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Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman

Titel: Das Höllenschiff: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James McGee
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geradewegs aus einem Bilderbuch oder aus dem Kostümfundus eines Theaters.
    Hawkwood hatte von den Guerillakämpfern in Spanien von Bonapartes Mamelucken gehört, aber er hatte sie noch nie in Aktion gesehen. Sie hatten einen schrecklichen Ruf. Man sagte, dass der Kaiser, obwohl er sie in der Schlacht besiegt hatte, von ihren kämpferischen Fähigkeiten während der Kampagne in Ägypten so beeindruckt war, dass er zwei Schwadronen von ihnen gestattet hatte, ihn bei seiner Rückkehr nach Frankreich zu begleiten. Eine Entschuldigung ihres befehlshabenden Offiziers und das Versprechen, Frankreich bis in den Tod zu verteidigen hatten genügt, um ihre augenblickliche Integration in die Kaiserliche Garde zu erwirken. Die Kavallerie der Mamelucken hatte eine entscheidende Rolle in Murats brutaler Niederschlagung des Aufstands von Madrid gespielt.
    Offenbar war der Mameluck im Gegensatz zu der restlichen Bevölkerung des Schiffes in bester körperlicher Verfassung. Aber das traf auch auf die anderen in Matisses Gefolge zu. Man merkte, sie litten nicht unter denselben Entbehrungen wie die anderen. Auf dem Hulk waren Matisse und sein Hofstaat wie ein Wolfsrudel, in dem die Alphatiere die besten Brocken bekamen. Eigentlich schien Matisse sogar der Magerste von allen zu sein, was darauf hindeutete, dass er weniger mit Muskelkraft als mit dem Kopf regierte. Hawkwood wusste, dass ihn das gefährlicher machte als alle anderen.
    »Farbenfroh, nicht wahr?«, sagte Matisse. »Kemel Bey ist ein echter Prinz. Zumindest glauben wir, dass er uns das erzählt hat. Er spricht nicht sehr gut Französisch. Er wurde voriges Jahr auf einem Transportschiff vor Tanger gefangen genommen. Wussten Sie, dass der Kaiser noch immer einen Mamelucken als Leibwächter hat? Er hilft dem Kaiser jeden Morgen beim Rasieren, er soll eine ruhige Hand mit dem Rasiermesser haben.« Matisse hob einen Mundwinkel. Mehrere seiner Getreuen taten es ihm nach, es war offenbar ein interner Witz, den sie alle kannten.
    »Man sagt, die Ausbildung eines Mamelucken fängt bei der Geburt an. Ich bin sicher, das ist eine Übertreibung, aber sie sind wirklich in vielem äußerst geschickt: als Schwertkämpfer, im Fechten, mit dem Speer, als Bogenschützen, mit Feuerwaffen … sie sind auch gute Ringer. Sie kennen keine Angst. Kemel Bey wird mich vertreten, Captain Hooper.« Mit rot geränderten Augen warf er die Herausforderung hin. »Also, wie sieht’s aus? Werden Sie sich der Sache stellen, oder werden Sie wegrennen? Kriegen wir unseren Zweikampf?«
    Lasseur trat vor und ergriff Hawkwoods Arm. Er sprach leise und eindringlich. »Dies ist nicht Ihre Auseinandersetzung.«
    Hawkwood sah den Kreis grinsender Männer um sich, er sah das hämische Lächeln des Kahlköpfigen und das verängstigte, tränenverschmierte Gesicht des Jungen.
    »Doch, jetzt ist sie es«, sagte er.
    »Aber es ist meine Schuld, dass wir hier sind. Ich sollte kämpfen, nicht Sie!«
    »Es ist ja kein Kampf«, sagte Hawkwood. »Es ist ein Gottesurteil.«
    »Ich verbiete es Ihnen!«, zischte Lasseur. Er umklammerte Hawkwoods Arm noch fester.
    »Sie können es mir nicht verbieten«, sagte Hawkwood ruhig. »Haben Sie nicht gehört? Es ist nicht Ihr Deck. Außerdem muss ich es machen. Wenn Sie gegen Mattisses Mann verlieren, hätte der Junge niemanden, der sich für ihn einsetzt. Ich bin kein Vater. Ich habe nicht dieselbe Bindung an ihn wie Sie. Wenn mir etwas passiert, sind Sie immer noch da.«
    »Und trotzdem wollen Sie um ihn kämpfen?«
    »Es ist kein Kampf«, sagte Hawkwood, »es ist ein …«
    »Ja, ich weiß schon«, unterbrach Lasseur müde. Widerstrebend ließ er Hawkwoods Arm los. »Nun, wenigstens sind Sie ehrlich, mein Freund, das kann man nicht abstreiten. Aber auch ein bisschen verrückt, finde ich.«
    »Und außerdem praktisch«, sagte Hawkwood leise. »Sie finanzieren meine Flucht von diesem verfluchten Schiff. Ich will nicht, dass Ihnen etwas passiert. Wenn ich verliere, macht das nicht viel aus, denn es ist gut möglich, dass Sie es trotzdem schaffen.«
    Lasseur öffnete den Mund und schloss ihn schnell wieder.
    »Wenn Sie soweit sind, Captain«, rief Matisse spöttisch.
    Hawkwood starrte Lasseur an. »Daran hatten Sie nicht mehr gedacht, nicht wahr? Daran, was aus dem Jungen würde, wenn Sie erst weg sind?«
    Lasseur sah plötzlich schuldbewusst aus.
    »Du lieber Gott!«, sagte Hawkwood. »Jetzt sagen Sie mir nicht, dass Sie vorhatten, ihn mitzunehmen. Sie wissen, das wäre

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