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Das Haus der Madame Rose

Das Haus der Madame Rose

Titel: Das Haus der Madame Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatiana de Rosnay
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herumscheuchte. Oben, wo ich stand, konnte ich ihre schrille Stimme hören. Als sie mich sah, nickte sie kurz, das war’s. Ich hatte das Gefühl, dass ich fehl am Platz war, und verabschiedete mich. Ich kam mir geringer vor als eine Dienerin.
    Tags darauf sagte Germaine atemlos zu mir, ich müsse unbedingt hinuntergehen und einen Blick in den Laden werfen. Sie klang so aufgeregt, dass ich schnell meine Stickerei zur Seite legte und ihr folgte. Rosa! Rosa, Liebster – ein Rosa, das Du Dir nie hättest vorstellen können. Eine Explosion von Rosa. Dunkelrosa außen, aber nicht zu gewagt oder zu albern, nichts, was unser Haus in irgendeiner Weise anstößig aussehen ließ. Über der Tür hing ein schlichtes Schild Blumen – für alle Gelegenheiten . Das Arrangement im Schaufenster war wundervoll, schön wie ein Gemälde – Blumen und Kinkerlitzchen, eine Überfülle von gutem Geschmack und Weiblichkeit, geradezu perfekt, um den Blick einer koketten Dame oder eines galanten Herrn auf der Suche nach einer Ansteckblume anzuziehen. Und innen, mein Lieber, eine rosa Tapete, der letzte Schrei! Es sah wunderbar aus. Und so verlockend.
    Ich kannte mich mit Blumen nicht aus, Du auch nicht, und bei Madame Collévillé mit ihrem öden Geschmack hatten wir auch nichts gelernt. Nun quoll der Laden über vor Blumen, den schönsten Blumen, die ich je gesehen habe: göttliche Rosen in den unglaublichsten Farbschattierungen – Magenta, Karmesin, Gold, Elfenbein. Herrliche Päonien mit schweren, hängenden Köpfen. Und dieser Duft erst, mein Liebster – ein betörendes, traumähnliches Parfum hing dort samten und rein wie eine seidige Liebkosung.
    Verzückt stand ich da und rang die Hände. Wie ein kleines Mädchen. Wieder sah Alexandrine mich an, ohne zu lächeln, aber ihre klugen Augen funkelten.
    »Meiner Vermieterin gefällt also das Rosa?«, sagte sie leise und arrangierte mit ihren schnellen, geschickten Fingern Sträuße in Vasen. Ich murmelte zustimmend. Ich wusste nicht, wie ich diese arrogante, kratzbürstige junge Frau behandeln sollte. In der ersten Zeit schüchterte sie mich ein.
    Erst eine ganze Woche später kam Germaine mit einer Karte für mich in den Salon. Rosa, natürlich. Und sie verströmte einen delikaten Duft: Hätte Madame Rose Lust und Zeit auf eine Tasse Tee? AW . Und so begann vor fast zehn Jahren unsere wundervolle Freundschaft. Bei Rosen und einer Tasse Tee.

Ich schlafe hier unten nicht allzu schlecht . Doch selbst in guten Nächten erwache ich immer mit demselben Traum. Es ist ein kurzer, aber höllischer Moment, wenn ich auf einen qualvollen Augenblick zurückgeworfen werde, über den ich noch immer nicht sprechen kann und von dem Du nichts weißt.
    Seit dreißig Jahren bin ich nun Opfer dieses Albtraums. Ich muss dann ganz ruhig liegen bleiben und warten, bis mein klopfendes Herz sich wieder beruhigt. Manchmal bin ich so geschwächt, dass ich den Arm nach einem Glas Wasser ausstrecken muss. Mein Mund ist trocken und wie verdörrt. Diesen Albtraum hatte ich auch schon zu Deiner Zeit, während ich neben Dir schlief, aber ich konnte ihn immer vor Dir geheim halten.
    Jahr für Jahr kommen erbarmungslos dieselben Bilder zurück. Es ist schwierig, sie zu beschreiben, ohne dass die Angst mich wieder überkommt. Ich sehe die Hände, die die Fensterläden aufstemmen, die Gestalt, die hereinschleicht, höre das Knarren der Stufen. Er ist im Haus. O Gott, er ist im Haus. Und in mir steigt ein gewaltiger Schrei herauf.

Zurück zu dem Tag im letzten Jahr , als der Brief kam: Alexandrine wollte wissen, was ich vorhätte. Wohin ich gehen würde. Zu meiner Tochter? Das wäre sicherlich das Klügste. Wann ich ausziehen wolle. Ob sie von Nutzen sein könne. Sie hingegen würde am neuen Boulevard sicherlich einen anderen Laden finden, sie machte sich da keine Sorgen. Es könne eine Weile dauern, so jung sei sie ja nun auch nicht mehr, sagte sie, schließlich ginge sie auf die dreißig zu, aber sie habe genügend Kraft, um noch einmal neu anzufangen, auch ohne Mann, und überhaupt sollten die Leute aufhören, sich das Maul darüber zu zerreißen, warum sie keinen Mann habe. Eine alte Jungfer zu sein störe sie nicht im Geringsten, sie habe ja ihre Blumen, und sie habe mich.
    Ich hörte ihr zu, wie immer. Ich hatte mich an ihre schrille Stimme gewöhnt. Ich mochte sie sogar. Als sie endlich innehielt, sagte ich ihr ganz ruhig, dass ich nicht vorhätte, auszuziehen. Sie riss den Mund auf. Nein, fuhr ich unbeeindruckt

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