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Das Herz der Nacht

Das Herz der Nacht

Titel: Das Herz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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näher. »Eine der beiden lässt du frei?«, vergewisserte er sich fast ein wenig ungläubig.
    »Aber nein!« Sie lachte glockenhell auf. »Eine der beiden wird sofort sterben. Wähle! Ich werde das Kind gleich fallen lassen. Du kannst ihm nachstürzen, und vielleicht gelingt es dir, es aufzufangen, bevor sein Körper im Hof unten zerschmettert wird. Während du den Helden spielst, werde ich hier das feine Fräulein zerfetzen und mich an ihrem Blut laben. Du kannst natürlich auch versuchen, mir deine teure Karoline zu entreißen. Vielleicht gelingt es dir, doch um das Kind wäre es dann geschehen.«
    Sie meinte es ernst. Bitterernst. Dieses Wesen kannte keine Gnade, kein Mitleid, keine Liebe. Karoline sah in András’ verzweifelter Miene, dass auch er keine Möglichkeit sah, diesen grausamen Plan zu vereiteln.
    »Nun, bist du so weit? Hast du dich entschieden?«
    Er rückte noch ein Stück näher. Karolines Blick traf den seinen.
    »András, rette mein Kind! Ich flehe dich an. Ich verzeihe dir alles und gebe dir meinen Segen, aber bitte, rette Sophie, bleib bei ihr und sorge für sie!«
    »Nein!«, schrie das Mädchen in Verzweiflung auf.
    In diesem Moment ließ Ileana sie fallen. András hechtete an ihr vorbei und kopfüber durch die Luke hinterher.
    »Mein Kind, ich wünsche dir Gottes Segen und alles Gute auf dieser Welt. András, ich danke dir. Möge deine Seele Erlösung finden.«
    Karoline schloss die Augen. Sie wusste, dass Ileana nicht geblufft hatte.
    András war bewusst, dass Ileana recht hatte. Es lag nicht in seiner Macht, beide zu retten. Sophie oder Karoline. Und seine Schöpferin hatte es tatsächlich geschafft, die schlimmste Strafe für ihn zu finden. Er sah noch einmal in Karolines Augen. Dann schnellte er nach vorn, noch ehe es Ileana gelang, Sophie loszulassen. Die Hand der Vampirin zuckte. Ihre Finger streckten sich. Sophie stieß einen Schrei aus, als sie fühlte, dass sie fiel. Fast gleichzeitig hechtete András ihr nach. Er bekam sie zu fassen, drehte sich in der Luft und zog sie an sich. Sich zu wandeln war keine Zeit.
    Der Aufprall war hart, doch es gelang ihm, sich so abzurollen, dass das Mädchen nicht zu Schaden kam. Sein Körper fühlte sich allerdings an, als habe er sich sämtliche Knochen zerschlagen. András stöhnte. Er stellte Sophie auf die Füße und rappelte sich mühsam auf. Nein, so schlimm stand es nicht um ihn, obwohl drei Rippen und ein Knochen in seinem Arm zu Bruch gegangen waren und er aus etlichen Wunden blutete. Sophie stand noch zu sehr unter Schock, um etwas zu sagen. András erfasste die Lage mit einem Blick. Der ganze Häuserblock stand in Flammen und drohte jeden Moment in sich zusammenzustürzen. Es gab nur einen Weg, das Mädchen aus dieser Hölle herauszubringen. Er hob Sophie auf den Rücken des Rappen.
    »Lauf Satyr, bringt euch und Sophie in Sicherheit!«
    Mit einem Fußtritt brach er das Tor aus den Angeln und schob die Pferde hinaus in die Gasse. Er wies ihnen die Richtung des gesprengten Rathauses, der einzig mögliche Weg aus dem Inferno.
    Und wenn er für die Kutsche zu schmal war? Wenn ihnen Trümmer den Weg versperrten?
    András löste die Verankerung der vier Pferde zur Deichsel. Die Kutsche konnte zurückbleiben. »Und nun lauft!«
    Ohne einen weiteren Blick lief er in den Hof und stürzte zurück in das brennende Treppenhaus bis hinauf auf den Dachboden. Seine Kleider qualmten, als er die Stiege hinaufschoss und mit einem riesigen Sprung mitten auf dem Boden landete. Er wollte es nicht sehen. Und dennoch musste er sie mit seinem Blick suchen.
    Ileana hatte ihre Drohung wahr gemacht! András hatte nicht daran gezweifelt, und doch war da ein Körnchen Hoffnung gewesen, das nun endgültig erlosch. Arme Karoline. Was für eine Verschwendung. Was für ein Verlust für ihn, für Sophie und für die Welt der Musik. Es blieb ihm nicht einmal ein Augenblick, um Abschied zu nehmen. András hatte sich noch nicht einmal aufgerichtet, da griff Ileana an.
    War sie noch schneller geworden und noch stärker? Oder lähmten ihn die Folgen des Sturzes? Vielleicht war es auch die unbändige Wut, die sie antrieb. Sie krallte sich mit ihren zu Klauen gekrümmten Fingern in seinen Arm und seine Schulter, als wollte sie ihm das Fleisch von den Knochen reißen. András warf einen Blick auf Karolines zusammengesackten Körper, dessen Seele längst entflohen war. Ja, sein Zorn konnte es mit dem ihren wohl aufnehmen. Nun hatte Ileana es doch geschafft, ihren teuflischen

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