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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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Schwarzfüße wollten ihn schön ordentlich an zwei von ihren Ponys festbinden und in entgegengesetzter Richtung losgaloppieren. Bei den Worten flammten die Augen des jungen Schwarzfußindianers auf wie zwei Kerzen. Ich sagte zum Leberfresser-Johnson, er solle sich aussuchen, welches dieser Schicksale er vorziehe, damit derStamm Vorbereitungen treffen könne. Dann drehten wir dem Leberfresser den Rücken zu und wärmten uns die Hände am Feuer. Wir ließen ihn in Ruhe die Lederriemen an seinen Handgelenken bearbeiten. Auch seine Füße waren mit starken Riemen gefesselt. Und sie hatten ihn mit einem Lederband um die Taille an einem Baum festgezurrt. Er hatte gut zu tun mit seinen Zähnen, die nicht gerade kräftig waren, und das war der Witz dabei. Ihr habt nie die Zähne eines weißen Trappers gesehen, aber die hatten nicht wie wir Indianer die Angewohnheit, ihre Zähne mit Birkenzweigen sauber zu halten. Sie ließen sie vergammeln. Man konnte so einen Trapper meilenweit riechen, bevor er überhaupt zu sehen war. Sein Atem stank schlimmer als der ganze Rest, und das will schon was heißen. Der Leberfresser hatte auch solche Trapperzähne. Und jetzt versuchte er damit seine Fesseln durchzubeißen. Immer wieder hörten wir ihn fluchen und ausspucken – erst einen Zahn, dann den nächsten. Wir jagten ihm solche Angst ein, dass er kaute, bis nur die nackten Kiefer übrig waren. Der würde nie wieder einen Indianer fressen. Aber wir wollten ihn ganz hilflos machen, dieser junge Schwarzfuß und ich. Er hatte so ein Gebräu von seiner Großmutter, das die Augen zum Schielen brachte. Sobald der Leberfresser schlief und schnarchte, träufelten wir ihm diese Medizin in die Augen. Jetzt konnte er nicht mehr zielen. Er würde Sheriff werden müssen. Wenn die Crow ihn nicht umbrachten jedenfalls. Trotzdem lässt man eine Klapperschlange nicht am Leben, damit sie einen ein zweites Mal beißt, sagte ich zu dem Schwarzfuß. Selbst wenn sie keine Fangzähne mehr hat.
    Ich wünschte, wir müssten ihn nicht den Crow überlassen, sagte der junge Mann.
    Die wollen auch ihren Spaß, sagte ich. Aber falls er entwischt, sollten wir dafür sorgen, dass er keine Waffe mehr abfeuern kann. Wir könnten ihm die Finger abhacken, aber dann würden die Crow sich beschweren, dass wir ein Stück von ihm behalten hätten.
    Es gibt einen Hundertfüßler, wenn der einen beißt, schwellen einem für den Rest des Lebens die Hände an wie Fellhandschuhe, sagte der Schwarzfuß zu mir. Also bauten wir uns kleine Fackeln und zogen los, um so ein Biest zu finden, aber während wir weg waren, brachte der Leberfresser es tatsächlich fertig zu entwischen. Als wir wiederkamen, lagen da nur noch die zerkauten Lederriemen und die abgebrochenen braunen Zähne. Er kam mit dem Leben davon. Dann dachte er sich die Sache mit dem Bein aus, denn wenn er keine gute Geschichte zu erzählen hätte, wer würde da so einem zahnlosen, schielenden alten Knacker glauben?
    Ganz genau, sagte Clemence.
    Awee, diese Sonja werde ich wirklich vermissen, sagte Mooshum und zwinkerte mir zu.
    Was?
    Ach ja, sagte Clemence. Whitey sagt, sie ist abgehauen. Hat sich gestern krank gestellt, und als er nach Hause kam, hatte sie ihren Schrank leergeräumt und einen der Hunde mitgenommen. Sie ist in diesem klapprigen alten Auto los, das er gerade erst wieder in Schuss gebracht hatte.
    Wird sie wiederkommen?, fragte ich.
    Whitey hat gesagt, dass in dem Brief stand, nie mehr. Er hat mit dem anderen Hund im Bett geschlafen, so schlecht ging es ihm. Sie hat geschrieben, er sollte besser mal sein Leben auf die Reihe kriegen. Amen, kann ich da nur sagen.
    Bei der Nachricht wurde mir schwindlig, und ich sagte zu Cappy, wir müssten noch was erledigen. Er sagte für Clemence seinen höflichen, traditionellen Dankesspruch auf, und wir fuhren langsam zusammen auf unseren Fahrrädern weg. Irgendwann kamen wir an die Straße, die, wenn auch erst nach einem sehr weiten Weg, zu dem Galgenbaum führte, wo Sonja und ich die Sparbücher vergraben hatten. An der Abzweigung hielten wir, und ich erzählte Cappy die ganze Geschichte – wie ich die Puppe gefunden und Sonja gezeigt hatte, wie sie mir geholfenhatte, das Geld auf die Sparkonten zu verteilen, wo wir die Sparbücher in der Geldkassette vergraben hatten. Ich erzählte, wie Sonja mich gewarnt hatte, nichts zu verraten, um Cappy nicht in Gefahr zu bringen. Dann erzählte ich auch von Sonjas Diamantohrsteckern und den Echsenlederstiefeln und von der

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