Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
Vom Netzwerk:
Sandwiches. Wir aßen Beef Jerky, kleine Salamis, tütenweise Chips und Erdnüsse aus der Dose von der Tankstelle. An einer Raststätte hängten wir uns über den Trinkbrunnen, und das Auto soff ab. Wir mussten es bis zu einer leicht geneigten Stelle schieben, anrollen lassen und reinhechten. Der Motor sprang an, und im Auto erhob sich ein helles, schönes Kriegsgeheul. Zack und Angus schliefen aneinandergelehnt auf der Rückbank ein und begannen zu schnarchen. Cappy und ich redeten und fuhren westwärts in die lange Dämmerung. Die Sonne brannte endlos weiter und balancierte ewig auf dem Horizont, und dann strahlte sie noch unermesslich lange rot hinter der dunklen Linie hervor. Es war, als sei die Zeit stehengeblieben. Wir glitten mühelos durch einen Traum.
    Ich erzählte Cappy von der Akte in der Schreibtischschublade meines Vaters. Ich erzählte ihm alles über das Registrierungsformular. Und über den Gouverneur von South Dakota.
    Daher kam also das Geld, sagte Cappy.
    Garantiert. Sie war eins von diesen schlauen Highschool-Mädchen, die auserwählt werden, den Kaffee reinzutragen. Die in die Zeitung kommen, mit Foto, auf dem der Gouverneur seiner hübschen Indianerin den Arm um die Schulter legt. Das hat LaRose erzählt. Linda wusste auch davon. Dann hat Yeltow sich an sie rangemacht. Und Lark hat dichtgehalten, aber er war eifersüchtig. Er dachte, sie wär sein Eigentum.
    Der Gouverneur hat ihr Geld gegeben, damit sie den Mund hält. Und ein neues Leben anfängt vielleicht?
    Sie hat es zur Sicherheit in der Puppe verstaut.
    Um es vor Lark zu verstecken.
    Ich erzählte Cappy, dass ich ein Kleidungsstück dieser Puppe im Auto gesehen hatte, als es aus dem See gezogen wurde, dass die Puppe wahrscheinlich durch das offene Fenster herausgespült und bis zum anderen Ufer getrieben worden war.
    Aber jetzt, sagte Cappy, jetzt kommt alles raus. Es gibt ja noch die Akte, in der sein Name steht. Warum also nicht? Mayla war doch minderjährig.
    Diesmal erwischt es ihn garantiert, sagte ich.
    Aber Yeltow erwischte es nie.
    Das Schweigen des Windes um uns herum, und das Auto glitt durch die Nacht, am Milk River entlang, wo einst Mooshum gejagt hatte, wo er weiter und weiter nach Westen getrieben worden war, wo Nanapush Büffel gesehen hatte, die bis zum Horizont das Land bedeckten, und im nächsten Jahr keinen einzigen mehr. Und danach hatte Mooshums Familie kehrtgemacht und sich im Reservat niedergelassen. Dort hatte er Nanapush kennengelernt, und sie hatten zusammen das Rundhaus gebaut, die schlafende Frau, die unverwundbare Mutter, die alte Büffelkuh. Sie hatten diesen Ort errichtet, um ihr Volk beisammenzuhaltenund vom Schöpfer Gnade zu erbitten, weil die Gerechtigkeit auf Erden so uneben verteilt war.
    Hinsdale zog vorüber. Der Sleeping Buffalo. Malta. Weit voraus, in Havre, wollten wir Richtung Süden abbiegen. Wir hatten uns die Route an der Tankstelle angesehen.
    Lass uns weiterfahren, sagte Cappy. Ich fühl mich gut. Fahren wir die Nacht durch.
    Machen Sie es so.
    Wir lachten, und Cappy hielt und schaltete in den Leerlauf, während ich vorne um die Kühlerhaube lief, einstieg und weiterfuhr. Die Luft war kühl und grün vor Salbei. Im Scheinwerferkegel leuchteten die Augen von Kojoten auf, die durch die Gräben und die Zäune schlüpften. Cappy rollte meine Jacke zusammen, legte den Kopf darauf, lehnte sich gegen die Scheibe und schlief ein. Ich fuhr, bis ich doch noch müde wurde, und tauschte wieder mit Cappy. Diesmal setzten sich Zack und Angus nach vorn, um ihn wach zu halten. Ich kroch auf die Rückbank. Ich fand eine alte, staubige Pferdedecke. Ich legte mich hin und schnallte mich an, weil das Gurtschloss sich in meine Hüfte bohrte. Als ich so vor mich hin döste und hörte, wie die drei vorne redeten und lachten, hatte ich dasselbe schwebende, friedvolle Gefühl wie im Auto meiner Eltern. Die Jungs reichten mir die Flasche durch, und ich nahm einen tiefen Zug, um schlafen zu können. Ich nickte weg. Ich schlief tief und traumlos, als das Auto von der Straße abkam, flog und rotierte, weit die Türen aufriss und auf einem ungepflügten Feld zur Ruhe kam.
    Ich spürte eine schnelle, gewaltsame Bewegung. Bevor ich ihre Bedeutung begriffen hatte, war alles wieder still. Fast wäre ich wieder eingeschlafen, weil ich dachte, wir hätten angehalten. Aber dann öffnete ich die Augen, um zu sehen, wo wir waren, und es war alles schwarz. Ich rief nach Cappy, und es kam keine Antwort. Von irgendwoher klang es

Weitere Kostenlose Bücher