Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman
beide heil und gesund dort ankommen, nur mit einem kleinen Extrageschenk, damit Sie sich an uns erinnern.«
»Und was sollte das sein?«
Morgan sah aus, als amüsierten ihn Hawkwoods direkte Fragen noch immer. »Alles zu seiner Zeit, Captain.« Er zog eine Uhr aus der Westentasche. »Es ist zu spät, um jetzt Einzelheiten zu besprechen. Ich habe hier noch zu tun, und sie hatten auch einen langen Tag. Warum ruhen Sie sich jetzt nicht aus und wir reden am Morgen darüber? Ich werde dann alles erklären, dann brauche ich es auch nicht zweimal zu machen. Was sagen Sie dazu?«
Haben wir eine Wahl?, dachte Hawkwood und überlegte, was Morgan wohl damit gemeint haben könnte, er müsse es dann nicht zweimal erklären.
Ehe einer von ihnen eine Chance hatte, zu antworten, nickte Morgan zufrieden. »Also abgemacht. Cephus wird Ihnen Ihre Zelle zeigen. Es ist schon in Ordnung, Captain«, sagte er lachend, als er Lasseurs erschrockenes Gesicht sah. »Nur ein kleiner Scherz von mir. Sie sind ganz sicher. Hier gibt es keine Gefängniswärter.« Morgan wandte sich um, dann blieb er stehen, als sei ihm eben etwas eingefallen. »Ich würde Ihnen aber raten – obwohl Sie sich natürlich frei bewegen können -, dass es am besten wäre, wenn Sie nicht zu weit gehen würden. Wie Sie gesehen haben, habe ich Männer, die die äußere Mauer bewachen, und nachdem ich keine Mühe gescheut habe, Sie bis hierher zu bringen, wäre es doch verdammt schade, wenn Sie zu weit wanderten und einer meiner Männer Ihnen eine Kugel durch den Kopf jagte, weil er Sie für einen Einbrecher hält.«
Morgan lachte über Lasseur Gesichtsausdruck, aber seine Augen blickten finster. »Es sind schon ganz andere Dinge hier passiert, Captain, glauben Sie mir.«
Sie kamen aus dem Stall und sahen, dass der Wagen verschwunden war. Hawkwood vermutete, dass Asa Higgs und Del irgendwo die Fässer abluden; entweder das, oder der Totengräber war bereits wieder auf dem Rückweg zur Küste, während Del zusammen mit Billy, seinem ebenso kräftig duftenden Kumpel, wieder die Wälder unsicher machte.
Eine Laterne in der Hand, führte sie der wortkarge Pepper über den Hof und um mehrere Ecken, bis sie schließlich einen Innenhof erreichten, der von einem Kreuzgang umschlossen war. Dieser Teil des Hauses war sehr alt und offenbar ein Überrest des ursprünglichen Klosters. Die alten Steinplatten unter den Bögen des Kreuzganges glänzten im Mondlicht wie die Oberfläche eines Teiches. Es war nicht schwer, sich Mönche in dunklen Kutten vorzustellen, die hier stumm meditierend umhergewandelt waren, wobei jeder ihrer frommen Schritte im Laufe der Jahrhunderte die Steine ein wenig mehr abgenutzt hatte.
Pepper hielt sich nicht lange auf, sondern führte sie in der Ecke des Kreuzganges durch einen Torbogen. Sie gingen einen dunklen Korridor entlang bis zu einer niedrigen Holztür. Als Pepper die Tür aufstieß und zurücktrat, verstanden sie Morgans kleinen Scherz.
Die Zelle, denn um eine solche hatte es sich früher sicher gehandelt, war einfach möbliert und bot gerade genug Platz für zwei schmale Pritschen, einen Stuhl und einen kleinen Tisch, auf dem ein Leuchter mit einem Kerzenstummel stand, daneben lagen ein paar Wachsstöcke. Gegenüber der Tür war hoch oben in der Wand ein kleines Fenster, das kaum diesen Namen verdiente, und durch das ein schmaler Mondstrahl fiel. Das Einzige, was fehlte, war das Kruzifix an der Wand.
Pepper nahm einen der Wachsstöcke und übertrug damit das Licht von der Laterne auf den Leuchter. »Der Schlafsaal ist voll, deshalb sind Sie hier. Sie werden’s ganz bequem haben. Denken Sie daran, was Mr. Morgan Ihnen gesagt hat. Bleiben Sie dicht am Haus, es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit. Hier den Korridor entlang gibt’s einen Waschraum und ein Klo.«
Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er den Raum und machte die Tür hinter sich zu. Hawkwood und Lasseur standen da und sahen sich an. Durch die dicke Holztür konnten sie nicht hören, ob Pepper weggegangen war, oder ob er, das Ohr an die Tür gelegt, noch draußen stand.
Hawkwood probierte die Türklinke. Zwar hatte er nicht gehört, dass ein Schlüssel umgedreht worden war, aber es hätte ihn nicht überrascht, wenn Pepper sie eingeschlossen hätte. Die Tür ließ sich ohne Mühe öffnen. Der Gang draußen war dunkel, leer und still.
»Nun ja«, sagte Lasseur und probierte die Pritsche aus. Er verzog schmerzhaft das Gesicht, als er merkte, wie dünn der Strohsack war. »Das
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