Das Herz Des Winters
Saerin, ohne die anderen auch nur zu beachten. »Hört auf zu schmollen, Yukiri, und macht Euch bereit.«
Die Graue schenkte ihr einen wütenden Blick, aber als Doesine ihr Netz aus Macht auflöste und sich Talenes blaue Augen flatternd öffneten, wurde Yukiri vom glänzenden Schein Saidars umhüllt, und sie schirmte die auf dem Thron liegende Frau wortlos ab. Saerin gab hier die Befehle, und jeder wusste das, und damit war die Angelegenheit erledigt. Ein wirklich spitzer Dorn.
Eine Abschirmung schien kaum nötig zu sein. Talenes Gesicht war eine vor Entsetzen verzerrte Fratze; sie keuchte und zitterte, als wäre sie zehn Meilen so schnell gelaufen, wie sie nur konnte. Sie sank noch immer in die weiche Oberfläche ein, aber ohne Doesines Wirken der Einen Macht passte sie sich ihr nicht mehr an. Talene starrte mit hervorquellenden Augen zur Decke, dann kniff sie sie zu. Und riss sie sofort wieder auf. Egal, welche Erinnerungen hinter ihren Lidern lagen, sie wollte sich ihnen auf keinen Fall stellen.
Pevara rauschte mit zwei Schritten zum Thron und stieß der aufgewühlten Frau den Eidstab entgegen. »Talene, entsagt allen Eiden, die Euch binden, und legt die Drei Eide erneut ab«, sagte sie grob. Talene wich vor dem Eidstab zurück wie vor einer giftigen Schlange, dann zuckte sie in die andere Richtung, als sich Saerin über sie beugte.
»Das nächste Mal ist es der Kessel. Oder die sanften Liebkosungen des Myrddraals.« Saerins Miene war unerbittlich, aber ihr Tonfall ließ sie vergleichsweise mitfühlend erscheinen. »Vorher werdet Ihr nicht erwachen. Und wenn das nicht reicht, wird es wieder geschehen, und dann noch einmal, so oft es nötig ist, und wenn wir bis zum Sommer hier unten bleiben müssen.« Doesine öffnete den Mund, um zu protestieren, bevor sie sich auf eine Grimasse beschränkte. Sie allein war imstande, den Thron zu bedienen, aber in dieser Gruppe nahm sie den gleichen niedrigen Rang wie Seaine ein.
Talene starrte noch immer zu Saerin hoch. Ihre großen Augen füllten sich mit Tränen und sie fing an, in tiefen, hoffnungslosen Schluchzern zu weinen. Blindlings streckte sie die Hand aus und tastete umher, bis ihr Pevara den Eidstab entgegenhielt. Pevara umarmte die Quelle und lenkte einen Strang Geist in den Stab. Talene umfasste den Zylinder, der die Dicke eines Handgelenks aufwies, so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, blieb aber schluchzend liegen.
Saerin richtete sich auf. »Doesine, ich fürchte, es ist Zeit, sie wieder schlafen zu legen.«
Talenes Tränen flössen noch schneller, aber sie fing an zu murmeln. »Ich ... entsage allen Eiden ... die mich binden.« Mit dem letzten Wort fing sie an zu schreien.
Seaine zuckte zusammen, dann schluckte sie schwer. Sie hatte den Schmerz, nur einem einzigen Eid zu entsagen, persönlich erlebt und sich gefragt, wie es wohl sein musste, auf einmal mehr als nur einem zu entsagen, aber jetzt konnte sie es mit eigenen Augen sehen. Talene schrie, bis sie keine Luft mehr hatte, dann holte sie tief Atem, um erneut zu schreien, bis Seaine damit rechnete, dass Leute aus der Burg nach unten gestürzt kamen. Die hoch gewachsene Grüne wurde von Krämpfen geschüttelt, ihre Arme und Beine zuckten, dann bog sich plötzlich ihr ganzer Körper durch, bis nur noch Kopf und Fersen die graue Oberfläche berührten. Jeder Muskel war angespannt, ihr ganzer Leib eine einzige Verkrampfung.
So unvermittelt Talene von dem Krampf überfallen worden war, so abrupt sackte sie in sich zusammen, als hätte sie keine Knochen mehr, und blieb weinend wie ein kleines Kind liegen. Der Eidstab rollte aus ihrer schlaffen Hand auf die schräge graue Oberfläche des Throns. Yukiri murmelte etwas, das nach einem andächtigen Gebet klang. Doesine flüsterte mit zitternder Stimme ununterbrochen »Licht! Licht! Licht!«
Pevara hob den Stab auf und schloss Talenes Finger erneut darum. Seaines Freundin kannte keine Gnade, nicht bei einer solchen Angelegenheit. »Jetzt schwört die Drei Eide!«, forderte sie unnachgiebig.
Einen Augenblick lang hatte es den Anschein, als würde sich Talene weigern, dann wiederholte sie langsam die Eide, die sie alle zu Aes Sedai machten und zusammenhielten. Niemals ein Wort zu sprechen, das nicht wahr ist. Niemals eine Waffe herzustellen, mit der ein Mensch seinen nächsten töten kann. Niemals die Eine Macht als Waffe zu benutzen, es sei denn zur Selbstverteidigung oder um das Leben ihres Behüters oder einer anderen Schwester zu schützen. Am
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