Das Herz der Puppe
traf. Seit Nina auf der Welt war, mieteten ihre Eltern denselben Sonnenschirm am selben Stückchen Strand, und Nina hatte schon als Baby mit Ricardo, Sara, Federico, Lorenzo, Lisa, Isabella und giacomo gespielt. Auch ihre Eltern verstanden sich mit den anderen Eltern sehr gut. Nur Widu wollte nie mit zum Strand.
»Da ist mir zu viel Sand und Sonne. Und was, wenn ich nass werde? O nein!«, sagte sie und machte sich mit Plums und Wolke schöne Tage in der Ferienwohnung. Den Papagei und das Nilpferd hatte Nina nicht mitgenommen. Dafür hatten sie zu Hause die ganzen Ferien über Ninas Zimmer für sich allein.
Eines Tages kam Nina vom Strand und erzählte Widu von einem Jungen aus Wien, den sie zum ersten Mal getroffen hatte. Widu merkte schnell, dass Nina den Jungen sehr, nein, sogar sehr, sehr mochte. ganz aufgeregt erzählte sie von Flo, wie sie ihn nannte. Als Widu lachte und »ein Floh mit graspopo« sagte, erklärte ihr Nina, dass der Junge in Wirklichkeit Florian heiße und »sehr, sehr nett« sei. Sie merkte gar nicht, dass sie das schon mindestens fünf Mal gesagt hatte.
»Der Koch roch auch noch in der Nacht aus jedem Loch nach Knoblauch.«
Den Zungenbrecher hatte Flo ihr beigebracht, und Nina war stolz, ihn Widu ohne Stolperer vorsagen zu können. Flo hatte eine Menge solcher Sätze auf Lager, aber Widu schien nicht sehr beeindruckt. Sie lächelte nur und sagte: »Das kann ich auch. Du hättest mich nur zu fragen brauchen. gute glut grillt grillgut gut. Rauchlachs mit Lauchreis. Eier von freilaufenden Freiern. Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid.«
Nina lachte. Dann fing sie an zu üben. »Gute glut grillt grill…« Es war gar nicht so einfach, aber Widu war eine gute Lehrerin. geduldig korrigierte sie und lachte nie über Ninas Fehler, sondern mit ihr, denn auch Widu hatte trotz Übung und langer Erfahrung immer wieder einen Stolperer.
Als Nina mit ihren Eltern zu Abend gegessen hatte, wiederholte sie den letzten Zungenbrecher, den ihr Widu beigebracht hatte: »Auf dem Rasen rasen Hasen, atmen rasselnd durch die Nasen«, sagte sie so leise, als spräche sie mit sich selbst.
»Fischers Fritz fischt frische Fische. Frische Fische fischt Fischers Fritz«, sagte ihr Vater, der es trotzdem gehört hatte.
Und die Mutter wusste: »Sieben Riesen niesen, weil Nieselwinde bliesen. Ließen die Winde dieses Nieseln, ließen die Riesen auch das Niesen.«
»Ich kenne noch einen«, sagte der Vater. »Es klapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper klangen.«
»Im dichten Fichtendickicht picken die flinken Finken tüchtig«, antwortete Nina mit dem Zungenbrecher, den Widu angeblich vor fünfzig Jahren in Hamburg gelernt hatte. Dass sie ihn von Widu gelernt hatte, verriet Nina ihren Eltern nicht. Den nächsten Zungenbrecher hatte Widu frisch erfunden, und er war nicht nur schwer – Nina hatte auch ein wenig Angst, ihre Mutter könnte sich darüber ärgern. Er handelte nämlich von Tante Olga und ging so: »Immer, wenn die tüdelige Teetante den Tee in die Kaffeetüte getan hatte, tütete die patente Nichte der Teetante den Tee von der Kaffeetüte in die Teetüte um.«
Tante Olga war wirklich ein bisschen tüdelig, und Ninas Mutter mochte es nicht, wenn man sich darüber lustig machte. Sie verehrte die Tante sehr. Aber über den schönen Zungenbrecher musste sie trotzdem lachen. Erst als sie zu Ende gelacht hatte, hob sie zum Spaß den Zeigefinger und sagte: »Na!« Und gleich darauf fiel ihr selbst noch einer ein. »Den hat eine Schulfreundin gesagt: ›Gibst du dem Opi Opium, bringt Opium den Opi um.‹ Später reichte es, dass sie mir mitten im Unterricht einen Zettel zuschob, auf dem ›Gibst du dem Opi?‹ stand, und ich konnte überhaupt nicht mehr aufhören zu lachen.«
»Wir mussten in Englisch einige tongue twisters auswendig lernen«, erzählte der Vater. »So sagen die Engländer zu Zungenbrechern. Ich habe sie bis heute nicht vergessen. How much wood would a woodchuck chuck if a woodchuck could chuck wood? A woodchuck would chuck as much wood as a woodchuck could chuck if a woodchuck could chuck wood .«
Es war ein lustiger Abend, und wem hatte Nina das zu verdanken: Flo.
Als Nina und Widu im Bett lagen, spürte die Puppe, wie aufgeregt ihre Freundin immer noch war. Sie freute sich schon auf den Morgen, wenn sie Flo wiedersehen würde. Die ganze Zeit redete sie von ihm, wie sehr, sehr nett er sei, ja sogar zu einem Eis habe er sie eingeladen. Und kurz
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