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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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gewesen. Aber er konnte sich noch gut an die Transportschiffe erinnern und hatte eine ungefähre Ahnung von ihrem Grundriss unter Deck. Im früheren Leben der Rapacious war der Raum am Bug wahrscheinlich vom Bootsmann und vom Schiffszimmermann bewohnt gewesen, der hier sicher auch seine Werkstatt hatte. Außerdem hätte hier das Munitionslager der Kanoniere gelegen. Dieser ganze Teil des untersten Decks wäre durch ein gewölbtes Schott vom restlichen Deck getrennt gewesen. Auf der Rapacious war dieses Schott jetzt entfernt worden. Kabinen und Vorratslager waren dunkle Nischen, die nur von Laternen beleuchtet waren, einige waren hinter aufgehängten Decken völlig verborgen. Hawkwood sah, dass man auch vor die Fensteröffnungen Fetzen von Decken gehängt hatte, damit weniger Tageslicht durch die Gitter kam.
    Hier hielten sich vielleicht zehn bis zwölf Männer auf, die an den Tischen saßen oder sich auf den Pritschen ausstreckten, die meisten von ihnen trugen die gelbe Gefangenenkluft, doch einige trugen auch eine Decke als Toga. Zwei der Männer waren mit einem Würfelspiel beschäftigt. Weitere vier spielten an einem anderen Tisch Karten – Drogue , wie Hawkwood beim Anblick zweier Männer schloss, die sich Holzklammern auf die Nase geklemmt hatten und den Ausgang der nächsten Runde abwarteten.
    Hawkwood fand, dass es hier gar nicht so viel anders aussah als in den Schnapsspelunken der Slums. Der einzige Unterschied war, dass hier ein halbes Dutzend Hängematten an den Deckenbalken baumelten.
    Als Hawkwood und Lasseur eintraten, hörten die Gespräche schlagartig auf. Am Kartentisch setzten sich die beiden Männer, die am Verlieren waren, aufrecht hin und entfernten heimlich ihre Nasenklammern.
    Hawkwood sprach zuerst. »Wir suchen Matisse.«
    Niemand antwortete, und einige der Männer beäugten sie argwöhnisch.
    »Na, habt ihr die Sprache verloren?« Hawkwood packte Juvert beim Ellbogen. »Welcher ist es?«
    Juvert wand sich. Sein Mund war ein stummes O. Er schlotterte vor Angst, aber ehe er antworten konnte, standen einige der Männer auf. Ihre Hände waren nicht leer. Jeder war mit etwas bewaffnet, das wie eine schwere Metallklinge aussah, ungefähr achtzehn Zoll lang.
    Nun, Fouchet hat uns ja gewarnt , dachte Hawkwood. Aber Säbel? Er hörte, wie Lasseur etwas Obszönes murmelte.
    Die Bänke wurden geräuschvoll zurückgestoßen. Würfel und Karten waren vergessen.
    Einer der Bewaffneten schlurfte vor. Es war ein massiger Kerl mit krummen Beinen und niedriger Stirn. »Was habt ihr hier zu schaffen?«
    Das Licht der Laterne beleuchtete sein Gesicht. Ein großes, birnenförmiges Muttermal, dunkel wie ein Leberfleck, bedeckte seine rechte Wange bis auf den Unterkiefer hinab. Irgendwann war auch seine Nase einmal gebrochen gewesen. Sein Haar war lang und fettig, doch mitten auf dem Kopf war er kahl, die runde Glatze sah aus wie eine Mönchstonsur.
    Hawkwood warf einen verstohlenen Blick auf die Klinge, die der Mann in der Hand hatte. Sie sah aus wie ein Fassreifen, den man flach gehämmert hatte. Die Klinge war alles andere als scharf, sah aber aus, als könne sie trotzdem noch erheblichen Schaden anrichten.
    »Bist du Matisse?«
    Der Mann sah überhaupt nicht königlich aus.
    »Ich bin Dupin.«
    »Dann bist du nur der Affe. Wir suchen den Leierkastenmann.«
    Aus der Nähe sah Hawkwood, dass Dupins Kluft etwas anders aussah. Neben den schwarzen Pfeilen und den Nummern auf den Ärmeln und Hosenbeinen war der Stoff mit einem unregelmäßigen Muster aus kleinen schwarzen Punkten übersät. Einige der Punkte bewegten sich. Dupins Kluft wimmelte von Läusen. Hawkwoods Haut fing an zu jucken. Er unterdrückte den Drang, sich zu kratzen und schluckte den sauren Geschmack herunter, der in seiner Kehle aufgestiegen war.
    Lasseur hatte das Ungeziefer auch gesehen. Die Laterne beleuchtete sein angewidertes Gesicht. Unwillkürlich schüttelte er sich.
    Hawkwood sagte: »Richte seiner Majestät aus, dass die Captains Hooper und Lasseur hier sind. Er wird schon wissen, worum es sich handelt.«
    »Und zwar schnell«, fügte Lasseur hinzu. »Sonst kannst du gleich Platz machen.«
    Dupin starrte auf Juverts verletztes Gesicht. Dann drehte er sich um. Er deutete den Männern hinter sich mit einer Kopfbewegung an, zur Seite zu treten, worauf im Hintergrund ein weiterer Tisch sichtbar wurde. Um ihn saßen fünf Männer. Soweit Hawkwood feststellen konnte, gab es hier also keinen Thron, nur Bänke. Es gab auch keine Krone oder

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