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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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und du dich auf das Abenteuer deines Lebens eingelassen hast? Du warst das Mädchen, das bis dahin noch nicht einmal die Straße von Malakka überquert hatte. Das Mädchen, das glaubte, es könne sein Schicksal selbst bestimmen.
    »Wie wenig ich doch wusste«, murmelte sie in sich hinein. »Wie wenig ich doch wusste.«
    Sie drehte sich um und ging zum Bug des Schiffes. Als sie ganz vorn stand, umschloss sie die Reling fest mit beiden Händen. Sie hielt ihr Gesicht in den Wind und lachte der Sonne entgegen. Auf ihren Lippen schmeckte sie das Salz des Meeres. In ihren Augen standen Tränen des Glücks.
    Sie hatte sich auf ein neues Abenteuer eingelassen.
    Jetzt würde sie nur noch nach vorn blicken und nicht mehr zurück.
    Als sie in Madras ankamen, war ihnen Pietros Diplomatenpass eine große Hilfe. Trotzdem erwies sich der Weg vom Dr.-Ambedkhar-Dock zum heruntergekommenen Royapuram-Bahnhof als reinste Strapaze. Angesichts der Straßen voller Rikschas und der brodelnden Menschenmassen schwanden Pietro fast die Sinne. »Das ist ja, als würde jeder zum Klo stürzen, aber keiner hat den Schlüssel«, stöhnte er.
    Der Wagen, den ihnen die Botschaft geschickt hatte, schlingerte an Bussen vorbei, die vor Passagieren geradezu überquollen. Jedes Mal, wenn sie durch ein Schlagloch fuhren, stöhnten Mabel und Pietro unisono auf.
    Ihr Zug nach Neu-Delhi ging um 13.30 Uhr. Als sie am Bahnhof ankamen, blieben ihnen noch zwanzig Minuten Zeit. Man sagte ihnen, dass sie in Hyderabad umsteigen müssten.
    Der Stationsvorsteher trug offene Sandalen, dazu gelbe Nylonsocken, die aussahen, als wären sie schon eine ganze Weile nicht mehr gewaschen worden. Die dicken Falten an seinem Hals waren so tief, dass sie rosa und schorfig geworden waren. Angeschwollen wie eine gewaltige schweißnasse Bohne wedelte er mit ihren Fahrkarten in der Luft herum und bellte ihnen die Bahnsteignummer entgegen.
    »Gegen diesen Burschen sieht Onkel Hängebacke ja aus wie Fred Astaire«, flüsterte Mabel.
    Sechsunddreißig Stunden später stiegen sie an der Old Delhi Railway Station aus dem Zug. Sie kämpften sich durch eine regelrechte Mauer aus verkrüppelten Bettlern und machten sich dann auf den Weg zum Maidens Hotel.
    Am folgenden Morgen stiegen sie um fünf Uhr in einen Bus, der von Neu-Delhi aus nach Norden fuhr. Lu See sah aus dem Fenster und wischte mit der Hand den Reif von der Scheibe. Sie betrachtete den Himmel, der schon vor der Morgendämmerung mit einzelnen farbigen Streifen durchzogen war – tief hängende Wolken, die bereits orangerot und rosa schimmerten.
    Pietro hatte sich inzwischen in die Hindustan Times vertieft. In den »Nachrichten aus aller Welt« wurde Malaysia nicht erwähnt. »Zu Hause ist alles ruhig«, sagte er mit hörbarer Erleichterung in der Stimme.
    Lu See wusste, was er meinte. Seit dem Vorfall vor ihrem Restaurant hatte es in Kuala Lumpur zwar keinen weiteren Ärger mehr gegeben, aber die Gräben waren gezogen; ein großer Teil der Menschen hatte jetzt das Gefühl, fremd im eigenen Land zu sein. Sie war sich sicher, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis neue Unruhen die Stadt erschüttern würden. Daran konnte und durfte sie jetzt aber nicht denken.
    Sie legte ihr Kinn in ihre Armbeuge und schlief ein.
    Fünf Stunden später machten sie Halt, um sich die Beine zu vertreten und sich hinter den Bäumen zu erleichtern. Drei weitere Stunden später hielt der Bus zum Mittagessen an.
    Als Lu See ausstieg, drangen ihr der Geruch eines Holzfeuers und der Duft gebratener Piniennadeln und Kalbsleberpilze in die Nase. Sie spürte den trockenen scharfen Wind an ihren Wangen. In der dünnen Luft wurde ihr kurzzeitig schwindelig. Sie atmete tief ein und versuchte ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Die kleine Gruppe von Touristen versammelte sich um einen ovalen Tisch im Gasthaus. Man servierte ihnen kleine runde Klößchen, die in einer dunklen Brühe mit großen Pilzen schwammen.
    »Was ist das?«, fragte Lu See und versuchte, das Gericht am Geruch zu erkennen.
    Pietro sah sich verschwörerisch um und trocknete sich die Stirn dann mit einem Taschentuch. Er warf Lu See seinen »O-mein-Gott«-Blick zu. »Das ist etwas, das nur ein Sumpfbewohner essen würde.«
    Mabel zog die Mundwinkel nach unten.
    Lu See untersuchte den Inhalt der Schale, roch daran, wog sie erst in einer Hand, dann in der anderen, bevor sie ihren Löffel hineintauchte. Sie fragte sich, ob Sum Sum sich damals genau so gefühlt hatte, als man ihr zum ersten Mal

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