Schöpfung außer Kontrolle: Wie die Technik uns benutzt
Herzlichen Glückwunsch
Als Käufer dieses Buches sind Sie Teil einer Elite, einer kleinen Minderheit außergewöhnlich talentierter Lebewesen. Sie gehören zu einer Spezies, die herausragt unter all den Lebewesen unseres Planeten, vielleicht sogar unter allen Lebewesen des Universums. Sie können sprechen, lesen, schreiben.
Sie haben ein Gehirn, das weit leistungsfähiger ist als alles, was die uns bekannte Natur je hervorgebracht hat. Die Zahl der möglichen Verbindungen zwischen den Neuronen in Ihrem Kopf ist größer als die Zahl der Atome im Universum. Mit diesem Gebilde vollbringen wir wahre Wunder: Wir erschaffen Städte, Kunstwerke, das Internet. Wir fliegen zum Mond und spalten Atome. Wir haben keine natürlichen Feinde mehr, selbst die Krankheiten besiegen wir nach und nach. Wir verändern die Umwelt in so großem Ausmaß, dass wir uns mäßigen müssen in unserer einzigartigen Macht über die Natur.
In der Bibel steht: »Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan.« Wir haben diese Worte befolgt und die Herrschaft über die Erde übernommen. Schließlich sind wir die Quintessenz aus 3,8 Milliarden Jahren Evolution, die kontinuierlich danach gestrebt hat, immer bessere und intelligentere Geschöpfe hervorzubringen.
Wir haben Probleme, ja, aber es sind nicht mehr die Probleme des Überlebens in einer feindlichen Natur, sondern selbstgemachte Schwierigkeiten wie Terrorismus, Überbevölkerung und Umweltzerstörung. Es gibt nur eine Lebensform, die uns noch wirklich gefährlich werden kann: wir selbst.
Wir wissen nicht, ob es irgendwo da draußen im Weltall Wesen gibt, die noch intelligenter, noch mächtiger sind als wir. Aber hier, auf unserem Planeten, sind wir unumstritten die Krone der Schöpfung.
Die obigen Zeilen geben mehr oder weniger die Meinung der meisten Menschen zu ihrer Rolle auf der Erde wieder. Viele würden es vielleicht nicht so drastisch ausdrücken, nicht so arrogant wirken wollen. Aber im Grunde halten wir Menschen uns für etwas Besonderes. Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind, halten uns gegenüber dem Rest der Schöpfung aber eindeutig für überlegen. Schließlich können wir Dinge, die kein Tier kann. Wir haben zum Beispiel die Macht, mit unseren etwa 30000 Atombomben das Leben auf der Erde - einschließlich uns selbst - weitgehend zu zerstören. Könnte es einen besseren Beweis für unsere Überlegenheit geben?
Wir sind nun mal die Krone der Schöpfung, ob wir wollen oder nicht. Wir müssen nur noch lernen, wie wir verantwortungsvoll mit unserer Führungsrolle umgehen. Das ist die »herrschende Meinung«, und vielleicht auch Ihre.
Leider ist sie falsch.
Es ist der Zweck dieses Buches zu zeigen, dass wir nicht die Krone der Schöpfung sind, sondern ihre Diener. Dass die Evolution uns schamlos ausnutzt und unsere großen Gehirne nur dazu da sind, den ewigen Kreislauf der Reproduktion, Mutation und Selektion zu beschleunigen, der allem Leben zugrunde liegt.
Wir werden Argumente dafür diskutieren, dass Städte, Autos und Fernseher nicht gezielt von uns geschaffen wurden, sondern durch denselben Evolutionsprozess entstanden sind, der auch alle Lebewesen einschließlich uns selbst hervorgebracht hat. Dass wir im Grunde nur Vermehrungshelfer für die Dinge sind, die wir herstellen, und dass diese nicht weniger »natürlich« sind als Ameisenhaufen, Tannenzapfen und Viren. Dass es sogar schwerfällt, Städte von Lebewesen abzugrenzen.
Sigmund Freud hat einmal gesagt, alle großen wissenschaftlichen Revolutionen hätten eines gemeinsam: Sie stießen die menschliche Arroganz immer wieder von einem Sockel der kosmischen Selbstsicherheit nach dem anderen. Kopernikus, Galilei, Newton und die modernen Astronomen haben gezeigt, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Universums ist, sondern einen absolut gewöhnlichen Stern in einem unbedeutenden Spiralarm der Milchstraße, einer von etwa einer Billion Galaxien, umkreist. Freud selbst zerstörte die Illusion vom vernünftig handelnden Menschen und machte deutlich, dass das Unbewusste unsere Handlungen viel stärker dirigiert, als wir wahrhaben wollen.
Darwin und die moderne Genetik zeigen uns, dass wir nicht einzigartige, nach Gottes Abbild geschaffene Wesen sind, sondern uns kaum von unseren tierischen Verwandten unterscheiden. Doch erst in jüngerer Zeit, mehr als einhundertfünfzig Jahre nach der Veröffentlichung der »Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl«, werden die
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