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Das Herz des Wolfes (German Edition)

Das Herz des Wolfes (German Edition)

Titel: Das Herz des Wolfes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Harrison
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gehalten hatte, musste sie jetzt ziemlich aufgeschreckt sein.
    Er überlegte. War es möglich, dass sie den Mord beobachtet hatte? Oder sogar daran beteiligt war? In den Akten der Polizei von Jacksonville wurde nichts von einem möglichen Partner erwähnt. Hatten sie etwas übersehen, oder könnte das eine neuere Entwicklung sein? Würde ein derart auf Rituale versessener Mörder seine Methode so drastisch ändern?
    Nein, er wollte die ganze Sache viel zu kompliziert machen. Wäre die Frau aktiv an der Tat beteiligt gewesen, hätte sie Handschuhe getragen und ihren typischen Eigengeruch überdeckt, und wahrscheinlich wäre sie zusammen mit dem Mörder verschwunden. Wenn sie den Mord beobachtet hätte, wäre ihr vor Riehls Ankunft reichlich Zeit geblieben, den Tatort zu verlassen. Und was müsste das für eine Person sein, die fähig war, stumm und reglos mit anzusehen, wie jemand mit solcher Präzision ermordet wurde? Riehls ohnehin düstere Stimmung wurde noch finsterer.
    Während er die Straße beobachtete, griff er nach seinem Handy und drückte die Schnellwahltaste.
    Bayne meldete sich. »Ja.«
    »Er hat sie erwischt«, sagte Riehl. »Es ist unser Mann, und die Leiche ist noch warm. Kann noch nicht länger als eine oder anderthalb Stunden tot sein.« Er hörte den Wächter fluchen.
    »Was meinst du, ist es der Jacksonville-Mörder oder ein Trittbrettfahrer?«, fragte Bayne.
    »Wenn ich raten soll, würde ich sagen, es ist der Jacksonville-Mörder. Du musst dir selbst ein Bild von der akribischen Metzgerarbeit machen, die er hier geleistet hat. Ein solcher Typ könnte durchaus die Selbstbeherrschung aufbringen, sieben Jahre zu warten, wenn dieses Warten eine besondere Bedeutung für ihn hat.« Er gab Bayne die Adresse und sagte dann: »Hör zu, ich muss los. Ich verfolge eine potenzielle Zeugin.«
    »Ich komme selbst zum Tatort. Ruf mich an, wenn du kannst«, sagte Bayne. Ohne sich zu verabschieden, legte der Wächter auf.
    Riehl wollte sein Handy gerade wieder einstecken, als sich die Tür des Apartmenthauses öffnete und eine Frau heraustrat.
    Er erstarrte. Alles an ihm erstarrte. Körper, Geist und Seele. Die Welt kippte aus ihrer Achse und nordete sich neu ein.
    Obwohl der Oberkörper der Frau von einem halblangen Wollmantel verhüllt wurde, war deutlich zu erkennen, dass sie eine schlanke, elegante Figur hatte. Auf ihrem Kopf wuchs eine Fülle dunkelbrauner Korkenzieherlocken mit goldenen Spitzen. Sie trug gerade geschnittene Jeans, Stiefel und eine Drahtgestell-Brille, und ihr Teint hatte die satte, warme Farbe von heißer Schokolade mit Sahne. Ihre Haltung zeigte die gespannte Zerbrechlichkeit von jemandem, der unter schwerem Schock stand. Auf dem Gehweg angekommen, hielt sie inne und sah sich auf der Straße um, während sie mit ihrer schmalen, feingliedrigen Hand abwehrend den hochgestellten Mantelkragen zusammenhielt.
    Sie war es. Die Frau aus der Wohnung. Das wusste er, auch ohne ihre Witterung aufzunehmen. Noch immer lagen Entsetzen und Trauer in ihren Augen.
    Ein anderes Wissen nistete sich tief in ihm ein, eine ungewohnte, tiefe Gewissheit, dass eine undefinierte, unwiderrufliche Veränderung mit ihm vorgegangen war, die er nicht verstand und die zu erkunden ihm keine Zeit blieb. Die Frau wandte sich ab und ging auf die nächste U-Bahn-Station zu. Riehl stürmte aus der Tür des Feinkostgeschäfts und überquerte die Straße, seine ganze Aufmerksamkeit laserscharf auf ihre Gestalt geheftet, die sich von ihm entfernte.
    Automatisch schlugen Alice’ Füße den Weg ein, den sie normalerweise nach einem Besuch bei Haley nach Hause nahm – zur U-Bahn-Station Bedford Avenue. Erst war Peter ermordet worden, dann hatten sie gestern erfahren, dass David vermisst wurde, und jetzt war Haley tot.
    David war ebenfalls tot. Das wusste sie, auch wenn die Polizei noch kein Wort darüber veröffentlicht hatte. In drei Tagen hatte sie drei Freunde verloren.
    Auf der Straße war nichts Gefährliches zu entdecken, doch der warme, sinnliche Geruch des Monsters hing noch immer in der kalten, feuchten Luft. Alice konnte nicht aufhören zu zittern. Das Bild von Haleys armem, misshandeltem Körper hatte sich in ihre Gedanken eingebrannt. Was sollte sie jetzt tun? Ach ja, 9–1–1 anrufen.
    Während sie in der Tasche nach ihrem Handy kramte, sah sie sich hastig um und warf einen Blick über die Schulter.
    Ein Mann in schwarzen Jeans und einer abgewetzten Lederjacke überquerte die Straße. Er war riesig, groß wie ein Baum

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