Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
tätschelte Corinne Ruth sogar die Hand. »In der Stadt arbeitet keine Frau, die auf sich hält. Das tun nur die schwarzen Frauen. Überall auf der Welt übrigens. Man heiratet, um versorgt zu sein. Das ist so. Dafür schenkt man seinem Mann Kinder, sorgt für ein schönes Heim und geht mit ihm ins Bett. Das ist der Deal. Und Willem hat seinen Teil der Abmachung nicht eingehalten. Deshalb bin ich die Angeschmierte. Nicht er.«
Ruth schüttelte sich unwillig, als hätte sie jemand mit schmutzigem Wasser bespritzt. Sie öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch Corinne unterbrach sie, bevor sie etwas sagen konnte. »Ich weiß, du willst einwenden, dass es hier draußen viele Frauen gibt – weiße Frauen –, die auf den Farmen mitarbeiten. Diese Frauen aber, meine Liebe, bedauere ich von ganzem Herzen. Sie tun es nicht freiwillig, glaub mir. Sie arbeiten, weil sie es müssen, weil sie Männer haben, die wie Willem ihren Teil des Deals nicht einhalten.«
»Und was ist mit Rose?«
»Ach, unsere Mutter!« Corinne machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich sage es nicht gern, Ruth, aber unsere Mutter ist nicht unbedingt die Hellste. Allerdings kann man ihr daraus keinen Vorwurf machen; sie ist schließlich von zwei schwarzen Frauen erzogen wurden. Genau wie du, übrigens. Sie hatte unzählige Möglichkeiten, als sie noch jung und hübsch war. Die Farmer hätten sich um sie gerissen. Doch was tut sie? Lässt sich von einem schwängern, der zwar reich ist, dafür aber am nächsten Tag auf Nimmerwiedersehen verschwindet! Und damit nicht genug. Eine Zeit später lässt sie sich auch noch von einem Schafscherer beschlafen. Wer soll so eine noch wollen? Mit zwei unehelichen Kindern? Noch dazu mit so einer Herkunft! Nein, Ruth, unsere Mutter hat ihre Chancen samt und sonders vertan. Und zumindest ich habe daraus etwas gelernt: es anders zu machen als sie.«
Ruth saß noch immer mit offenem Mund da, unfähig, ihrer Schwester zu antworten. Die aber sprach schon weiter. »Sie ist wirklich nicht die Hellste. Bei Gott nicht! Selbst jetzt, wo sie Geld hat und sich noch einen Mann suchen könnte, bleibt sie hier auf dieser dreckigen Farm hocken und bestellt sich Haute-Couture-Kleider, deren Labels niemand kennt. Das nenne ich Verschwendung! Und glaube mir, jedes einzelne Pfund, das sie ausgibt, tut mir weh.«
Zweites Kapitel
S eit Rose Salden reich geworden war, hatte sie sich eine Eigenheit angewöhnt: Sie stöhnte, wenn die Dienstboten nicht exakt das taten, was sie sollten. Sie stöhnte, wenn die neuen Vorhänge sich in die falsche Richtung blähten. Sie stöhnte, wenn Ruth beim Essen den Ellbogen auf den Tisch legte. Am meisten aber stöhnte sie, wenn sie an Horatio dachte oder ihm gar über den Weg lief.
Ein Schwarzer in ihrem Haus, der nicht tat, was sie ihm befahl. Ein Schwarzer, der Tag für Tag mit ihr gemeinsam bei Tische saß. Ein Schwarzer, der sich am Abend ungeniert einen Sundowner aus der Hausbar einschenkte. Das war mehr, als Rose Salden verkraften konnte.
»Ich tue immer, was ich tun muss, um zu bekommen, was ich will«, erklärte sie Corinne und betrachtete sie mit einigem Missfallen.
Zu einer Zeit, zu der Rose bereits die gesamte Buchhaltung der Farm erledigt, Einkaufslisten geschrieben und die Vorräte überprüft hatte, saß ihre Tochter im Speisezimmer und frühstückte in aller Ruhe.
»Ich weiß«, erwiderte Corinne, zog ihren ausgeblichenen Bademantel enger um sich und gähnte herzhaft und mit offenem Mund. Rose sah auch dies mit Missfallen.
»Und was willst du dieses Mal, Mutter?«, fragte Corinne.
Rose Salden stöhnte und schloss kurz die Augen. »Liegt das nicht auf der Hand? Es geht um deine Schwester. Und um den Schwarzen, den sie zu lieben glaubt. Horatio. Er muss weg.
Corinne zog die Augenbrauen hoch, doch ehe sie etwas sagen konnte, sprach Rose Salden weiter: »Ja, ja, ich weiß, wir sind ihm zum Dank verpflichtet. Er hat Margaret das Leben gerettet.« Sie nahm eine ältere Ausgabe der Allgemeinen Zeitung zur Hand und hielt ihrer Tochter das Titelblatt vor die Nase. »Da, lies, was dort geschrieben steht.«
Corinne seufzte. »Mutter, ich kenne den Artikel. Ich kann ihn beinahe singen.«
»Lies ihn trotzdem. Offensichtlich hast du alles schon wieder vergessen.«
»Feuer der Wüste« gefunden
Junge Farmerin kämpft um ihre Familie und deckt alte
Verbrechen auf
4. Januar 1960
Ruth Salden, die junge Farmerin auf Salden’s Hill in der Nähe von Gobabis, hat ein Abenteuer der besonderen
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