Das ist nicht wahr, oder?
von ihnen mit dieser ›Ich-bin-ein-großer-Hund-und-will-an-deinem-Kopf-schnüffeln‹-Mentalität an ihr hinauf und Hailey kreischte mit dieser ›Ich-bin-eine-total-überdrehte-und-ein-wenig-ängstliche-Dreijährige‹-Stimme und ich wusste auf einmal nicht mehr, warum ich draußen bei diesen ›Kötern-die-so-groß-sind-wie-Eisbären‹ stehe. Larry hörte das Bellen und beruhigte den einen Hund, während ich zur Tür zurückwich. Aber dann muss der andere Hund geglaubt haben, ich wollte ihn angreifen, denn er sprang an mir hoch und biss mich in den Arm, mitdem ich Hailey hielt. (Auf so eine ›Ich-würde-dich-am-liebsten-umwerfen-und-in-die-Nase-beißen‹-Art.) Ich wusste, dass er mich gebissen hatte, aber ich wusste auch, wenn ich um Hilfe schrie, drehte Hailey durch und ich konnte sie vielleicht nicht mehr halten, also biss ich die Zähne zusammen und drehte mich um und kehrte dem Hund den Rücken zu, damit er Hailey nichts tun konnte. Ich spürte, wie er mich noch einmal in den Arm biss, während ich die Tür aufdrückte und Hailey nach drinnen schob. Aus Angst, der Hund könnte sich auch auf sie stürzen, weil sie vor Aufregung kreischte, versperrte ich den Durchgang mit meinem Körper, damit sie Zeit hatte, nach drinnen zu laufen, und da biss er mich in den Rücken. Er biss sich fest und zerrte an mir und ich fürchtete schon, ich würde stürzen, und vor meinem geistigen Auge erschienen die Nachrichtenbilder von Frauen, die bei Zusammenstößen mit Hunden auf grässliche Weise zu Tode gekommen waren. Ich machte mit dem einen Bein einen Schritt zurück, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, vergewisserte mich, dass Hailey im Haus und in Sicherheit war, riss mit einem Ruck meinen Rücken aus dem Maul des Hundes und knallte die Tür hinter mir zu.«
Lisa sah mich stumm an. »Mannomann. Da sind die anderen bestimmt mordsmäßig erschrocken.«
»Nein. Die haben gar nichts gemerkt. Ich habe sofort Hailey hochgenommen und nach Blut und Bissen abgesucht, denn sie musste doch bestimmt was abbekommen haben, aber sie hatte keinen Kratzer. Wirklich seltsam. Mom meinte, ich würde überreagieren und es wäre doch nichts passiert, aber dann sah sie erst das Blut und begriff, dass ich gebissen worden war. Onkel Larry hatte auch gar nichts bemerkt, weil ich ja nicht geschrien hatte. Die beiden Bisse an meinem Arm waren so tief, dass man sogar ein wenig Fett sehen konnte, und auf meinem Rücken konnte man die Abdrücke der Hundezähne sehen, soeine Art Hunde-Gebissabdruck. Den restlichen Abend wurde ich dann in der Notaufnahme zusammengenäht und gegen Tetanus geimpft und ich wünschte, ich hätte meine Kamera dabeigehabt. Ich hätte Victor Bilder geschickt, um ihm zu zeigen, was er versäumte, während er mit seinen Kunden Hummeressen veranstaltete.«
»Und was haben sie mit den Hunden gemacht?«, fragte Lisa.
»Nichts. Larry und Theresa hätten sie bestimmt einschläfern lassen, wenn ich das gewollt hätte, aber sie sind ja schon seit zehn Jahren mit Theresas Kindern zusammen, ohne dass etwas passiert ist. Vermutlich haben sie nur einen ihnen unbekannten großen, schreienden Gegenstand gesehen, der sich ihrem Herrchen im Dunkeln näherte, und wollten Larry verteidigen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich die Biester irgendwie provoziert habe. Mit einer Dreijährigen im Dunkeln nach draußen zu gehen, um zwei wildfremden Riesenhunden beim Fressen zuzusehen, ist auch wirklich abartig blödsinnig. Ach ja, und wir hatten gerade gegessen, ich roch also wahrscheinlich wie ein Brathähnchen. Und ich bin ja auch irgendwie lecker. Als hätte ich ein Parfüm aufgelegt, das bewirkt, dass Hunde sich auf mich stürzen. Auf die schmerzhafte Art.«
Lisa nickte langsam. »Das dürfte jetzt zu den Top Ten unserer schlimmsten Familiengeschichten gehören.«
Ich hob die Augenbrauen.
»Okay«, lenkte sie ein, »zu den Top Fifty.«
»Es war im Grunde gar nicht so schlimm«, meinte ich. »Ich habe dabei einiges gelernt.«
Lisa nickte. »Stimmt. Und die Lektion war: Hunde fressen Fleisch, Menschen bestehen aus Fleisch, die Folgen kann sich jeder selbst ausrechnen.«
»Okay, aber das ist keine Lektion, sondern eine Textaufgabe.Und zwar eine wirklich schlechte. Nein, ich habe gelernt, dass ein anderes Leben mir wichtiger sein kann als mein eigenes. Natürlich bin ich auch bisher davon ausgegangen, ich würde mein Leben für Hailey opfern, aber im Hinterkopf nagte immer dieser Zweifel, ob ich mich im Ernstfall wirklich
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