
    Dann zog er den Hut, enthüllte seine struppigen Locken und verbeugte sich bis auf den Boden, als wäre ich die Kaiserin höchstpersönlich.

Er ist der einzige Mensch , mit dem ich dieser Tage spreche. Es ist eine Zeit der Abkapselung und des Haders; aber ich hatte befürchtet, ich würde es schlimmer empfinden. Mein behütetes Leben als Deine Frau und Witwe, als Dame aus dem Faubourg Saint-Germain mit einem Dienstmädchen und einer Köchin, die unter meinem Dach lebten, machte dieses neue Leben auch nicht beschwerlicher. Vielleicht war ich darauf gefasst. Ich fürchte mich nicht vor Unbequemlichkeit, Kälte, Schmutz.
    Ich fürchte nur eins – dass ich nicht genügend Zeit haben könnte, um Dir all das zu sagen, was ich Dir offenbaren muss. Nicht genügend Zeit, um Dir alles zu erklären. Aber lass es mich versuchen. Hör zu. Ich liebe Dich, das ist die Wahrheit, doch während Du langsam aus dem Leben schiedst, konnte ich es Dir nicht sagen. Ich konnte weder meiner Liebe noch meinen gehüteten Geheimnissen Ausdruck verleihen. Deine Krankheit hat es verhindert. Über die Jahre hattest Du Dich nach und nach in einen kranken alten Mann verwandelt. Es geschah nicht über Nacht, es war ein allmähliches Fortschreiten. Doch gegen Ende hattest Du keine Geduld mehr. Du wolltest nichts hören. Du warst in einer anderen Welt. Manchmal warst Du bei erstaunlich klarem Verstand, vor allem morgens, dann warst Du wieder der wirkliche Armand, den ich vermisste und nach dem ich mich sehnte. Aber das hielt nie an. Erneut verwirrte sich Dein Geist erbarmungslos, und ich verlor den Kontakt zu Dir.
    Das ist jetzt nicht mehr wichtig, Armand. Ich weiß, dass Du mir nun zuhörst. Dass Du die Ohren spitzt.
    Gilbert, der neben dem warmen Herd sitzt, unterbricht mich beim Schreiben, um mir von den Zerstörungen in der Nachbarschaft zu berichten. Das prächtige Hotel Belfort in unserer Straße wurde dem Erdboden gleichgemacht. Nichts ist übrig, sagt er. Er hat alles gesehen. Es hat nicht sehr lange gedauert. Ein Trupp Männer mit Spitzhacken. Ich lausche Gilbert vom Grauen gepackt. Madame Paccard ist zu ihrer Schwester nach Sens gezogen. Sie wird nie mehr nach Paris zurückkehren. Sie zog letzten Herbst aus, als uns klar wurde, dass wir keine Chance hätten. Gilbert fährt fort: Die Rue Childebert ist nun leer, alle sind weg. Es ist ein frostiges Geisterland. Ich kann mir unsere belebte kleine Straße gar nicht in so einem Zustand vorstellen. Ich erzähle Gilbert, dass ich dieses Haus zum ersten Mal betrat, als ich bei Madame Collévillé Blumen kaufen wollte. Das war vor nahezu vierzig Jahren, ich war damals neunzehn. Das scheint ihn zu amüsieren. Er will mehr wissen.
    Ich erinnere mich, dass es ein Frühlingstag war. Im Mai. Einer dieser frischen goldenen Morgen voller Verheißungen. Mutter wollte auf einmal Maiglöckchen. Sie schickte mich in den Blumenladen in der Rue Childebert, weil ihr die welken weißen Blüten auf dem Markt nicht gefallen hatten.
    Von klein auf hielt ich mich immer gern in den engen, schattigen Straßen bei der Kirche auf. Verglichen mit dem lauten Gewühl auf der Place Gozlin, wo ich wohnte, war es dort friedlich und ruhig. Mein Bruder und ich spazierten oft durch dieses Viertel. Hier herrschte weniger Verkehr als bei uns, es fuhren kaum Kutschen. Die Leute stellten sich am Brunnen in der Rue d’Erfurth an und nickten sich höflich zu. Kinder spielten ausgelassen, beaufsichtigt von ihren Gouvernanten. Ladenbesitzer führten auf ihrer Schwelle ausgiebige Gespräche. Hin und wieder sah man einen Priester in seiner schwarzen Soutane mit der Bibel unterm Arm in die nahe Kirche eilen. Im Sommer, wenn das Portal der Kirche offen stand, konnte man in der ganzen Straße Psalmen und Gebete hören.
    Als ich den Blumenladen betrat, sah ich, dass ich nicht die einzige Kundin war. Da war noch ein Herr, ein großer kräftiger Mann mit feinen Gesichtszügen und dunklem Haar. Er trug einen blauen Frack und Kniehosen. Auch er kaufte Maiglöckchen. Ich wartete, bis ich bedient wurde. Und da schenkte er mir plötzlich eine knospende Rispe. Ein wenig Scheu sprach aus seinen dunklen Augen.
    Meine Wangen glühten. Ja, ich war ein

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