Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz

Das Herz

Titel: Das Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
aus der Stadt Schlaf entkommen sind! Und Raemon Beck habe ich auch nie wiedergesehen.«
    »Den hat unsereins auch nimmer gesehen, obschon ihm auf seinen Reisen einige Beinah-Becks begegnet sind. Schön, dass man jetzt erfährt, wo Ihr gesteckt habt — hätt aber mehr genützt, als unsereins es gebraucht hätt!« Der Vogel schwang sich von Barricks Hand auf einen nahen Ast. »Hat seither manch schrecklichen Ort durchflogen, unsereins. Nun ja, auch manch netten, zugegeben, aber trotzdem — alles so seltsam wie eine Kröte mit Daunen.« Er putzte sich ein wenig. »Waren schon heldenhafte Abenteuer, die wir bestanden haben, unsereins und Ihr. Sicher wird so ein Zwielichtlerbarde ein Lied daraus machen, mit wohlgesetzten Worten, damit jeder merkt, welch mächtiger Not und Gefahr wir getrotzt haben.«
    Barrick musste beinah lächeln, aber so leicht ließ er sich nicht einlullen. »Du redest mehr denn je, Vogel.«
    »Zeigt, dass die Götter leben und die Welt immer noch voller Wunder ist, wie unsere Mutter immer zu sagen pflegte, als wir kaum geschlüpft waren.«
    »Und außerdem, nehme ich an, willst du mit mir kommen.«
    »O nein, für wen haltet Ihr Euch?« Der Vogel blickte empor, als suchte er einen höheren Sitzplatz, der seiner Bedeutung gemäßer wäre. »Jede Vereinbarung zwischen uns ist längst hinfällig. Hat's nimmer nötig, unsereins, demütig hinterherzutrippeln und irgendjemanden ›Herr‹ zu nennen.«
    »Wer sagt denn, dass du irgendjemanden ›Herr‹ nennen sollst?« Barrick drehte sich um und rief Kaske und Perle des Sonnenuntergangs zu, dass sie ihre Leute sammeln und sich abmarschbereit machen sollten. »Ich dachte nur, du würdest mir vielleicht ein Weilchen Gesellschaft leisten wollen. Ich bin jetzt mehr oder minder der König der Zwielichtler. Wusstest du das?«
    »König der Zwielichtler?« Skurn hüpfte auf dem Ast näher heran und musterte Barrick vom Scheitel bis zur Sohle. »Die Qar müssen irgendwo eine Menge wichtige Leute verloren haben.« Der Vogel machte ein Spuckgeräusch. »Nehmen wohl, was sie noch finden können.«
    Liebster?
    Schon wieder wach? Ich hatte gehofft, du würdest bis morgen schlafen. Es ist eine wunderschöne Nacht. Ich fühle es, auch wenn ich es nicht sehen kann. Schläft dieser grässliche Vogel?
    Barrick blickte auf Skurn hinab, der auf dem Sattelhorn wippte. Der Kopf des Raben war tief im geplusterten, schwarz-weiß gescheckten Halsgefieder versunken.
Ja. Er ist übrigens nicht so schlimm, wie er wirkt.
    Wäre auch kaum möglich.
    Sei nicht so hart. Er hat mir oft geholfen. Mir mindestens ein Mal das Leben gerettet.
    Tut mir leid. In Xis waren diese Vögel Unglücksboten. Ich werde versuchen, netter zu ihm zu sein. Meine Feuerblumenmütter tadeln mich auch. Sie sagen, solche wie er sind Weißfeuers Boten ... Ach, Barrick, es gibt so viel zu lernen!
    Da,
sagte er.
Die Zwielichtlande. Ich kann sie in der Ferne sehen ... aber die Sterne sehe ich auch!
    Wie meinst du das?
    Der Mantel. Die trennende, schützende Wolke, die so lange über diesen Landen gelegen hat. Sie ist weg. Da sind nur noch ein paar Nebelfetzen.
Er seufzte, geblendet von der Helligkeit des Sternenhimmels.
Ach, wenn du unser Land nur sehen könntest!
    Ich höre seine Schönheit in deinen Gedanken.
    Sie sagte nichts mehr, aber es war ein geselliges Schweigen: Trotz des schrecklichen Getrenntseins waren sie sich nah.
    Liebste?,
fragte er nach einer Weile.
Qinnitan, mein Herz, bist du noch wach?
    Sie regte sich.
Ich bin ein bisschen weggedriftet.
    Ich auch. Mit dir
    Ich habe Heimweh nach dem Haus des Volkes,
sagte sie,
obwohl ich es nie mit eigenen Augen gesehen habe. Ist es so schön wie in meinen Erinnerungen?
    Es ist ein sehr alter Ort. Es besitzt alle Schönheit, die es gibt. Aber es ist noch mehr.
    Natürlich,
sagte sie, und kurz darauf:
Barrick, ich fühle den Mond. Ist er hell?
    Ja.
    Es gibt mir Kraft, ihn einfach nur zu fühlen. Bei den heiligen Bienen, ich glaube, ich kann ihn auch hören ... Ich habe das Gefühl, ich kann alles hören!
    Er atmete tief durch, auch um den Ansturm von Gefühlen zu mildem. Selbst seine Gedanken waren wirr, überschlugen sich. Du
auch ...? Ich dachte, ich wäre .... Ich dachte, ich würde nie ...
    Ich weiß,
sagte sie, und für einen Moment konnte er sie spüren, als ob er sie berührte, als ob sie einander wieder im dunklen Traumland umarmten.
Sprich mit mir, Barrick.
Es war nah, wie ein intimes Flüstern.
Erzähl mir alles. Ich weiß alles, was die Feuerblume

Weitere Kostenlose Bücher