Das Herz Des Winters
durch das Kaleidoskop zu schauen, und sah Elayne von der Seite an. Ein Lächeln ließ ihre überaus vollen Lippen zucken. »Ich muss hierbleiben, zumindest bis ich mit Rand al'Thor gesprochen habe. Falls er jemals kommen sollte.« Das Lächeln wurde einen Augenblick lang schmaler, bevor es wieder erblühte; Rand würde es schwer mit ihr haben. »Und ich werde Renaile und ihre Gefährtinnen für den Moment hier behalten. Eine Hand voll Windsucherinnen mehr oder weniger werden gegen diese Seanchaner keinen großen Unterschied machen, und hier lernen sie vielleicht, sofern es das Licht will, etwas Nützliches.« Renaile schnaubte, gerade laut genug, um gehört zu werden. Zaida runzelte die Stirn und begann, an dem Okular herumzuspielen, das sich auf ihrer Kopfhöhe befand. »In Eurem Palast befinden sich fünf Aes Sedai, Euch mit eingeschlossen«, murmelte sie nachdenklich. »Vielleicht könnten ein paar von Euch unterrichten.« So als wäre ihr diese Idee gerade gekommen. Und wenn dem so war, konnte Elayne beide Meervolk-Frauen mit einer Hand in die Höhe stemmen.
»O ja, das wäre wunderbar«, platzte Merilille heraus und trat einen Schritt vor. Dann warf sie einen Blick auf Renaile und sank in sich zusammen; ihre cairhienische Blässe wurde von einer aufsteigenden Röte verdrängt. Sie faltete erneut die Hände und umgab sich mit Demut wie mit einer zweiten Haut. Birgitte schüttelte erstaunt den Kopf. Dyelin starrte sie an, als hätte sie die Aes Sedai nie zuvor gesehen.
»Das ließe sich vielleicht machen, wenn es dem Licht gefällt«, sagte Elayne vorsichtig. Sich nicht die Schläfen zu massieren kostete Kraft. Sie wünschte sich, die Kopfschmerzen dem unablässigen Gewitterdonner zuschreiben zu können. Nynaeve würde bei dem Vorschlag an die Decke gehen, und Vandene würde einen solchen Befehl vermutlich einfach ignorieren, aber Careane und Sareitha würden es vielleicht machen. »Natürlich nicht mehr als ein paar Stunden am Tag. Wenn sie Zeit haben.« Sie vermied es, Merilille anzublicken.
Selbst Careane und Sareitha würden unter Umständen dagegen aufbegehren, in diese Weinpresse geworfen zu werden.
Zaida legte die Finger der rechten Hand an die Lippen. »Damit erkläre ich mich einverstanden, beim Schein des Lichts.«
Elayne blinzelte. Das war verdächtig; anscheinend hatten sie in den Augen der Herrin der Wogen gerade einen weiteren Vertrag abgeschlossen. Wegen ihrer begrenzten Erfahrung im Umgang mit den Atha'an Miere konnte sie sich glücklich schätzen, wenn sie am Ende ihr Unterhemd behielt. Nun, diesmal würden die Dinge anders laufen. Was hatten eigentlich die Schwestern davon? Ein Handel musste für beide Seiten gewinnbringend sein. Zaida lächelte, als wüsste sie, was Elayne dachte, und fände es amüsant. Als sich eine der Flügeltüren öffnete, war das beinahe eine Erleichterung, denn es gab ihr eine Entschuldigung, sich von der MeervolkFrau abzuwenden.
Reene Harfor schlüpfte mit Ehrerbietung aber ohne jede Unterwürfigkeit in den Raum, und sie knickste so zurückhaltend wie eine Hohe Herrin eines mächtigen Hauses vor ihrer Königin. Ihr grau werdendes Haar war zu einem Knoten gebunden, der wie eine Krone auf ihrem Kopf saß, und sie trug einen scharlachroten Wappenrock über ihrem roten und weißen Gewand; der Kopf des Weißen Löwen von Andor ruhte auf ihrem mächtigen Busen. Die Haushofmeisterin hatte kein Mitspracherecht, wer den Thron besteigen würde, aber sie hatte am Tag von Elaynes Ankunft das formelle Gewand angelegt, so als wäre die Königin bereits inthronisiert worden. Beim Anblick der Atha'an Miere, die sich an ihr vorbeigestohlen hatten, verhärtete sich ihr Gesicht einen Augenblick lang, aber das war auch der einzige Hinweis, dass sie sie beachtete. Für den Moment. Sie würden noch zu ihrem Bedauern erfahren, was es bedeutete, sich die Feindschaft der Haushofmeisterin zuzuziehen.
»Mazrim Taim ist endlich eingetroffen, meine Lady.« Reene schaffte es, dass es wie »meine Königin« klang. »Soll ich ihm sagen, dass er warten soll?«
Das hat ja lange genug gedauert, dachte Elayne gereizt. Sie hatte den Mann vor zwei Tagen zu sich bestellt! »Ja, Frau Harfor. Gebt ihm Wein. Den drittbesten. Teilt ihm mit, dass ich mich so bald wie möglich um ihn ...«
Taim eilte in den Raum, als gehöre ihm der ganze Palast. Es war nicht nötig, dass er vorgestellt wurde. Blaue und goldene Drachen wanden sich von den Ellbogen bis zu den Manschetten um die Ärmel seines schwarzen
Weitere Kostenlose Bücher