Das Herz des Drachen
hatte seine Anwesenheit toleriert. Ja, er war derjenige gewesen, der sie gerufen hatte, aber Samuel war einfach ungern in der Nähe anderer Jäger. Sie nahmen immer an, dass man das Gleiche dachte wie sie. Aber was Samuel betraf, war ein Blödmann eben ein Blödmann – und viele von ihnen hatten sich als Blödmänner erwiesen.
Als er die Guerrero Street entlangging, sah er eine Ansammlung von Jugendlichen, die Slogans riefen. Einer von ihnen stand auf einer Milchkiste in der Mitte und hielt eine Rede. Einige der Kids trugen Schilder bei sich, auf denen Sachen wie FRIEDEN und LIEBE STATT WAFFEN standen. Mehr als die Hälfte von ihnen trug Batikshirts, bei deren bloßem Anblick Samuel Kopfschmerzen bekam. Die meisten hätten einen Friseurbesuch nötig – die Frauen eingeschlossen. Einige waren barfuß, einige trugen Sandalen.
Neben einem Lautsprecher saß ein Junge und zupfte an seiner Gitarre, man konnte ihn aber durch die lauten Rufe nicht hören.
Einerseits verstand Samuel die, die nicht nach Südostasien in den Krieg ziehen wollten. Nachdem er in beiden Kriegen, dem Zweiten Weltkrieg und in Korea gedient hatte, wusste er, dass es da einen großen Unterschied gab. Der erste musste ausgefochten werden – letzterer war hauptsächlich eine Entschuldigung dafür, gute Menschen ohne vernünftigen Grund umbringen zu lassen. Vietnam schien nicht viel anders zu sein als Korea. Aber Samuel konnte den Beatles nicht guten Gewissens zustimmen, wenn sie sangen: „Give peace a chance.“
Wenn man das tat, hatte man schon verloren.
Der Feind war nicht der Vietcong und nicht die Chinesen, Sowjets oder Nordkoreaner, verdammt, es waren nicht einmal die Nazis. Der wahre Feind lauerte größtenteils unsichtbar und unerkannt und war viel schlimmer.
Der einzige Weg, den wahren Feind aufzuhalten, war zu kämpfen. Die einzige Alternative war verlieren und sterben. Und Samuel hatte nicht die Absicht, in nächster Zeit zu sterben.
Trotzdem, er konnte den meisten ihre Einstellung zum Krieg nicht übel nehmen, dachte er, als er die Guerrero runter- und auf das Apartment-Gebäude zuging. Wenn man nicht wusste – tatsächlich wusste –, wie die Welt wirklich war, konnte man glauben, dass es vorzuziehen wäre, dem Frieden eine Chance zu geben. Anstelle des Todes in einem weit entfernten Dschungel, der niemandem etwas bedeutete.
Sie hatten trotzdem einen Besuch beim Friseur nötig.
Als er den dritten Stock des Apartment-Gebäudes erreichte, sah er, dass das Tatort-Absperrband immer noch an einer Seite des Türrahmens befestigt war und auf den Boden hing. Es bewegte sich in einer kaum wahrnehmbaren Brise. Wenn man sah, dass der Flur nicht gewischt und die Fenster nicht geputzt worden waren, seit der Zeit, bevor die Japaner Pearl Harbour bombardiert hatten, konnte einen dieser Mangel an Sorgfalt nicht mehr überraschen.
Er wollte gerade an die Tür klopfen, die mit Peace-Stickern und anderen Aufklebern verziert war, als sie sich öffnete und dahinter ein sehr wütendes Gesicht erschien. Eine riesige Nase wurde von winzigen Augen und einem schmalen Mund eingerahmt, der etwas von dem breiten Schnurrbart des Mannes aufgepeppt wurde. Unglücklicherweise war er feuerrot, während seine Haare und Koteletten – die dringend gestutzt werden mussten – dunkelbraun waren. Der Kontrast sah komisch aus und einzig Samuels Erfahrung mit Verkleidungen bestätigte ihm, dass diese Gesichtsbehaarung echt war.
„Was willst du, Mann?“
Samuel erinnerte sich an etwas aus Verlanders Akte und Bartows Bericht und setzte seine beeindruckende Stimme ein.
„Sind Sie Frederick Gorzyk?“
„Wer will das wissen?“
Während Samuel den gefälschten Ausweis hochhielt, sagte er autoritär: „Ich bin Special Agent Jones.“ Eines, was er sehr schnell gelernt hatte, war, dass das FBI sich niemals einfach als „Agent Soundso“ vorstellte. Und sie nannten sich auch nie „ FBI -Agenten“. Das war ein kleines Detail, aber es konnte eine Tarnung vervollständigen oder platzen lassen.
Gorzyk blinzelte, etwas von seinem Ärger verflog.
„Okay.“
Samuel fuhr fort.
„Wenn Sie Frederick Gorzyk sind, habe ich einige Fragen an Sie wegen des Todes von Michael Verlander.“
„Und wenn ich es nicht bin?“
Samuel musste leicht grinsen.
„Dann muss ich Sie wegen unbefugten Betretens verhaften.“
Gorzyk entfuhr ein Geräusch, das an ein explodierendes Rohr erinnerte.
„Das ist kein unerlaubtes Betreten, Mann, ich bin Freddie Gorzyk.“ Samuel fiel auf,
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