Das Herz Des Winters
Anders Herrschaft zu etablieren, nicht den Mann aus der Reserve zu locken. Schnell führte sie eine Novizinnenübung durch - der durch das Ufer im Zaum gehaltene Fluss - und suchte nach innerer Ruhe. Es funktionierte, zumindest ansatzweise. Jetzt wollte sie ihm nur noch alle Weinbecher an den Kopf werfen. »Ich will Euch Eure Eskorte zugestehen, aber es wird nichts verborgen bleiben. Ich werde nicht zulassen, dass durch Eure Geheimnisse Verbrechen vertuscht werden. Haben wir uns verstanden?«
Taims Verbeugung war spöttisch - spöttisch! -, aber sein Tonfall war angespannt. »Ich habe Euch genau verstanden. Doch Ihr müsst auch mich verstehen. Meine Männer sind keine Bauern, die den Kopf senken, wenn Ihr vorbeischreitet. Übt zu viel Druck auf einen Asha'man aus, und unter Umständen erfahrt Ihr, wie mächtig Euer Gesetz in Wirklichkeit ist.«
Elayne öffnete den Mund, um ihm zu sagen, wie mächtig das Gesetz in Andor tatsächlich war.
»Es ist Zeit, Elayne Trakand«, sagte eine Frauenstimme von der Tür aus.
»Blut und Asche!«, murmelte Dyelin. »Kommt denn die ganze Welt einfach so hier herein?«
Elayne erkannte die neue Stimme. Sie hatte diese Aufforderung erwartet, nur nicht gewusst, wann genau sie kommen würde. Aber sie wusste, dass sie ihr auf der Stelle folgen musste. Sie erhob sich und wünschte sich, sie hätte noch etwas mehr Zeit gehabt, Taim die Dinge klarer zu machen. Er bedachte sowohl die Frau, die gerade eingetreten war, wie auch Elayne mit einem Stirnrunzeln, offensichtlich unsicher, was hier vorging. Gut. Sollte er im eigenen Saft schmoren, bis sie die Zeit hatte, ihm in aller Ausführlichkeit deutlich zu machen, welche Sonderrechte die Asha'man in Andor hatten.
Nadere war so groß wie die beiden Männer, die an der Tür standen, und beinahe so untersetzt wie die stämmigste Aiel, die Elayne gesehen hatte. Ihre grünen Augen blickten das vor ihr stehende Paar einen Moment lang forschend an, bevor sie es als unwichtig einstufte. Asha'man konnten Weise Frauen nicht beeindrucken. Das konnte nur wenig. Sie richtete mit klirrenden Armreifen ihre schwarze, auf den Schultern liegende Stola, ging zu Elayne und drehte Taim den Rücken zu. Trotz der Kälte trug sie lediglich die Stola über der dünnen weißen Bluse, obwohl sie seltsamerweise einen schweren Wollumhang über den Arm gelegt hatte. »Ihr müsst jetzt mitkommen«, sagte sie zu Elayne, »sofort.« Taims Stirn umwölkte sich; zweifellos war er es nicht gewohnt, so gründlich ignoriert zu werden.
»Licht des Himmels!«, seufzte Dyelin und massierte sich die Schläfen. »Ich weiß nicht, was das soll, Nadere, aber es wird warten müssen ... «
Elayne legte ihr die Hand auf den Arm. »Ihr wisst es nicht, Dyelin, und es kann nicht warten. Nadere, ich werde jeden wegschicken und Euch begleiten.«
Die Weise Frau schüttelte missbilligend den Kopf. »Ein Kind kurz vor der Geburt kann sich nicht die Zeit nehmen, Leute wegzuschicken.« Sie entfaltete den dicken Umhang. »Ich habe den hier mitgebracht, um Eure Haut vor der Kälte zu schützen. Vielleicht sollte ich ihn hier lassen und Aviendha sagen, dass Eure Sittsamkeit größer ist als Euer Verlangen nach einer Schwester.« Dyelin keuchte in plötzlichem Begreifen auf. Der Behüterbund zitterte vor Birgittes Wut.
Ihr blieb nur eine Möglichkeit. Und selbst diese Wahl war eigentlich keine. Sie ließ die Verknüpfung mit den beiden anderen Frauen und Saidar los. Der Schein um Renaile und Merilille blieb jedoch bestehen. »Seid Ihr so nett und helft mir mit den Knöpfen, Dyelin?« Elayne war stolz, wie beherrscht ihre Stimme klang. Sie hatte das erwartet. Nur nicht mit so vielen Zeugen*., dachte sie flüchtig. Sie wandte Taim den Rücken zu - so würde sie wenigstens nicht zusehen müssen, wie er sie beobachtete! - und begann mit den winzigen Ärmelknöpfen. »Dyelin, wärt Ihr so freundlich? Dyelin?«
Einen Augenblick später setzte sich Dyelin wie eine Schlafwandlerin in Bewegung und begann an den Knöpfen auf Elaynes Rücken herumzufummeln, während sie kopfschüttelnd etwas vor sich hinmurmelte. Einer der Asha'man an der Tür kicherte.
»Umdrehen!«, fauchte Taim und an der Tür stampften Stiefel auf.
Elayne wusste nicht, ob er sich auch umgedreht hatte - sie war fest davon überzeugt, seine Blicke auf ihrem Körper zu spüren -, aber plötzlich war Birgitte da und Merilille und Reene und Zaida, und sogar Renaile, und sie standen Schulter an Schulter und bildeten stirnrunzelnd eine Mauer
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