Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)
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«Dieses junge Genie verdiente Unterstützung, daß er reisen könnte. Er würde gewiß ein zweiter Wolfgang Amadeus Mozart werden, wenn er so fortschritte, wie er angefangen.» Magazin der Musik, 1783
Als Ludwig van Beethoven – vermutlich am 16. Dezember 1770 – in Bonn geboren wurde, ließ nichts auf die einzigartige Bedeutung erahnen, die er in der Musikwelt seiner Zeit und künftiger Jahrhunderte erlangen sollte. Zwar entstammte er einer Musikerfamilie, doch hatten Familienangehörige vorangegangener Generationen musikalisch kaum mehr als einen lokalen Bekanntheitsgrad erlangt; dafür aber weiß die Überlieferung von seelischen Problemen und einer fatalen Neigung zum Alkohol in seinem engsten Verwandtenkreis. Vor diesem familiären Hintergrund fällt es schwer, den Werdegang Beethovens zur Ausnahmeerscheinung zu verstehen, ohne den Begriff «Genie» zu bemühen. Jedenfalls erhielt der kleine Ludwig eine klassische Ausbildung zum Musiker, in deren Verlauf bereits früh sein außergewöhnliches Talent bemerkt wurde und sich bald in Gestalt des Berufsmusikers Christian Gottlob Neefe ein Lehrer und Förderer fand, der richtungsweisend auf Beethovens weiteren Weg einwirkte. Und der führte unabweislich nach Wien, wo Beethoven bei großen Meistern seiner Epoche – allen voran Joseph Haydn, aber auch Johann Georg Albrechtsberger und Antonio Salieri – lernen und Zugang zu dem Kreis der Fürsten Karl von Lichnowsky und Franz Joseph Maximilian von Lobkowitz finden sollte. Er nahm Wien nicht im Sturm: Das Revolutionäre seiner Kompositionen – seiner Orchester- und seiner Klavierwerke – war zum Leidwesen des Komponisten nicht unumstritten, aber letztlich doch bezwingend; und so drang sein Ruhm bis zur kaiserlichen Familie vor, deren Spross, Erzherzog Rudolph von Österreich, schließlich sein Schüler wurde. Doch alle musikalischen, gesellschaftlichen und mitunter auch finanziellen Erfolge linderten kaum die Verzweiflung, die Beethoven empfand, als er sich bewusst wurde, dass er – vermutlich als Spätfolge einer Infektionskrankheit – allmählich ertaubte und dass er wegen der herrschenden Konventionen niemals seine «unsterbliche Geliebte» würde heiraten können. Aber er trotzte seinem Schicksal und schuf Werke, deren bestürzender Schönheit wir uns bis auf den heutigen Tag nicht entziehen können. Jan Caeyers hat Leben und Werk Beethovens in einer von großer Sympathie für seinen Protagonisten getragenen, aber nie hagiographischen Biographie zusammengeführt und zugleich ein faszinierendes Epochenporträt entworfen.
Über den Autor
Jan Caeyers studierte Dirigieren an der Musikhochschule Wien und Musikwissenschaft an der Universität Löwen. Von 1994 bis 1997 war er Assistent von Claudio Abbado beim Gustav Mahler Jugendorchester in Wien, wo er auch eng mit Haitink und Boulez zusammenarbeitete. Er war der künstlerische Leiter der Beethoven-Akademie , gastiert bei verschiedenen europäischen Orchestern, dirigiert heute Le Concert Olympique und ist Professor an der Universität Löwen. Seine Beethoven-Biographie wurde in den Niederlanden und in Belgien zu einem Bestseller.
Für
Armand Caeyers (1924–1995)
Karl Heinz Füssl (1924–1992)
Frans Verleyen (1941–1997)
Der geniale Mensch ist das große Absurdissimum.
Er ist ein Absurdissimum wegen seiner Normalität.
Er ist so, wie alle sein sollten: eine vollkommene
Gleichung von Zweck und Mittel, Aufgabe und Leistung.
Er ist so paradox, etwas zu tun, was sonst niemand tut:
er erfüllt seine Bestimmung.
Egon Friedell
Prolog
Mecheln, Samstag, 29. März 1727 . Michiel van Beethoven sinnt über sein Leben nach. Vergangene Woche ist er dreiundvierzig geworden, das Alter naht, und er sehnt sich nach neuen Aufgaben. Seit zwei Jahrzehnten steht er jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe auf, um in der Bäckerei zu arbeiten, die er von seinem Schwiegervater übernommen hat. Doch allmählich wird er dessen überdrüssig. Größere Befriedigung verschafft ihm in den letzten Jahren der Kauf von Häusern, hier in Mecheln, der Stadt, in der sein Vater sich vor fünfzig Jahren niederließ. Zu dem Haus in der Jodenstraat konnte er noch zwei andere Häuser in derselben Straße erwerben, wenn auch nur durch Aufnahme einer ziemlich großen Hypothek. Außerdem hat er zwei Häuser von Verwandten väterlicherseits geerbt, das Moleken in der Steenstraat und Den Bonten Os am Leermarkt, und zwei weitere von seinen Schwiegereltern, den Meersman und die Apollonia
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