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Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dieser späten Stunde mit zwei Krügen billigen Weins hier hereinspazieren?«
    »Bis wir beide Krüge geleert haben, wird hier schon jemand auf den Knien liegen«, sagte Kennit, »aber ich habe den Verdacht, es wird der junge Kettelsmit sein.«
    »Und das«, sagte Briony, »ist Ferras Vansen, Hauptmann der königlichen Garde und demnächst Konnetabel von Südmark. Er vor allem war es, der diese Burg und meinen Thron gerettet hat.« Sie befahl einem ihrer Pagen, Becher zu holen, und winkte dann Nevin Kennit heran. »Jetzt bringt diesen Krug hierher, dann erzähle ich euch
alles.«
    Vansen betrachtete seine Geliebte mit wachsendem Entsetzen. »Hoheit ...«
    »Ihr werdet auch mittrinken, Hauptmann. Fetter ist heute Nacht der diensthabende Wachoffizier, Ihr habt frei. Das hier sind meine Freunde, und so jung kommen wir nicht mehr zusammen.« Sie nahm dem Pagen einen Becher ab. »Hier — schenkt ein! Und meinem Hauptmann auch. Wusstet ihr schon, dass er mein Geliebter ist?«
    »Prinzessin!«
    »War nicht so schwer zu erraten, so wie Ihr immer seine Hand haltet«, sagte Finn Teodorus grinsend. »Vor dem zahlenden Publikum seid Ihr hoffentlich diskreter.«
    »Ja. Aber ihr seid meine einzigen Freunde, und ich bin die Geheimnisse leid.« Sie trank ihren Wein in einem Zug aus und streckte dann den Becher wieder hin. »Noch ein paar von der Sorte, und ich werde anfangen, Zorias Text zu deklamieren.« Sie lächelte Kettelsmit an, der immer noch ein bisschen ängstlich dreinsah. »Ich meine nichts Blasphemisches«, sagte sie. »Teodorus hat ihn für ein Stück geschrieben, und ich habe die Göttin gespielt.«
    »Und sie war verdammt gut«, sagte Finn Teodorus voller Wärme.
    »Und so keusch wie die alte Zoria selbst«, grummelte Kennit. »Ich konnte noch so oft versuchen ...« Er mimte den Erschrockenen. »Warum steht dieser Gardehauptmann so dicht bei mir? Und warum guckt er, als ob er mich verprügeln wollte?«
    »Wenn Ihr auf diese braven Leute eifersüchtig seid, Hauptmann, habt Ihr noch nicht genug Wein getrunken«, sagte Briony und wandte sich Vansen zu, um ihn auf die Wange zu küssen. »Ich liebe dich«, flüsterte sie und sagte dann wesentlich lauter: »Schenkt diesem Mann den Becher wieder voll!«
    Vansen und Finn Teodorus waren tief in einer etwas beschwipsten Diskussion über die Qar, wobei Vansen hauptsächlich auf persönliche Erfahrung, Teodorus vor allem auf angelesenes Wissen zurückgriff. Nevin Kennit war, sei es aus Enttäuschung über den Mangel an verfügbarer weiblicher Gesellschaft oder einfach infolge des vielen Weins, zwischen ihnen eingeschlafen, sodass sie sich beide vorbeugen und um seinen nickenden bärtigen Kopf herum sprechen mussten.
    »... Aber Phayallos sagt, wenn die Götter auf Erden wandeln, können sie jede Gestalt annehmen, warum hat dann Zosim, wenn er es wirklich war, nicht einfach die Gestalt eines Vogels oder eines flammenden Pfeils angenommen, um so aus den Tiefen herauszufliegen?«
    Vansen schüttelte resolut den Kopf, schüttelte ihn ein weiteres Mal. »Weil ... weil ... verflucht, Teodorus, ich weiß es nicht. Woher soll ich das wissen? Er war ein Gott! Wenn Ihr dabei gewesen wärt, hättet Ihr ihn ja fragen können.«
    »So mutig bin ich nicht, Hauptmann ...«
    Briony, die Ferras Vansens Gesicht bewunderte, den regelrecht kindlichen Ernst, der selbst in seinen erwachsensten und männlichsten Momenten so leicht in seine Züge trat, bemerkte erst nach einer Weile, dass Matty Kettelsmit leicht schwankend neben ihr stand.
    »Ja, Meister Kettelsmit?«
    »Seid Ihr ... seid Ihr immer noch ... Ich wollte Eurem Bruder nichts tun, Prinzessin. Wirklich nicht ...«
    »Ich weiß, Kettelsmit. Deshalb steht Ihr ja frei hier vor mir, voll bis zum Kragen mit meinem guten perikalesischen Rotwein.«
    Er runzelte die Stirn. »Ich dachte ... den Wein hätte Kennit spendiert ...«
    »Wir sind längst zu den königlichen Vorräten übergegangen«, sagte sie. »Ihr solltet Euch hinsetzen, Mann, bevor Ihr fallt und Euch wehtut.«
    »Ich ... ich wollte mit Euch reden, Prinzessin Briony. Euch dafür danken, dass Ihr mich zu Eurem Hofdichter gemacht habt.«
    Sie lächelte. »Bitte.«
    »Ich habe eine Frage.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, sichtlich verlegen. »Erinnert Ihr Euch, dass ... dass ich an einem Gedicht über Euch geschrieben habe? In dem ich Euch mit Zoria verglichen habe?«
    Sie nickte, obwohl sie sich nur sehr vage erinnerte. Es war nicht besonders gut gewesen, das war alles, was

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