Das Janusprojekt
schreiben. An einen gewissen Mendelssohn. Ich glaube, die Adresse war Bezalel-Werkstätten. Die Straße weiß ich nicht mehr. Aber ich sollte eine Bestellung schicken, über ein Messingobjekt, silber damasziert, und ein Foto des Fünfundsechzig-Krankenhauses. Keine Ahnung, was das bedeutet. Aber er sagte, es sei ein Zeichen, dass jemand von der Haganah Verbindung mit mir aufnehmen solle.»
«Mag ja sein, dass er sich mit Eliahu Golomb getroffen hat.» Schlomo sprach ärgerlich auf den Vernehmungsführer ein. «Wir wissen ja, dass Golomb Kontakt zu hohen SD-Leuten hatte. Sogar zu Eichmann. Na, und wenn schon? Du hast doch die Fotos gesehen, Zwi? Wir wissen doch, dass dieser Kerl hier mit Leuten wie Heydrich und Himmler auf Du und Du war. Jeder, der diesem Schwein von Göring die Hand geschüttelt hat, hat’s doch verdient, eine Kugel in den Kopf zu kriegen.»
«Habt ihr Eliahu Golomb erschossen?», fragte ich. «Weil er Eichmann die Hand geschüttelt hat?»
«Eliahu Golomb ist ein Held Israels», sagte Zwi förmlich.
«Das freut mich», sagte ich, jetzt heftig bibbernd. «Aber überlegen Sie doch mal, Zwi. Warum hätte er mir einen Namen und eine Adresse geben sollen, wenn er mir nicht vertraut hätte? Und wo Sie schon am Überlegen sind, gleich noch was. Wenn Sie mich umbringen, werden Sie nie erfahren, wo sich Eichmann versteckt.»
«Jetzt ist doch klar, dass er lügt», sagte Schlomo und stieß mich in die Grube. «Eichmann ist tot.» Er spuckte neben mich und betätigte den Schlitten seiner Automatik. «Das weiß ich, weil wir ihn selbst getötet haben.»
Die Grube war nur einen guten halben Meter tief, und ich hatte mir nicht weh getan. Zumindest spürte ich nichts. Es war zu kalt. Und ich redete um mein Leben. Was das Zeug hielt.
«Dann haben Sie den Falschen getötet», sagte ich. «Das weiß ich, weil ich gestern noch mit Eichmann gesprochen habe. Ich kann Sie zu ihm führen. Ich weiß, wo er sich versteckt hält.»
Schlomo richtete die Pistole auf meinen Kopf. «Du verlogenes Nazischwein», sagte er. «Du würdest alles sagen, um deine Haut zu retten.»
«Nimm die Waffe runter, Schlomo», befahl Zwi.
«Sie nehmen ihm diesen Quatsch doch nicht wirklich ab, oder, Boss?», protestierte Schlomo. «Der würde doch alles sagen, nur damit wir ihn nicht erschießen.»
«Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel», sagte Zwi. «Aber als Nachrichtenoffizier dieser Zelle bin ich verpflichtet, jede Information, die uns unterkommt, zu evaluieren.» Er fröstelte. «Und ich weigere mich, das mitten im Winter an einem Berghang zu tun. Wir bringen ihn runter ins Haus und verhören ihn weiter. Und dann entscheiden wir, was wir mit ihm machen.»
Sie führten mich mit vorgehaltener Waffe hinunter zum Haus, das inzwischen natürlich verlassen war. Vermutlich war es nur gemietet gewesen. Oder aber Henkell war es egal, was daraus wurde. Wahrscheinlich war durch die Schriftstücke, die ich in Bekemeiers Büro in Wien unterschrieben hatte, das gesamte Grün’sche Vermögen in die Vereinigten Staaten transferiert worden. In diesem Fall wären die beiden für lange Zeit alle Sorgen los.
Aaron machte Kaffee, den wir alle dankbar tranken. Zwi warf mir eine Decke um. Es war die, die Grün immer über den Beinen gehabt hatte, wenn er im Rollstuhl gesessen und den Versehrten gespielt hatte.
«So», sagte Zwi. «Jetzt zu Eichmann.»
«Tun Sie mir den Gefallen», sagte ich, «und lassen Sie mich ein paar Fragen stellen.»
«Meinetwegen.» Zwi sah auf die Uhr. «Sie haben genau eine Minute.»
«Der Mann, den Sie erschossen haben», sagte ich. «Woher wussten Sie, dass das Eichmann war?»
«Wir hatten einen Tipp bekommen», sagte Zwi. «Und er war nicht überrascht, als er uns sah. Hat auch nicht abgestritten, dass er Eichmann ist. Das hätte er doch wohl getan, wenn er’s nicht gewesen wäre. Meinen Sie nicht?»
«Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Haben Sie auf seine Zähne geachtet? Eichmann hatte auf beiden Seiten Goldzähne, von vor dem Krieg. Das stand doch sicher in den Gesundheitszeugnissen in seiner SS-Akte.»
«Dafür war keine Zeit», gestand Zwi ein. «Und außerdem war es dunkel.»
«Wissen Sie noch, wo Sie den Leichnam gelassen haben?»
«Natürlich. Es gibt eine unterirdische Stollenanlage, die die SS ursprünglich benutzen wollte, um heimlich dreißigtausend Juden aus dem Konzentrationslager Ebensee umzubringen. Er liegt in einem dieser Stollen, unter einem Steinhaufen.»
«Sagten Sie
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