Das Haus des Windes
Blechrahmen, und Linda tauchte dahinter auf.
Joe! Hast du mich erschreckt!
Sie betrachtete stirnrunzelnd das Fliegengitter. Rüttelte daran.
Das muss ich reparieren. Komm rein, Joe.
Ihr Hund fing viel zu spät zu bellen an. Er hoppelte von einem Feld unterhalb zu dem Absatz hoch, auf dem das Haus und der Garten lagen. Als er oben angekommen war, keuchte er heftig – ein stummelbeiniger, alter schwarzer Hund mit weißen Haaren im Gesicht.
Lächeln, Buster!, sagte Linda. Er fuhr die Zunge aus, grinste albern und hechelte. Mir fiel ein, dass ich einmal gehört hatte, Hundebesitzer seien ihren Tieren ähnlich. Es stimmte. Linda ließ den Hund mit ins Haus.
Wir sollten vielleicht gar nicht lachen, nach dem, was passiert ist, sagte sie auf dem Weg in die Küche. Setz dich, Joe. Was kann ich dir anbieten? Sie zählte alles auf, was sie hatte. Jedes Getränk und jede mögliche Sandwichkombination. Ich unterbrach sie nicht dabei. Schließlich sagte Linda, sie selbst hätte jetzt am liebsten ein Brot mit Spiegelei und Meerrettich-Mayonnaise,und wenn ich das auch wollte, würde sie uns beiden eins machen. Ich sagte, das klänge prima. Sie sagte, ich könnte mich ein bisschen umsehen, während sie die Eier briet, also ging ich ins Wohnzimmer und bemerkte, wie seltsam geordnet alles war. Bei mir zu Hause war es zwar ordentlich, aber es lagen immer hier und da Zeitungsstapel oder andere interessante Sachen rum. Bücher, die jemand gelesen hatte. Es wurde nicht alles sofort weggeräumt. Manchmal hing eine Jacke über einem Stuhl. Unsere Schuhe standen nicht in Reih und Glied. Lindas Zuhause war extrem aufgeräumt, aber auch auf eine Weise geordnet, die mich verwirrte, bis ich darauf kam. Jeder Gegenstand hatte einen Doppelgänger, wenn auch keinen identischen. Im Bücherregal standen von jedem Autor zwei Bücher, nicht zweimal dasselbe; nur manchmal standen das gebundene Buch und die Taschenbuchausgabe nebeneinander. Es waren größtenteils Historienschnulzen. Dazwischen hatte sie Nippes aufgestellt, auch immer paarweise. Auf den Beistelltischen gab es kleine gläserne Disney-Figuren, die in je zwei Farben im Kreis um zwei kleine Lampen mit selbstaufgeklebten Herbstblättern angeordnet waren. An der Wand hinter dem Fernseher hingen zwei Weidenkörbchen. In beiden war fast dasselbe Arrangement aus getrockneten Gräsern und leeren Samenkapseln. Sie besaß auch ein spitzgiebeliges viktorianisches Puppenhaus, wie es nur Erwachsene hatten. Ich hatte Angst davor reinzuschauen, tat es aber doch, und tatsächlich war jedes Zimmerchen komplett eingerichtet, bis hin zu zahnstocherkleinen Kerzen und zu zwei winzigen Zahnbürsten und Zahnpastatuben im Badezimmer. Mir standen die Haare zu Berge, bevor wir überhaupt angefangen hatten, uns zu unterhalten. Sie rief mich wieder in die Küche, und ich folgte ihr stumm. Wir setzten uns an ihren alten, zerkratzten Holztisch. Immerhin gab es nur einen davon, keinen fast identischen zweiten. Linda hatte ein helles Tischtuch darübergelegt und Teller und Gläser gedeckt. Sie goss uns Eistee ein. Das Brot war knusprig getoastet. Es gab einen Teller zu viel. Ich deutete fragend darauf.
Wofür ist der denn?
Weißt du, Joe, in dieser Schwitzhütte damals hat Doe gesagt, wenn ich nun mal einen Zwillingsgeist hätte, könnte ich mich doch einfach mit ihm arrangieren. Ich habe mein ganzes Haus für zwei eingerichtet, sogar das Puppenhaus. Und bei den Mahlzeiten stelle ich immer einen Extrateller hin und lege ein bisschen von meinem Essen drauf.
Auf dem Teller lag ein Stück Brotkanten.
Geister essen wohl nicht viel?
Der hier nicht, erklärte Linda seelenruhig.
Und plötzlich war es mir alles nur recht. Ich war hungrig, wie man es nach einer Krankheit ist. Heißhungrig, ganz plötzlich.
Linda kaute fröhlich vor sich hin und strahlte erst mich an, dann ihr Sandwich. Sie legte das mit Ei belegte Brot beinahe liebevoll auf ihren Teller und sprach es an.
Ist es eine Sünde, dich zu genießen, während mein eigener Zwillingsbruder tot in der Leichenhalle liegt? Ich weiß es nicht, aber du schmeckst wirklich wunderbar.
Ich schluckte. Mein Sandwich blieb mir im Hals stecken.
Magst du etwas Tee zum Runterspülen?
Sie nahm den Plastikkrug, in dem Zitronenschnitze und Eiswürfel schwammen, und schenkte mir nach.
Ich habe nicht freigenommen, um zu trauern; so weit kennst du mich ja schon, sagte sie. Ich bin aus anderen Gründen daheim geblieben. Ich hatte noch freie Tage übrig, und ich dachte, die
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