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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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wieder um. Zum zwanzigsten Mal seit Sommeranfang wünschte sie sich, sie hätte einen Sonnenschirm mit nach New Orleans gebracht. Die Sonne saugte ihr regelrecht das Leben aus den Knochen, und der Regen, der letzte Nacht gefallen war, machte die Luft nur noch schwerer, aber nicht kühler. Jetzt, da sie den Weg kannte, beschloss sie, eine Abkürzung zu Cleos Haus zu nehmen.
    Der Weg führte sie am Armenfriedhof vorbei. Hier gab es keine Gruften, um die Toten vor Schlamm und stinkendem Wasser zu schützen. Die Toten, die mit Maultierkarren hier abgeliefert wurden, waren nur in ein paar alte Laken gewickelt. Nur wenige konnten sich den Luxus eines hölzernen Sarges leisten, und die Särge schwammen regelrecht in den Gräbern, sobald das Grundwasser stieg. Der Regen hatte den Wasserspiegel noch mehr anschwellen lassen. Die Fliegen über den Särgen und den eingewickelten Leichen summten so laut, dass man sie sogar auf der anderen Straßenseite noch hörte. Josie beschleunigte ihren Schritt und legte sich ein Taschentuch über die Nase, aber sie konnte den Blick nicht von den Männern abwenden, die die Toten von den Maultierkarren in die vorbereiteten Massengräber warfen. Mit jedem Aufprall wurden riesige Ratten aufgescheucht, aber sie kehrten schnell zu ihrem Festmahl zurück.
    Neben dem Massengrab war ein Haufen fleckiger Knochen aufgestapelt: Die Toten früherer Jahre mussten Platz für die frisch Verstorbenen machen. In einem Einzelgrab nahe an dem schmiedeeisernen Zaun des Friedhofs stand ein Mann auf einem Sarg und versuchte, ihn vor und zurück zu rütteln, damit er in dem überschwemmten Grab liegen blieb. Irgendwann gab er auf und schlug mit seiner Spitzhacke ein Loch in den Sargdeckel, damit die Gase entweichen konnten. Josie würgte von dem allgegenwärtigen Gestank und eilte den Rest des Weges an dem verschlammten Friedhof vorbei.
    Als sie Cleos Haus erreichte, hatten der Geruch und die Bilder der Toten ihr allen Mut genommen. Begierig darauf, zu sehen, ob Cleo noch atmete, stürzte sie zur Tür herein und erschreckte Phanor, der sich mit einem Palmblatt Luft zufächelte.
    »Was ist?«, fragte er.
    Josie eilte ins Schlafzimmer und fand dort Bertrand Chamard, der neben dem Bett kniete, einen Arm um Cleos Taille gelegt, den Kopf auf dem Laken neben ihr. Josie erstarrte in der Tür. Phanor trat hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Ist sie tot?«, keuchte Josie.
    »Nein, es ist alles unverändert. Komm jetzt«, gab Phanor zur Antwort.
    Er setzte sich mit ihr auf das gelbe Sofa und hielt ihre Hand fest. »Alles in Ordnung?«
    »Ich habe bloß so einen Schrecken gekriegt«, sagte Josie und wischte sich die Tränen ab. »Wie lange ist er schon da?«
    »Ein Weilchen. Seit er gekommen ist, ist er ihr nicht von der Seite gewichen.«
    Chamard erschien in der Tür, die Augen rot verschwollen, das Gesicht leichenblass. »Wann kommt der Arzt wieder?«, fragte er.
    »Wir haben keinen Arzt geholt«, antwortete Phanor. »Der Mann, mit dem ich gesprochen habe, hat mir gesagt, was zu tun ist.«
    »Phanor hat mir erzählt, dass du meinen Sohn zu dir genommen hast, Josephine«, wandte sich Chamard an sie. »Vielen Dank dafür. Ich gehe jetzt einen Arzt holen.«
    Josie übernahm die Wache an Cleos Bett. Einmal, als sie ihr ein feuchtes Tuch auf die Stirn legte, schlug Cleo die Augen auf. »Josie«, murmelte sie und schloss die Augen dann wieder.
    Nach einer Stunde tauchte Chamard wieder auf, einen Herrn in feinem schwarzem Tuch und mit einem Zylinder auf dem Kopf im Schlepptau. Die Ringe unter den Augen ließen den Arzt müde aussehen, aber seine königliche Haltung versprach wahre medizinische Wunder.
    Er beugte sich über das Bett und zog Cleo ein Augenlid hoch, doch sie wehrte sich dagegen und schrie auf. Chamard hielt ihr die Hände fest. »Ruhig, mein Schatz, das ist der Arzt.«
    Der Mann legte eine Hand auf ihren Nacken, um das Fieber einzuschätzen. Mit einem Fuß schob er die Schüssel mit den Zwiebeln beiseite. »Was für ein Unsinn«, sagte er barsch. »Gibt es hier noch eine Schüssel?«
    Josie holte eine Schüssel aus dem Schrank im Nebenzimmer, und der Arzt platzierte sie unter Cleos Arm, zog ein Messerchen aus der Tasche und wischte es mit seinem Taschentuch ab. Dann klopfte er kurz auf die blaue Vene in der Ellenbeuge und durchschnitt die weiche Haut, bis ein stetiges Rinnsal Blut kam. Die drei Männer und Josie standen wie gebannt dabei und starrten auf das Blut, das in die Schüssel lief. Als er

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