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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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und öffnete es nicht ohne Schwierigkeiten. »Es ist von Phayallos verfasst. Er hat eine Menge über die Götter geschrieben ...« Mit zusammengekniffenen Augen blätterte Kettelsmit. »Ah, hier.« Er räusperte sich. »...
Und diese Göttinnen und Halbgöttinnen, insbesondere Lisiya von der Silbernen Lichtung und ihre Schwestern, wurden gemeinhin die Mägde Zoriens genannt und sorgten dafür, dass in der Welt ausgeführt würde, was die Blume der Morgenröte wünschte — dass die Getreuen Zoriens belohnt und die Pläne ihrer Feinde vereitelt würden.«
Er klappte das Buch zu und verdarb seinen großen Moment ein wenig, indem er es fallen ließ.
    »Meister Matty ist betrunken!«, rief Finn Teodorus lachend. »Zeit, ihn nach Hause zu bringen.«
    Während Finn und Kettelsmit Kennit auf die Beine hievten, konnte Briony es sich nicht verkneifen, den jungen Poeten zu fragen: »Und werdet Ihr jetzt Euer Gedicht weiterschreiben?«
    »O ja«, sagte er mit leuchtenden Augen. »Ich habe so viele Ideen — es wird das Beste, was ich je geschrieben habe! Ich war sehr unglücklich wegen ... wegen einer Frau ... aber jetzt weiß ich, warum. Es war mir bestimmt, dies hier zu tun!«
    Er schwadronierte immer noch, als Vansen die drei zur Tür hinausbrachte. »Hilf ihnen auf der Treppe?«, rief er einem Pagen zu. »Wir wollen ja nicht, dass sich die Gäste der Prinzessin den Hals brechen. Und weise den Kutscher an, sie in ihr Gasthaus zurückzubringen.«
    »O Götter«, stöhnte Kennit, der gerade zu sich kam. »Nicht in den Wilden Sauschwanz! Lieber schlafe ich in der Gosse.«
    Ferras Vansen kam leicht schwankend zurück und umschlang Briony. Sie küsste ihn, war aber in Gedanken, das merkte er. »Worüber hast du mit diesem Tropf von einem Dichter geredet?«
    »Über die Götter«, sagte sie. »Und ob das Erdenleben nur eine Art Theaterspiel ist oder nicht.«
    »Da bin ich ja froh, dass ich es verpasst habe«, sagte er. »Für solche Dinge war ich nie geistvoll genug. Jetzt komm ins Bett, meine schöne Briony, und lass dich ein Weilchen von mir lieben, ehe wir beide wieder in die Kostüme schlüpfen und unsere Rollen spielen müssen.«

54

Immergrün
    »... Und das ist das Ende meiner Geschichte vom Waisenknaben, niedergeschrieben zur Belehrung und Erbauung Seiner Hoheit und aller anderen jungen Menschen, die sie lesen werden.«
    Der Waisenknabe, sein Leben und Sterben und himmlischer Lohn — ein Buch für Kinder

— verfasst von Matthias Kettelsmit als Präsent für Seine Königliche Hoheit, Prinz Olin Alessandros, zum ersten Geburtstag.
    Die Sonne ging auf, hell und wesentlich wärmer als am Vortag. Barrick roch den aufsteigenden Saft in den Tannen und Kiefern, die träge Süße, die in ihren Adern floss wie die Feuerblume in seinen. Die Qar waren die Nacht durchmarschiert, aber langsam: Jetzt, da Saqri gestorben war, bestand kein Grund, schneller zu gehen, als es den vielen Verwundeten ohne allzu große Strapazen möglich war.
    Herzog Kaske von den Erbarmungslosen überbrachte die Meldungen der Kundschafter: Die Straße vor ihnen war einige Meilen weit leer. »Aber dann kommen mehrere Sterblichendörfer und danach eine befestigte Stadt mit Türmen«, sagte Kaske. Seine mandelförmigen Augen waren außen ganz leicht hochgezogen; das hieß, wie Barrick wusste, dass der leichenblasse Qar mit starken Gefühlen kämpfte. »Unter Yasammez' Führung sind wir nicht hier durchgezogen. Auf die sind wir noch nicht getroffen.«
    Barrick nickte. Er beugte sich vor, um den Hals seines Pferds zu tätscheln, und zog dann die Zügel an; das schwarze Streitross blieb nervös tänzelnd stehen. Selbst die Pferde mochten diese Lande nicht, sehnten sich nach den dunklen heimatlichen Wiesen. »Hier anhalten!«, rief er und wiederholte es dann ohne gesprochene Worte. Die Kolonne hinter ihm verlangsamte sich und zerfiel in kleinere Scharen; Pferde und andere Reittiere wurden zum Tränken den kurzen Abhang hinabgebracht, ein paar Wandelbare schlossen sich in vierfüßiger Gestalt an, was die übrigen Tiere unruhig machte. »Keine Sorge, Kaske, wir werden sie umgehen. Daran ist nichts Unehrenhaftes.«
    Doch der Erbarmungslose, ein furchterregender und furchtloser Krieger, war immer noch aufgewühlt. »Aber Ihr kennt doch diese Sterblichen. Hier können wir sie meiden, aber eines Tages werden sie in unser Land kommen. Jetzt, da Yasammez tot ist, wird der Mantel verschwinden. Wie sollen wir sie fernhalten?« Seine Gesichtshaut spannte sich kaum merklich.

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