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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rexanne Becnel
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nervenzerreißend langsamen Schritt gehen ließ; Diebe konnten ihr im Wald auflauern und sie überfallen, obwohl auch das un wahrscheinlich erschien, denn noch nicht einmal Straßenräu ber waren in solch einer Nacht unterwegs.
    Sie wollte nicht über die Möglichkeit nachdenken, dass sie William vielleicht gar nicht fand, oder über Corbetts Zorn, wenn er von ihrem Ausflug erfuhr. Sie wollte einfach nur William finden und die Dinge mit ihm regeln. Dann würde sie ihre Situation mit Corbett bereinigen.
    Nur ihre Entschlossenheit ließ sie in der kalten, düsteren Nacht weiter voranreiten. Anhand der Wegkurven erkannte sie, dass sie sich dem Fluss und dann dem Grenzstein näherte. Die Kreuzung war jetzt nicht mehr weit.
    Sie hielt Aere an einem schnellen Schritt an, während sie in die Dunkelheit hinausspähte. Dann hörte sie einen Schrei. Sofort brachte sie Aere zum Stehen. War es nur ein Raubvo gel gewesen oder vielleicht ein Kaninchen, das sich in seinen tödlichen Fängen befand? Sie lauschte angestrengt und hielt den Atem an. Dann erklang es erneut, und sie war sicher. Es war ein Kind, ein Baby, das vor Furcht oder Kälte schrie. Plötzlich war sie aufs neue belebt und drängte Aere voran.
    »William! William, bitte warte auf mich! Ich bin es, Lillia ne!«
    Als er ihr antwortete, machte Lillianes Herz vor Erleichte rung einen Satz. Sie folgte der Richtung, aus der seine Stim me kam, und lenkte die Stute vorsic h tig von der Straße her unter. Sie konnte niemanden sehen; kaum konnte sie den aufrechten Schatten eines alten Eibenbaumes erkennen, als William sie ansprach.
    »Bleib stehen, Lilliane. Steig ab.« Er hielt inne. »Ich denke doch, dass du allein gekommen bist, wie ich es dir befohlen habe?«
    »O ja, natürlich. Ich bin allein. Aber wie geht es Elyse? Ich habe sie schreien gehört.«
    Wie aufs Stichwort wimmerte das Baby, und Lilliane eilte sogleich dem Geräusch nach. Aber William stellte sich ihr in den Weg und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Ich wusste, dass du kommen würdest«, murmelte er. Es folgte ei ne Umarmung, die sie geradezu erstickte.
    »Bitte, William, lass mich doch zu Atem kommen«, mur melte Lilliane, als sie sich aus seinem unang e nehmen Griff zu befreien suchte. Sie war müde und wütend und ängstigte sich fast zu Tode. Mit einem Ruck ihres Armes hatte sie sich schließlich befreit und trat einen Schritt zurück, um ihn zu betrachten.
    »Vergib mir meine Begierde, meine Geliebte«, begann er und ging erneut auf sie zu, obwohl sie weiter zurückwich. »Ich habe nur schon so lange von diesem Tag geträumt.«
    Lillianes erste Eingebung war, ihm wegen seiner törichten Ideen und seiner selbstsüchtigen Han d lungsweise, die das Wohlergehen der kleinen Elyse völlig außer acht ließ, eine Ohrfeige zu versetzen. Aber irgend etwas warnte sie – viel leicht der Klang seiner Stimme, vielleicht nur ihr Selbsterhal tungstrieb –, vorsichtig mit ihm umzugehen. Ihr Ziel bestand darin, Elyse in Sicherheit zu bringen, rief sie sich ins Gedächtnis. Um das zu tun, musste sie William überzeugen und nicht mit ihm zanken.
    »Ich… ich weiß, dass du gewartet hast«, flüsterte Lilliane äußerst zögernd. »Aber wir müssen zuerst für deine Tochter sorgen. Vielleicht ist ihr kalt. Mö g licherweise hat sie auch Hunger. Hast du Windeln zum Wechseln dabei?«
    »Windeln zum Wechseln?« William wandte den Kopf in die Ric h tung, aus der Elyses Schrei ertönte. »Harold? Haben wir Windeln dabei?«
    Lilliane war erschrocken bei diesem ersten Anze i chen dafür, dass William nicht allein war. Das konnte ihr ihre Aufga be noch zusätzlich erschweren.
    Ein bulliger Kerl kam vor, in der Hand einen großen Korb, in dem das schreiende Kind lag. Sofort kniete Lilliane nieder und hob Elyse vorsichtig aus den Decken heraus. Sie sagte nichts, während sie rasch das durchnässte Leinen ent fernte und dem Kind neue Tücher anlegte. Dann verstaute sie sie sorgfältig in dem schützenden Weidenkörbchen zwischen den warmen Wolldecken.
    Lillianes Verstand arbeitete schnell, während sie für das Kind sorgte. Sie versuchte, sich einen Plan zurechtzulegen. Als sie jetzt zu William hinaufsah, bemerkte sie, dass zwei Männer neben ihm standen. Ihre Gestalten waren nun, da die Wolkendecke aufriss und der Mond schwach durch den Nebel schien, besser erkennbar.
    »Ich glaube, dass sie bereits krank ist«, log Lilliane. »Sie ist viel zu jung, um in solch einer Witterung draußen sein zu dürfen. Wenn man sie nicht

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