Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Steinkuehler
Vom Netzwerk:
freudloses, langweiliges Lächeln. »Seht ihr, es ist eben doch schlauer, die goldene Regel zu beherzigen.«
    Judith fragte nicht nach. »Wenn Sie glauben, dass ich frage …«, sagte sie bloß und endete mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Behandele andere so, wie auch du behandelt werden willst«, zitierte Diakon Jott unbeirrt. Sie hob die Schultern. »War mir klar.«
    »Mir ist nicht klar, was ihr hier wollt«, sagte Diakon Jott. »Mir auch nicht«, sagte Judith ärgerlich. Sie sah zu Andi, aber Andi las. »Dattelpaste«, sagte er plötzlich. »Ich wollte wissen, wie man die macht.« »Mit viel Zimt und einer Prise Muskat«, erläuterte Diakon Jott, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Judith fasste sich an die Stirn. »Was ist das für ein Kochbuch?«, fragte sie schließlich. »Indisch«, meinte Andi. »Unsinn«, widersprach Jott. »Israelisch.«
    Er schlug das Buch zu und zeigte ihnen das Titelbild. Eine Wüste. In der Ferne eine Oase. »Ich will wissen, was er gegessen hat.« »Er …?«, sagte Andi. Judith biss sich auf die Lippen. »Ja«, sagte Jott. »Und was wollt ihr wirklich?«
    »Konfer?«, sagte Andi. Dann schlug er sich entsetzt auf den Mund. Judith half ihm. »Das könnte Ihnen so passen, uns einfach in die Wüste zu schicken!« Diakon Jakobsen grinste. »Macht euch Dattelpaste«, riet er.
    Andi und Judith rochen ein wenig nach Schaf, als sie später den Berg hinunterwanderten. »Du richtest dich wohl in allem nach Pitt«, sagte Judith. Andi schwieg ziemlich laut. »Wehe, du erzählst ihm was«, brachte er schließlich knirschend hervor. »Schaf!«, sagte sie und rannte voraus.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Warten
    Es dauerte bis zum ersten Advent, bevor die Weihbacher den Diakon Jakobsen dazu bewegen konnten, noch einmal mit ihnen über die Konfirmation ihrer Kinder zu sprechen.
    Diesmal gab es sogar ein Einladungsschreiben. »Falls ihr Zeit zum Lesen habt«, begann es – denn es war an die zwölf gerichtet, nicht an ihre Eltern –, »dann lest das: Morgen Abend, sieben Uhr, bin ich am bekannten Ort. Ich erwarte einen Kreis. Und offene Ohren. Sonst behalte ich meinen Vorschlag für mich, und Johannas Mutter kann ihre Tischkärtchen endgültig einstampfen. Schalom.«
    »Schalom heißt Frieden«, murmelte Judiths Mutter, als ihre Tochter ihr das zum Lesen gab. Pitts Vater war auch gleich herübergekommen, und sie starrten gemeinsam auf das handschriftlich verfasste Papier. »Ich wette, das weiß er nicht mal«, erklärte Pitt, der hinter seinem Vater stand. Andi neben ihm grinste.
    »Gehen wir da hin?«, fragten sich im Laufe des nächsten Tages alle, die der Brief betraf. Sie alle waren sich einig, dass sie nicht gehen wollten. »Nicht in diesem Ton, Herr Diakon!«, reimte Britts Mutter, und Britt wurde wahnsinnig sauer und erklärte wieder einmal, wie sehr sie Reime hasste – und einen ganz besonders.
    Trotzdem waren es zweimal zwölf, die kurz vor sieben im Gemeinderaum einen Stuhlkreis aufbauten. Sie hatten Herbstlaub mit hereingetragen und sogar die ersten schlappen Flocken Schnee. Alles in allem sah es nicht sehr ordentlich aus, als Diakon Jakobsen eintraf. Aber er selbst sah ebenfalls nicht sehr ordentlich aus. Das Haar war weiter gewachsen, und diesmal war er nicht einmal rasiert.
    »Sind Sie echt … barfuß … durch den Matsch …?« Matti konnte nicht verhehlen, dass er beeindruckt war. »Er kommt aus Schafhaus«, bemerkte Pitt, als ob das alles erklärte. Andi lachte. Aber Judith sah ihn an, bis er verstummte.
    »Ich mache euch und Ihnen ein Angebot«, sagte Diakon Jakobsen, ohne sich mit Begrüßungsworten aufzuhalten. »So und nicht anders.« Dann eröffnete er ihnen, dass es keine Dienstagnachmittage mehr geben werde.
    Er verlangte stattdessen vierzehn Tage der nächsten Sommerferien. Er werde mit den zwölfen auf eine Nordseeinsel ziehen, und sie müssten tun, was er für sinnvoll halte. Unter der Bedingung würde er sie konfirmieren.
    »Sonst«, sagte er, »nur über meine Leiche.« »Amen«, sagte Pitt in das verblüffte Schweigen. Aber diesmal lachte keiner.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Dienstagnachmittag
    »Ich will das nicht«, sagte Britt schrill. Sie hockten zu zwölft auf der Bank vor dem Gemeindehaus und darum herum. »Lagebesprechung«, hatte Pitt es genannt, und alle hatten verstanden, dass es sein musste. Es schneite und war ziemlich kalt, feucht und matschig, durch und durch. »Die Frage stellt sich nicht«, erklärte Johanna betrübt. »Mam will, dass ich

Weitere Kostenlose Bücher