Das Jesus Sakrileg - das Tagebuch der Maria Magdalena 1
retten“, kam voller Verachtung von seinen Lippen. Lippen, denen die gemäßigte Haltung des Heiligen Vaters ein Dorn im Auge war . Sc hon seit langer Zeit. Seit 1978!
„Ich h ätte dort sitzen sollen“, sagte er voller Bitterkeit.
Und so Unrecht hatte er nicht. Anfangs war er der Favorit gewesen. Und es war ihm bis heute ein Rätsel, wie der Papst ihn so hintergehen, und das ihm zugedachte Privileg, an sich hatte reißen können. Er war seiner Sache so sicher gewesen! Er hatte die notwendigen Stimmen, das stand fest. Aber irgendwie war es diesem Dieb gelungen, ihm seine Stimmen zu stehlen. Wie ließ sich des Papstes Sieg anders erklären?
Typisch Pole, dachte er.
Voller Bitterkeit war er damals gewesen. Wollte ganz aus der Kirche austreten.
Wäre da nicht eine Stimme gewesen, die zu ihm sprach. Eine Stimme, der Geduld.
Jesus wurde versucht, und siegte über diese irdischen Verführungen. So sah er diese Niederlage auch als eine Versuchung, die seinen Charakter stärken sollte.
Nur zwei Mal, in all dieser Zeit, war er der Versuchung erlegen, scheiterte aber. Zu diesem Zeitpunkt war es ärgerlich. Im Nachhinein betrachtet aber vernünftig. Da diese Dinge seiner Überzeugung nach auch Prüfungen waren. Um ihn, für das, was kommen so llte, vorzubereiten. E in starker Charak ter musste mit Niederlagen umgehen können.
Er war nie darum verlegen, seine Unfähigkeit oder sein eigenes Versagen zu entschuldigen. Nur wenn ihm Unterstellte versagten, kannte er kein Pardon.
Dies durfte er in seinem Amt auch nicht, diese Meinung vertrat er, auch wenn es sein Vorgesetzter, der Papst, dies anders sah. Wie oft hatte dieser Fehltritte seiner Kardinäle entschuldigt und schützend seine Hand über sie gehalten.
Seine Schwäche wird ihm noch zum Verhängnis werden, dachte er.
Dass der Papst auch nur den kleinsten Zweifel an seiner Loyalität haben könnte, stand außer Frage. Wie anders ließe sich erklären, dass er direkt im Vatikan saß und dort eines der höchsten Ämter bekleidete?
Dieses blinde Vertrauen des Papstes in seine Kardinäle gab ihm die Freiheiten, die er benötigte, um endlich an sein Ziel zu gelangen. Es war ein langer Weg. Dieser dauerte nun schon über 26 Jahre, aber er würde bald enden. Und das wahrscheinlich nicht erst mit dem Ableben des Papstes. Darauf hatte er sch on viel zu lange gewartet, der schien e infach nicht sterben zu wollen.
Doch an dem Tag , a n dem er es in den Händen halten würde , würde der Papst, seinen Rücktritt einreichen müssen. Und das Konklave würde ihn als nächsten Papst bestimmen. Daran bestand kein Zweifel.
Der Hüne durfte nicht noch ein zweites Mal versagen.
Wieder blickte er hinunter auf die Gläubigen auf dem Platz.
Bald werdet ihr für mich beten. Meine Gnade ist euch sicher.
Bei diesen Gedanken fühlte er sich wohl und den Menschen dort unten wieder nahe.
Kapitel 3
„Warum weinst du, Kind?“, fragte die alte Dame mit einem lieben und fürsorglichen Lächeln.
„Ach, es ist nichts …“, antwortete die junge Frau und versuchte, sich die Tränen von ihrem Gesicht zu wischen. Nur waren es zu viele.
„Nichts?“
„Verzeihe …, aber ich habe Angst.“
„Du brauchst keine Angst zu haben, oder deine Tränen zu entschuldigen. Weine, aber sei ehrlich zu deinen Tränen.“
„Wieso soll ich keinen Arzt rufen? Bitte.“
„Liebstes Kind, ich weiß … Aber mir kann kein Arzt mehr helfen. Schon viel zu lange sehne ich diesen Tag herbei. Und bald wird er endlich da sein. Und ich werde dort sein, wo ich hingehöre.“
Die alte Dame, die sich von ihrem Bett aufraffte, nahm die Hand der jungen F rau und streichelte diese. Die junge Frau war machtlos gegen ihre Tränen. Tränen, die ihr Fragen stellten. Fragen, auf die sie keine Antwort en wusste. Eine von diesen war, warum sich die Tante nicht durch Medikamente helfen ließ. Die alte Dame sah den unendlichen Kummer in den Augen der jungen Frau und wischte ihr liebevoll die Tränen vom Gesicht.
„Lache Kind, noch haben wir viele gemeinsame Tage. Noch bin ich nicht fort. Weine nicht mehr und ich verspreche, dich morgen zu den Gärten zu begleiten.“
Die junge Dame rang sich ein kleines Lächeln ab.
Sie liebte die Gärten. Der Ort hatte für sie etwas sehr Magisches. Das war der Ort, wo sie die Stimme Jesu vernommen hatte.
„Habe keine Angst“, sagte die Stimme ihr damals. Obwohl sie niemanden sah, hörte sie diese Worte und war sich sicher, dass es Jesus war , der da zu ihr gesprochen
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