Das Insekt
angebetet. Ich habe jedes Haar auf seinem Kopf angebetet. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass ich eines Tages sein Blut wegwischen müsste. Es ist, als würde man ein Leben wegwischen, das gemeinsame Leben wegwischen.«
»Sind Sie für solche Fälle versichert?«
Mrs Neighbor starrte sie an. »Wie bitte?«
»Für Schäden durch Gewalt dieser Art gibt es Versicherungen, Mrs Neighbor. Ihr Mann hat eine extrem teure Sauerei hinterlassen.«
»Sie sprechen von seinem Blut, seinem Lebenselixier, Sie sprechen von meinem Mann!«
»Das ist mir klar, Mrs Neighbor, und ich verspreche, dass ich Ihren Mann nur mit dem größten Respekt wegwische.« Und mit viel Lysol, dachte sie.
Dan war noch vor Bonnie am Wagen und öffnete für sie dir Tür.
»Heute Morgen habe ich den Laborbericht bekommen.«
»Ja und?«
»Dein Haus wurde gründlich untersucht. Und weißt du was? Die Gerichtsmediziner sagen, sie hatten noch nie das Pech, ein so sauberes Haus untersuchen zu müssen. Lupenrein.«
»Überhaupt kein Hinweis auf das Schicksal von Duke und Ray?«
»Absolut nichts. Sogar die Griffe der Küchenmesser haben sie überprüft.«
»Warum denn das?«
»Weil keine Waffe bei Familientragödien so häufig benutzt wird wie ein Küchenmesser. Meist wäscht der Täter nach der Tat die Messer, aber er ahnt nicht, dass mikroskopisch kleine Blutreste in der Naht zwischen Klinge und Griff hängen bleiben können, besonders dann, wenn man sehr heftig zugestochen hat. Diese Blutreste bleiben, und wenn man noch so gut abwäscht. Mit Käse- und Fleischresten ist das nicht anders. Gegen mikroskopisch kleine Teile hilft keine Spülmaschine.«
»Was willst du mir damit sagen?«
»Ich will dir damit sagen, dass wir in deiner Küche ein altes Messer gefunden haben, das so sauber war, als wäre es noch nie benutzt worden. Es wies nicht einmal die geringsten Spuren von Lebensmittelresten auf. So sauber wird ein benutztes Messer nur, wenn man es in eine spezielle Lauge legt, die ein Enzym enthält, das Milch, Eiweiß, Joghurt, Eiskrem, Käse und Blut lösen kann.«
»Ich versteh nicht.«
»Wir stellen hier keine Vermutungen an und sprechen schon gar keine Verdächtigungen aus, Bonnie. Wir sagen nur, dass eines deiner Küchenmesser ungewöhnlich sauber war. Ich gebe zu, als Beweis ist das nichts, aber es ist ein sehr interessantes Nichts.«
»Und mehr haben sie nicht gefunden?«
»Sie würden sich gern noch einmal etwas genauer umsehen, wenn du nichts dagegen hast. Aber ich gebe dir einen freundschaftlichen Rat: Bevor du die Gerichtsmediziner wieder in dein Haus lässt, würde ich mir an deiner Stelle einen Anwalt nehmen.«
»Was soll denn diese Sache mit dem Messer, Dan? Soll das heißen, ich hätte Ray und Duke mit einem Küchenmesser umgebracht, oder was?«
»Bonnie, Süße, niemand behauptet irgendetwas.«
»Aber du willst mich doch warnen. Du glaubst, dass sie tot sind und dass ich verdächtigt werde, stimmt’s? Bitte, Dan, sag’s mir.«
»Es gibt zu diesem Zeitpunkt keinerlei Hinweise darauf, dass Duke und Ray tot sein könnten. Dass sie verschwunden sind, ohne irgendwelche Kleidung oder persönliche Gegenstände mitzunehmen, ist sehr merkwürdig, aber sehr merkwürdige Dinge passieren nun einmal. Und Menschen verschwinden jeden Tag. Manche sogar ohne Schuhe.«
Bonnie setzte sich hinter das Steuer und drehte den Zündschlüssel. »Ich sage dir, Dan, in meinem Haus muss etwas sehr Seltsames geschehen sein. Ich weiß, dass du diese Faltergeschichten für Unsinn hältst, aber da machst du einen großen Fehler. Diese Falter sind… sind der Schlüssel zu allem.«
Dan schlug die Wagentür zu. »Also: machst du den Job?« Er nickte mit dem Kinn in Richtung des Neighbor-Hauses.
»Ach so! Klar. Ich habe ja jede Menge Enzymlauge, um das Blut zu beseitigen.«
»Bonnie…«
»Was noch? Willst du dich etwa mit mir zum Essen verabreden?«
»Nein«, sagte Dan und schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur… ach, ist nicht so wichtig.« Er klopfte auf das Autodach, trat einen Schritt zurück und sah dem in einer bläulichen Ölrauchwolke davonfahrenden Wagen nach.
Gorditas für den Mystiker
Das mexikanische Restaurant auf dem Pico Boulevard hieß Nopales. Dort hatte sie sich mit ihm verabredet. Er saß an einem Tisch in der äußersten hintersten Ecke des Raumes, sodass sie ihn zunächst gar nicht sah. Das Restaurant war voll besetzt und laut, auf einer winzigen Bühne spielte sogar eine fünfköpfige mexikanische
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