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Das Haus des Windes

Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich
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schluchzen. Er weinte und weinte um sie. Dann sagte er irgendetwas von Bauarbeiten, und da wusste ich es. Sie war auf der Baustelle, und über ihr türmte sich die Erde. Ich konnte nicht verhindern, dass ein Bildin mir aufstieg. Von uns, wie wir auf unseren Rädern hin und her rasten, und von ihr unterhalb. Ich sprang auf. Ich wusste, wusste es bis ins Mark, dass er Mayla Wolfskin gefunden hatte. Er hatte ihre Leiche gesehen. Wenn wir Lark nicht getötet hätten, wäre er ohnehin lebenslänglich im Gefängnis gelandet. Ich drehte mich um und wollte zur Polizei gehen, doch dann zögerte ich. Ich durfte die Polizei nicht wissen lassen, dass ich so etwas überhaupt dachte. Ich musste ganz von ihrem Bildschirm verschwinden, mich unsichtbar machen, und Cappy auch. Ich durfte es niemandem sagen. Ich wollte nicht einmal selbst wissen, was ich wusste. Am besten sollte ich es vergessen. Und sollte den Rest meines Lebens versuchen, nicht daran zu denken, wie anders alles gekommen wäre, wäre ich nur Buggers Traum gefolgt.
    Ich musste zu Cappy. Nicht um es ihm zu sagen. Ich würde es ihm nie erzählen. Ich würde es niemandem je erzählen. In meinem Innern war, als ich mich auf den Weg zu Cappy machte, eine so tiefe Kluft, dass ich nur noch an Auslöschung denken konnte. Ich musste irgendeine Möglichkeit finden, mich zu betrinken. Dann würde die Welt diesen warmen Bernsteinton annehmen. Dann würde alles bräunlich verwischen wie auf alten Fotos. Dann wäre ich in Sicherheit.
    Zack und Angus waren auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt. Ihre Fahrräder standen da, und Cappys auch, aber sie saßen in dem Auto von Zacks älterem Cousin. Als sie mich kommen sahen, stiegen sie aus und erzählten, dass Cappy zur Post gegangen war, um nachzusehen, ob er einen Brief bekommen hatte.
    Er sollte längst wieder hier sein, sagte Zack.
    Ich ging ihn suchen und fand ihn schließlich hinter dem Postamt, auf einem schrottreifen Stuhl, den die Postangestellten im Sommer für ihre Rauchpausen benutzten. Das Haar hing ihm über das Gesicht. Er rauchte und sah nicht hoch, als ich mich neben ihn stellte, sondern hielt mir stumm ein Blatt Papier hin.
    Sie werden künftig jeglichen Kontakt zu unserer Tochter einzustellen haben. Meine Frau hat die Briefe gefunden, die Zelia vor uns versteckt hat. Ihnen sollte bewusst sein, dass wir im Falle bereit sind, Sie mit allen rechtlichen Mitteln zu verfolgen.
    Zudem wird Zelia von uns bestraft, und zudem werden wir in Kürze unseren Wohnsitz wechseln. Sie haben unserer Tochter die Unschuld geraubt und unser Leben rouiniert.
    Cappys Arme und Beine hingen schlaff und verzweifelt an ihm herab. Sein Gesicht war aschfahl, und sein Kopf war in eine Rauchwolke gehüllt. Ich setzte mich neben ihn auf einen Pappkarton. Es gab absolut nichts zu sagen. Ich stützte meinen Kopf in die Hände.
    Yeah, rief Cappy wild. Fuck yeah! Bestraft?! Wahrscheinlich sperren sie sie bis zum Umzug in den Keller, damit sie nicht zur Post kann. Das Leben rouiniert. Ich soll ihr Leben ruiniert haben? Indem ich ihre Tochter von ganzem Herzen liebe? Sieh mich an, Bruder!, flehte er.
    Ich sah ihn an.
    Sieh her. Er warf sein Haar zurück, tippte sich mit den Fingern an die Brust. Würde ich etwa Zelias Leben ruinieren? Der Schöpfer hat uns füreinander gemacht. Mich hier, Zelia dort. Menschliches Irrsal hat die Entfernung zwischen uns gestellt. Aber unsere Herzen sind dem göttlichen Willen gefolgt. Ja, unsere Körper auch. Na und, verdammt? Was wir gemacht haben, kam alles direkt aus dem Paradies. Der Schöpfer ist voller Güte, Bruder. In seiner unergründlichen Gnade hat er mir Zelia gegeben. Das Geschenk unserer Liebe – das kann ich dem Schöpfer doch nicht einfach vor die Füße werfen, oder?
    Nein.
    Genau das wollen ihre Eltern von mir. Aber das mach ich nicht. Ich werde unsere Liebe nicht vor Gottes Füße werfen. Sie ist für die Ewigkeit gemacht, ob Zelias Eltern das kapieren oder nicht. Sie können uns nicht trennen.
    Okay.
    Yeah, sagte Cappy. Das Haar fiel ihm wieder in die Stirn. Er setzte mit dem glühenden Ende seiner Zigarette den Brief in Brand. Sah zu, wie er Feuer fing, aufflammte und bis dicht an seine Fingerspitzen verkohlte. Er ließ den letzten Schnipsel fallen, und dünne Aschefäden schwebten zu Boden.
    Ich geh nach Hause und hol mein Reisegeld, sagte Cappy. Und betanke Randalls Auto. Ich hole dich dann bei dir zu Hause ab.
    Wo fahren wir hin?
    Ich kann hier nicht einfach rumsitzen, Joe. Ich kann hier nicht bleiben.

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